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Corona-Pandemie: Zurück ins Flugzeug: Wie es sich anfühlt, in diesen Zeiten zu fliegen

Corona-Pandemie

Zurück ins Flugzeug: Wie es sich anfühlt, in diesen Zeiten zu fliegen

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    Wie fühlt es sich an, wieder zu fliegen? Unsere Autorin hat den Test gemacht – natürlich mit Maske.
    Wie fühlt es sich an, wieder zu fliegen? Unsere Autorin hat den Test gemacht – natürlich mit Maske. Foto: Kabus

    Eugenia Graf steht mit einem Gepäckwagen neben dem Infostand am Münchner Flughafen. Sie wartet auf ihre Koffer. Für sie geht es gleich nach Bukarest. Es ist 6 Uhr morgens, so langsam wacht der Flughafen auf. Anfangs waren nur einzelne Gäste, Angestellte und Polizisten in den hohen Gängen unterwegs. Doch von Minute zu Minute kommen mehr Besucher dazu, die mit schnellen Schritten zu ihrem Gate eilen oder sich die Zeit in einem Café vertreiben.

    Noch vor ein paar Wochen sei der Flughafen eine Geisterstadt gewesen, sagt Graf. Das hätten ihr Freunde erzählt, die hier arbeiten. Gestandene Männer seien das, sagt sie, und deutet mit ihren Händen eine große, breite Statur an. Aber selbst für die sei der leere Flughafen mit seinen weitläufigen Fluchten und ohne den gewohnten Trubel ein wenig gruselig gewesen. Von Leere ist heute allerdings nicht mehr viel zu spüren. Fast kommt schon ein wenig Vor-Corona-Feeling auf. Aber nur fast.

    Wie geht es während der Corona-Pandemie am Flughafen zu?

    Es sind die Kleinigkeiten, die verraten, dass das Virus noch längst nicht überstanden ist: Die Anzeigetafeln ausgehender Flüge, auf denen noch reichlich Platz ist. Die Markierungen auf dem Boden, die auf Abstandsregeln hinweisen. Die Durchsage mit der Bitte, von den Desinfektionsspendern Gebrauch zu machen. Und natürlich die Masken, die jedes Gesicht bedecken. In den Terminals und in den Maschinen besteht die Pflicht, eine solche zu tragen. „Die Menschen machen aber gut mit“, sagt ein Mitarbeiter am Informationsstand. Für die Angestellten sei es gut, dass wieder mehr Menschen fliegen: „Wir wissen, dass wir noch gebraucht werden.“ Auch der Mitarbeiter am Check-in-Schalter ist optimistisch: „Es ist so viel mehr los als noch vor drei Wochen. Also jetzt geht’s echt aufwärts.“

    10.000 Fluggäste am Tag am Münchner Flughafen

    Doch an die Zeit vor der Pandemie reichen die Besucherzahlen noch längst nicht. „Vorher war das hier wie ein Bienenschwarm“, erinnert sich Josef Mauermeier. Für seine Arbeit fliegt er schon seit etwa fünf Wochen wieder regelmäßig innerhalb Deutschlands. Mittlerweile spüre er zwar, dass die Anzahl der Menschen am Flughafen und in den Fliegern langsam wieder zunimmt. „Aber ich schätze, das sind vielleicht zwanzig Prozent von früher.“ Tatsächlich sind es sogar noch weniger: Laut einem Pressesprecher hat der Münchner Flughafen im Moment etwa 10.000 Fluggäste am Tag – das entspreche weniger als einem Zehntel der Fluggäste, die noch im vorherigen Jahr jeden Tag am Münchner Flughafen waren.

    Das Problem sei einfach die Unwissenheit, sagt Mauermeier. Sitzt vielleicht doch jemand im Flugzeug, der infiziert ist? „Das weiß man ja nicht.“ Angst habe er deshalb aber keine. „Ich habe das Gefühl, dass sich die allermeisten an die Regeln halten.“

    Fliegen während Corona: Der mittlere Platz im Flieger bleibt frei

    Bis auf einige jüngere Kinder hat tatsächlich jeder im ganzen Gebäude eine Maske auf. Und im Wartebereich sind zwischen den Besuchern immer mindestens zwei Plätze frei. Nur eine Frau schiebt sich gerade die Maske unters Kinn, um verschlafen in eine Brezel zu beißen. Ein paar Meter weiter wird die Schlange beim Bäcker immer länger. Aber von Gedrängel keine Spur.

    Als das Boarding für den Lufthansa-Flug LH 1928 um 7.15 Uhr nach Berlin-Tegel beginnt, geht es ähnlich entspannt weiter: Jeder hält einige Meter Abstand zum Vordermann, sogar eher mehr als vorgeschrieben. Die typischen Abläufe wirken alle ein wenig entschleunigt. Beim Betreten des Flugzeugs verteilen die Flugbegleiterinnen Desinfektionstücher an die Gäste.

    Das Flugzeug ist insgesamt etwa halb voll. In den Dreierreihen bleibt jeweils der mittlere Platz frei, in manchen Reihen sitzt sogar nur eine Person. Einige der hinteren Reihen bleiben ganz leer. In diesem Flugzeug ist es problemlos möglich, den erforderlichen Abstand einzuhalten. Nur bei der Platzsuche und beim Verstauen des Handgepäcks kommen sich einige Gäste etwas näher.

    Reisen in Corona-Zeiten: Masken ab beim Essen und Trinken

    Vor dem Abflug weist die Stewardess darauf hin, die Masken während des ganzen Flugs aufzulassen – außer beim Essen und Trinken. Doch statt der gewohnten Snacks und einer Auswahl an Kalt- und Warmgetränken gibt es ohnehin nur eine Flasche Wasser. „Es ist alles noch ein bisschen ungewohnt“, sagt eine Flugbegleiterin, die selbst das erste Mal seit März wieder fliegt. Nicht nur die Verpflegung sei aus Hygienegründen abgespeckt. Auch die Kissen auf den Sitzen fehlen, genauso wie das Bordmagazin. Und im Vergleich zu sonst sitzen recht wenige Passagiere im Flugzeug. Das ist aber nicht immer so: Der sich gleich anschließende Rückflug sei komplett ausgebucht, erzählt sie. Vermutlich auch deshalb, weil im Moment insgesamt nur wenige Flüge angeboten und diese dann verstärkt nachgefragt werden. Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus habe sie aber nicht.

    Kurz vor der Landung weist der Kapitän darauf hin, dass die Fluggäste Reihe für Reihe aussteigen sollen, beginnend ganz vorne. So soll auch beim Verlassen des Flugzeugs der Mindestabstand gewahrt werden. Und das klappt auch problemlos. Als der Flieger in Berlin-Tegel landet, klicken zwar schon überall die Schnallen der Gurte – aber niemand steht auf. Wo sonst schon viele Gäste sich längst um ihr Handgepäck kümmern, sitzen jetzt noch alle entspannt auf ihren Sitzen. Dann verlassen die Passagiere Reihe für Reihe das Flugzeug.

    Überpünktlich, sogar ein paar Minuten zu früh, ist der Flieger in Berlin-Tegel angekommen. „Das liegt daran, dass wir auf dem Weg keine Ecken fliegen mussten“, erklärt der Kapitän und schmunzelt. Damit meint er, dass er keinen anderen Flugzeugen ausweichen musste, weil das Verkehrsaufkommen über den Wolken im Moment eher gering ist. Sechs Wochen lang sei er jetzt kein Flugzeug geflogen, erzählt er. Sorgen müsse das aber keinem bereiten, denn er habe am Flugsimulator geübt. Aber jetzt wieder ein richtiges Flugzeug zu fliegen, das mache schon Spaß. Die Flugbegleiterinnen stimmen ihm zu. „Und was auffällt, ist, dass die Leute viel geduldiger sind“, sagt eine von ihnen. Eine andere Stewardess erzählt, dass die Flugzeuge jetzt so gut in Schuss seien wie vermutlich schon lange nicht mehr. Man habe die Flugpause dazu genutzt, um die Maschinen zu überprüfen und einige Dinge zu reparieren, die sonst vielleicht nicht oberste Priorität hatten – zum Beispiel die Kaffeemaschine. Die Flugbegleiterinnen und der Kapitän wirken beim Gespräch äußerst gut gelaunt.

    Wie wohl fühlen sich Passagiere, die nun fliegen?

    Auch die meisten Fluggäste scheinen auf den ersten Blick entspannt zu sein. Georg Müller aus Graz sieht das allerdings anders. Das Fliegen sei eigenartig, sagt er. Er wartet gerade darauf, dass das Boarding für den Flug nach Wien beginnt. Beruflich musste er nach Berlin. Aber privat wäre er nicht geflogen. „Nein, um Gottes willen“, winkt er ab. In den Urlaub mit dem Flieger, das mache doch keinen Spaß, und der Urlaub schon gleich gar nicht. Frühstück im Hotel hinter Plexiglas, das brauche wirklich keiner.

    Aber auch im Flughafen ist die Atmosphäre seiner Meinung nach angespannt. „Die Leute sind nervös. Und die Art, wie man mit Regeln umgeht, ist nicht klar. Manche halten sich daran, manche nicht.“ Außerdem findet er es absurd, dass die Leute im Flugzeug so lange nebeneinandersitzen – wo man doch gerade erst Wochen, ja Monate allein zu Hause verbracht hat. Sein Flieger aus Wien nach Berlin sei komplett voll und Abstand zwischen den Passagieren somit kaum möglich gewesen. Er fühle sich beim Fliegen unwohl, sagt er. An die Masken werde man sich schon gewöhnen. Es sei die Art und Weise, wie die Menschen miteinander umgehen, die in ihm Unbehagen auslösen. Dieser Moment, wenn man zusammenzuckt, weil man von einem Fremden berührt wird. Und diese ständigen Gedanken: „Warum muss der nur so dicht hinter mir stehen?“ Entspannt sei die Situation beim Fliegen also ganz und gar nicht.

    In Berlin-Tegel sind die Anzeigetafeln noch leerer als in München. Das Boarding für Flug LH 1953 um 19.55 Uhr zurück nach München verläuft aber ähnlich entspannt wie beim Hinflug. Auch dieses Flugzeug ist nur etwa halb voll. Nach kurzer Zeit ist, selbst durch die Maske, der mittlerweile so vertraute Geruch von Desinfektionsmittel wahrnehmbar. Offenbar machen die meisten Fluggäste Gebrauch von den Handdesinfektionstüchern. „Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Flug in diesen unruhigen Zeiten“, sagt der Kapitän.

    Ein persönliches Fazit: Weil bei meinen beiden Flügen immer genug Abstand zum nächsten Fluggast bestand, ist meine Skepsis recht schnell einem guten Gefühl gewichen. Ich hatte außerdem den Eindruck, dass sich alle an die Maskenpflicht und an Abstandsregeln hielten. Allerdings kann ich nur für die Lufthansa sprechen. Außerdem gibt es auch Flüge, die komplett ausgebucht sind – und dann muss man sich darauf einstellen, dicht nebeneinander im Flugzeug zu sitzen. Deshalb würde ich im Moment nur fliegen, wenn es wirklich unbedingt sein muss.

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