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Pöttmes: Mammutverfahren: Unternehmer wegen Millionenbetrugs angeklagt

Pöttmes

Mammutverfahren: Unternehmer wegen Millionenbetrugs angeklagt

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    Der Mann aus Pöttmes hatte klein angefangen und mit Automobilteilen viel Geld gemacht. Dann ging es bergab. Nun müssen sich er und fünf weitere Angeklagte  vor Gericht verantworten.
    Der Mann aus Pöttmes hatte klein angefangen und mit Automobilteilen viel Geld gemacht. Dann ging es bergab. Nun müssen sich er und fünf weitere Angeklagte vor Gericht verantworten. Foto: Archivbild: Matthias Becker

    Einst gehörten große Namen zu seinen Kunden: MAN, Audi, BMW, DaimlerChrysler, General Motors. Der Automobilzulieferer Weigl aus dem Markt Pöttmes war gut im Geschäft. Sogar in der Formel 1 mischte das Unternehmen im Norden des Landkreises Aichach-Friedberg mit: In der Saison 2007 belieferte es den Formel-1-Rennstall Spyker mit Sitz in Silverstone (England) mit Getriebegehäusen. Ein Pilot war damals der Deutsche Adrian Sutil.

    Für Firmengründer Franz Josef Weigl sind diese glanzvollen Zeiten längst vorbei. Die Absatzkrise in der Automobilbranche riss seine einst in Ostdeutschland und international tätige Firmengruppe in den Abgrund. Für ihn selbst kam es noch schlimmer. Im Juli vergangenen Jahres wurde der 56-Jährige verhaftet. Der Verdacht: Er soll im Zug der Insolvenz seiner Unternehmen um zweistellige Millionensummen betrogen haben.

    Steuerhinterziehung, Subventionsbetrug, gemeinschaftlicher Betrug?

    Seitdem wartet er hinter Gittern auf seinen Prozess. Ab Dienstag, 6. Mai, muss er sich vor dem Landgericht Augsburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm Bankrott in Höhe von 36 Millionen Euro, Subventionsbetrug von 2,8 Millionen und gemeinschaftlichen Betrug um 500 000 Euro vor – allesamt in besonders schwerem Fall. Zudem soll Weigl einen Konkursantrag zu spät gestellt und Steuern hinterzogen haben. Ihm droht eine möglicherweise langjährige Haftstrafe.

    Mit ihm sitzen fünf weitere Personen auf der Anklagebank: seine Ex-Ehefrau, sein Sohn, ein langjähriger Geschäftspartner und Freund aus Pöttmes sowie zwei Rechtsanwälte aus Hamburg. Sie sollen laut Staatsanwaltschaft in unterschiedlichem Ausmaß Beihilfe zum Bankrott und Schuldnerbegünstigung geleistet haben. Der ohnehin schon überlasteten Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Augsburg droht damit ein weiterer Mammutprozess. 14 Termine sind bereits bis Ende Juli angesetzt.

    Franz Josef Weigl und sein Sohn seit Sommer in Untersuchungshaft

    Weigl und sein Sohn befinden sich seit vergangenem Sommer in Untersuchungshaft. Beide waren ebenso wie Weigls Ex-Ehefrau und sein Geschäftspartner aus Pöttmes am 16. Juli 2013 in einer konzertierten Aktion verhaftet worden. Im Zug einer bundesweiten Razzia durchsuchten Ermittler an jenem Tag 36 Objekte, unter anderem in Pöttmes, Augsburg, Hamburg und Berlin – alles Orte mit Bezug zu Weigl. Seine Ex-Ehefrau sowie sein Geschäftspartner kamen in den darauffolgenden Monaten wieder auf freien Fuß.

    Weigl, der aus einem Dorf im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen stammt, hatte in einer Garage in Pöttmes seine Unternehmerkarriere gestartet. Mit Erfolg. Der Automobilzulieferbetrieb wurde in den nächsten drei Jahrzehnten zum größten Arbeitgeber der 6000-Einwohner-Gemeinde und 2002 als eines der innovativsten mittelständischen Unternehmen in Deutschland ausgezeichnet.

    Firmengruppe mit zeitweise 1200 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 150 Millionen Euro

    Weigl galt als Lebemann und Rennsport-Verrückter, aber auch als Macher. In Pöttmes gab es allerdings zunehmend Streit mit dem Betriebsrat und der IG Metall. Nach einer Anzeige durch die Gewerkschaft wurden der Firmengründer und sein Personalleiter 2005 rechtskräftig wegen Behinderung des Betriebsrats zu Geldstrafen verurteilt. Angelockt von hohen Subventionen, orientierte sich Weigl schon seit den 90er Jahren immer mehr in die neuen Bundesländer. Die Firmengruppe wuchs. Zeitweise hatte sie 1200 Mitarbeiter und einen Rekordjahresumsatz von 150 Millionen Euro.

    Die Anklageschrift ist 50 Seiten lang

    2009 stellte das Unternehmen seine Stammproduktion in Pöttmes endgültig ein. In der damaligen Wirtschaftskrise begann der Abstieg der Weigl-Group. Die Aufträge brachen weg. Ein Werk und eine Gesellschaft der Gruppe nach der anderen ging in die Insolvenz. Die letzten Standorte wurden 2011 verkauft. Im selben Jahr nahmen die Ermittler nach Ungereimtheiten in den Insolvenzakten ihre Arbeit auf. Zweieinhalb Jahre kämpften sie sich durch das Firmengeflecht, das Weigl überwiegend in Berlin und Sachsen geschaffen hatte. Die Anklageschrift zeigt den Umfang der Vorwürfe: Sie ist 50 Seiten lang.

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