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Friedberg: Nazi-Namensgeber: Fünf Schulen könnten ihren Namen wechseln

Friedberg

Nazi-Namensgeber: Fünf Schulen könnten ihren Namen wechseln

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    <p>Schriftzug Wernher-von-Braun Gymnasium in Friedberg. Diskussion um den Namen. </p>
    <p>Schriftzug Wernher-von-Braun Gymnasium in Friedberg. Diskussion um den Namen. </p> Foto: Ulrich Wagner Wernher-v.-Braun Gymnasium

    Wernher von Braun, Erwin Lesch und Hans Herrmann – nach diesen drei Männern sind in Bayern Schulen benannt, obwohl sie wegen ihrer Nazi-Vergangenheit aus Sicht der Staatsregierung dafür nicht geeignet sind. Dies berichtet Kulturminister Ludwig Spaenle in einem Brief an Landtagspräsidentin Barbara Stamm.

    Spaenle kündigt an, dass er den fünf betroffenen Schulen Gelegenheit zur Klärung geben, und in einem weiteren Schritt auch die lokale Öffentlichkeit in den Klärungsprozess mit einbeziehen will. Für Bildungseinrichtungen müsse bei allen Namensbezeichnungen der pädagogische Vorbildcharakter im Mittelpunkt stehen, so der Minister.

    Vorbilcharakter bei Namensgebung entscheidend

    Wegen der Debatte um das Friedberger Wernher-von-Braun-Gymnasium hatte der Landtag im April beschlossen, die Namensgebung aller bayerischen Schulen unter die Lupe zu nehmen. In den Fällen, in denen eine Verstrickung in das NS-System vermutet wurde, fand inzwischen eine eingehendere Prüfung statt.

    Als Kriterien wurden drei Punkte festgelegt: So wird eine Person als belastet angesehen, wenn eine unmittelbare Verwicklung in Vergehen oder Verbrechen nationalsozialistischer Prägung vorliegt oder wenn der Namensgeber sich außerordentlich stark für das NS-Regime engagierte. Berücksichtigt werden sollte aber auch, wenn sich der Namensgeber besonders in der Wiederaufbauzeit nach dem Krieg engagierte und dabei ersichtlich selbstkritisch seine eigene Verstrickung im „Dritten Reich“ reflektierte.

    Fünf Schulen in Bayern betroffen

    Diese Überlegungen führten zu drei Personen, nach denen fünf Schulen benannt sind: das Wernher-von-Braun-Gymnasium Friedberg, die Hans-Herrmann-Schule in Regensburg, die Erwin-Lesch-Förderzentren in Unterhaching und Neumarkt/Oberpfalz sowie die ebenfalls nach Erwin Lesch benannten Außenstellen des Sonderpädagogischen Förderzentrums Neuburg/Donau in Aresing und Schrobenhausen.

    Das Ministerium bittet die betroffenen Schulen, in einen intensiven Meinungsbildungsprozess darüber einzutreten, ob nicht eine Aufgabe des Namens angezeigt sei. Allerdings wolle man auch vermeiden, dass sich die betroffenen Einrichtungen vor vollendete Tatsachen gestellt sehen, betont der Minister in seinem Brief an die Landtagspräsidentin.

    Direktor sieht pädagogische Chancen

    Auf das Angebot, für diese Diskussion externe Experten zur Verfügung zu stellen, hat laut Spaenle bis kurz vor Ferienbeginn nur das Friedberger Gymnasium reagiert. Schulleiter Bernhard Gruber hielt im Jahresbericht fest, dass die Schule selbstbestimmt entscheiden könne, ob sie, die sich aus dem umstrittenen Schulnamen ergebenden pädagogischen Chancen behalten will.

    Warum die Namensgeber nicht geeignet sind

    Wernher von Braun schätzt der Minister als klassischen Technokraten ein, der ohne moralische Bedenken die ihm zur Verfügung gestellten Ressourcen genutzt habe. „Es ist in seinem Fall nicht ersichtlich, dass er nach 1945 vertieft und kritisch über seine Rolle des sog. ,Dritten Reiches‘ reflektierte, vielmehr schuf er sich mit seiner unbestreitbaren technischen und konzeptionellen Leistung für das amerikanische Weltraumprogramm eine Art Alibi, hinter das sein biografischer Abschnitt von 1933 bis 1945 zurücktrat“, so der Minister.

    Hans Herrmann machte Karriere in der Bayerischen Volkspartei, war ab 1925 und während der NS-Diktatur Zweiter Bürgermeister von Regensburg. Nach 1945 wurde er Mitglied der CSU, Landtagsabgeordneter und Oberbürgermeister von Regensburg. Zwar habe er sich am Wiederaufbau beteiligt, gegen ihn spreche aber die Kontinuität seiner amtlichen Tätigkeit ab 1933, darunter ein Beitritt in die NSDAP im Jahr 1935 und sein Status als förderndes Mitglied der SS ab 1936, so der Minister. Das Argument, es sei darum gegangen, Schlimmeres zu verhindern, werde mit Blick auf eine so hohe Funktion und auf die Rolle bei der „Arisierung“ jüdischen Eigentums brüchig.

    Erwin Lesch war von 1925 bis 1943 pädagogischer Mitarbeiter der Münchner Universitätsklinik und an der Heckscher-Klinik. Das von ihm entwickelte Münchner Sichtungsverfahren nannte als Kriterium für die Kategorisierung von Kindern u. a. „erbbiologische und volksgesundheitliche Gesichtspunkte“. Die als „schul- und bildungsunfähig“ eingeschätzten Kinder, konnten ausgeschult und, sofern nicht das „Kriterium der wirtschaftlichen Brauchbarkeit“ erfüllt war, ermordet werden. „In jedem Fall vertrat Lesch das ideologische Kernaxiom des NS-Regimes von der Ungleichwertigkeit menschlichen Lebens“, stellt Spaenle fest.

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