Die ehemalige Fellheimer Synagoge aus der Versenkung zurückholen und in den Mittelpunkt öffentlicher Nutzungen zu stellen, das war ein großes Ziel, das letztlich gelungen ist und an dessen Umsetzung vor allem auch Christian Herrmann maßgeblichen Anteil hatte. Während der kommenden Mitgliederversammlung am Montag, 27. März, tritt Herrmann nicht mehr zur Wahl an. Und auch die Vorsitzende Ellen Neuschel will die Leitung an eine neue Vereinsführung übergeben.
Der Förderkreis Synagoge Fellheim wurde 2010 gegründet. Die Geschichte des Förderkreises beginnt aber eigentlich schon 2001 im Rahmen der Dorferneuerung beziehungsweise mit der Gründung des Arbeitskreises Geschichte, Brauchtum und Chronik. Herz und Motor dieses Arbeitskreises waren Christian Herrmann und Johann Müller. „Beide haben über viele Jahre hinweg unbeirrbar und mit viel Herzblut darauf hingearbeitet, dass die Synagoge wieder zu neuem Leben erweckt wird und einen ehrenvollen Platz in Fellheim einnimmt“, sagt die Vorsitzende Ellen Neuschel.
Dass das nicht immer leicht war, gibt Christian Herrmann, der von 2010 bis 2019 Vereinsvorsitzender war und seither als stellvertretender Vorsitzender tätig ist, unumwunden zu. „Das Vorhaben, den Um- und Rückbau der ehemaligen Synagoge voranzutreiben, klang zur damaligen Zeit schon ein bisschen wie eine absurde und etwas abgehobene Idee, die sich nur die wenigsten Mitbürger wirklich vorstellen konnten“. Dementsprechend habe es anfangs nicht nur Befürworter gegeben.
Ehemalige Synagoge Fellheim mit mehr als 10.000 Besuchern
Doch dies sei lange her und die ehemalige Synagoge zu einer Erfolgsgeschichte geworden. „Mehr als 10.000 Besucher hat allein der Förderkreis in die Synagoge gebracht“, sagt die Vorsitzende. Rund 6500 Menschen haben an den ehrenamtlich organisierten Führungen teilgenommen und mehr als 4000 Gäste sind zu Veranstaltungen des Förderkreises gekommen. Als die Gemeinde das damalige Wohnhaus im Jahr 2007 gekauft hat, habe die Idee zum Um- und Rückbau der Synagoge stark an Fahrt aufgenommen.
Nachdem die Synagoge 1938 zerstört wurde, gab es bereits 1946 Pläne für die Wiederherstellung, die laut Herrmann aber nicht umgesetzt wurden. So habe es rund 70 Jahre gedauert, bis dies gelungen ist. Im Jahr 2015 war es dann soweit. Nach einem Rückbau und Gesamtkosten in Höhe von knapp zwei Millionen Euro konnte die ehemalige Synagoge eröffnet werden. Einfach sei dies in finanzieller Hinsicht nicht gewesen. Schließlich habe die Gemeinde mit dem Ausbau der Ortsdurchfahrt und der Sanierung der Illertalhalle zur damaligen Zeit auch andere große Projekte stemmen müssen. Seither wird das Gebäude mit dem markanten, außenliegenden Treppenaufgang im Ortsmittelpunkt gut und häufig genutzt.
Ehemalige Synagoge Fellheim: Einen Erinnerungsort schaffen
Während der Corona-Pandemie seien keine Führungen und Veranstaltungen möglich gewesen, doch es haben sich andere Nutzungen ergeben. So hat der Gemeinderat im Gebäude getagt und die Musikkapelle Probenabende abgehalten. Eine gewisse Scheu und Berührungsängste im Hinblick auf die jüdische Geschichte Fellheims hat es laut Christian Herrmann anfangs auch gegeben. Letztlich sei es darum gegangen, dem Gebäude wieder Würde zurückzugeben, die Geschichte des Doppeldorfes Fellheim wachzuhalten und auch einen Erinnerungsort zu schaffen. (Lesen Sie auch: Was geschah mit Juden aus Memmingen? Die Schicksale einzelner Familien)
Unvergessen bleiben für Hermann und Neuschel das Doppelkonzert des Volksensembles Memmingen mit dem ladinischen Frauenchor Kerygma. In trauriger Erinnerung bleibt eine Lesung mit dem jüdischen Autor Thomas Mayer im Jahr 2019, die aufgrund des Anschlags auf die Synagoge in Halle von der Polizei überwacht wurde. Unvergessen und tief berührend seien hingegen die Begegnungen mit der Familie Frankel gewesen.
1933 wurde Henry Frankel in Ulm geboren und gelangte als siebenjähriger Junge in einem Kindertransport 1940 zunächst allein in die USA. Seine aus Fellheim stammende Mutter Martha konnte ihm im September 1941 folgen, sein Vater überlebte den Holocaust nicht. Die Fellheimer Großeltern Berta und Isaak Einstein kamen im Konzentrationslager ums Leben. (Lesen Sie auch: Vor 80 Jahren in Fellheim: Juden wurden in Güterwaggons gesperrt und verschleppt)
Trotz des Holocaust kamen Henry Frankel und seine Söhne Alan und Steven nach Fellheim und engagierten sich bei Veranstaltungen wie der Enthüllung des Gedenksteins und der Vorstellung einer Handy-App über die Geschichte Fellheims, zwei Projekte, die vom Illertal-Gymnasium in Vöhringen erarbeitet wurden. „Hierbei ist es wichtig, dass sich vor allem auch junge Menschen und Schüler diesen wichtigen Teil unserer Geschichte erarbeiten und wachhalten“, sagt Herrmann.