"Wir können nicht die Welt retten, aber wir können einen kleinen Beitrag leisten", sagt Ursula Schmittag-Köck und hebt mit einer Greifzange einen Zigarettenstummel auf. Bis zu drei Mal in der Woche sammelt die Buchloerin mit fünf Gleichgesinnten bei Wanderungen rund um Buchloe und Landsberg Müll am Wegesrand auf - und ist immer wieder schockiert, was Menschen achtlos in der Natur entsorgen.
Susanne Blinzler organisiert mehrmals wöchentlich Wanderungen für die Frauengruppe
Als Susanne Blinzler aus Erpfting im Jahre 2016 einem jungen Fuchs begegnete, der mit der Schnauze in einer Dose feststeckte und verzweifelt versuchte, sich zu befreien, fasste sie den Entschluss, aufzuräumen am Wegesrand. Sie ergriff die Eigeninitiative und fing an, den Müll am Straßenrand aufzusammeln, bevor sie sich der Gruppe "Cleanup LL" in Landsberg anschloss, die regelmäßig Müllsammelaktionen durchführt.
Schon bald initiierte sie ihre eigene Frauengruppe und organisiert nun mehrmals wöchentlich eine kleine, abwechslungsreiche Wanderung mit Müll-Greifzange für das sechsköpfige Team. Heute kommt Wandern ohne Greifzange und Müllbeutel für sie nicht mehr infrage.
Wanderinnen finden in der Natur Zigarettenstummel, Taschentücher, Flaschen und mehr
"Wir sind Quereinsteigerinnen", bemerkt Ursula Schmittag-Köck und lächelt. "Ich war sofort dabei, das war völlig klar", sagt Renate Elvert, die es besonders erschüttert, dass in den wenig frequentierten Wandergebieten zwischen Buchloe und Landsberg jedes einzelne Mal ein bis zwei Tüten Müll zusammenkommen.
Neben unzähligen Zigarettenstummeln findet das Team am Wegesrand und im Wald unter anderem Taschentücher, Zigarettenschachteln, Kaffeebecher, Bonbonpapiere, Windeln, Binden, Ölkanister, Sekt-, Wein- und Bierflaschen. "Das kostet auch mal Überwindung", verrät Schmittag-Köck, insbesondere schon länger liegende Hundekotbeutel seien eine Herausforderung für die engagierten Sammlerinnen. Hundeliebhaberin Uschi Kochinke kann das Verhalten mancher Hundehalter nicht nachvollziehen. "Ich habe mal einen Hundebesitzer angesprochen, der die Hinterlassenschaften seines Hundes nicht entfernt hat, und zur Antwort bekommen: Wieso, ich bezahle doch Steuern!".
Achtloses Wegwerfen von Müll macht Wanderheldinnen sprachlos
Auch das achtlose Wegwerfen des Mülls mache sie sprachlos. "Ich glaube die Leute wissen gar nicht, wie lange es braucht, bis die Dinge verrotten", ist sie überzeugt. Zudem sei das Bewusstsein für die Verseuchung des Grundwassers durch Zigarettenstummel meist nicht vorhanden, sagt Uschi Kochinke. Laut einer 2017 veröffentlichten Untersuchung der Weltgesundheitsorganisation können beim Auswaschen der Filter, zum Beispiel durch Regenwasser, tausende Chemikalien freigesetzt werden. Zudem werden die nur wenige Gramm leichten Zigarettenstummel schnell vom Wind verweht und landen in Bächen oder Seen, in denen sie das Wasser verunreinigen und Tiere und Pflanzen gefährden. Um die gängige Praxis des achtlosen Wegschnippens nach dem Rauchen einzudämmen, habe sie rote Sammel-Dosen an den Bänken aufgehängt und regelmäßig entleert, erzählt Susanne Blinzler. Leider fielen die rege genutzten Behältnisse schon bald Vandalismus zum Opfer.
"Mir ist es wegen der Umwelt wichtig, den Müll zu sammeln", sagt Renate Elvert, die hochmotiviert weitersammelt, obwohl sie sich oft über den gedankenlosen Umgang mit der Umwelt ärgert. "Ich kann es nicht fassen, dass die Menschen das machen", sagt sie enttäuscht. Die schöne Natur zu erhalten und zu schützen, liegt dem sechsköpfigen Team sehr am Herzen. "Der Müll hat in der Umwelt einfach nichts zu suchen", sagt Susanne Blinzler und hebt ein weiteres achtlos weggeworfenes Taschentuch auf. Die vollen Müllbeutel stelle das Team unter Hundekot-Abfalleimern zur Abholung ab, gefundene Pfandflaschen werden im Einzelhandel zurückgegeben. "Einmal im Jahr gibt es von dem Geld eine Butterbrezel für alle zur Belohnung", erzählt sie mit einem Augenzwinkern.
Als Ursula Schmittag-Köck von der Zuschauer-Aktion von „Wir in Bayern“ im BR-Fernsehen erfuhr, die Wanderheldinnen suchte, schickte sie spontan ein Foto der engagierten Gruppen-Initiatorin ein. Das Foto wurde in einer kürzlich ausgestrahlten Sendung gezeigt, sehr zur Freude der umweltbewussten Wanderinnen, die sich von ganzem Herzen wünschen, möglichst viele Nachahmerinnen und Nachahmer zu finden. Mit einem Lächeln hält Susanne Blinzler ihre kleine Auszeichnung mit großer Aussage in den Händen. "Wanderheldin" steht auf dem grünen Button zu lesen, der ab sofort mit auf Tour gehen darf. Und auch wenn die anderen fünf Umweltschützerinnen keinen Button bekommen haben - Wanderheldinnen sind sie allemal.