Das Jahr 2020 haben viele Katzenbesitzer aus einem Grund gern gemocht: Sie konnten mehr gemeinsame Zeit mit dem Stubentiger verbringen. Homeoffice und Katze kraulen, das ließ und lässt sich einfach gut kombinieren. Und mit regelmäßigen Auftritten in Videokonferenzen (besonders gut in Erinnerung sind mir Boris Johnson und Larry, der Kater aus der Downing Street No. 10) haben Katzen uns heitere Momente im oft unheiteren 2020 beschert.
Auch aus Katzenperspektive schneidet 2020 nicht schlecht ab. Keine langweilige Fütterungsbetreuung durch die Nachbarin in den Sommerferien, während des Homeschoolings immer die Möglichkeit, bei jemandem auf dem Schoß zu schlafen, viel Aufmerksamkeit genießen und jede Menge Leckerlis abstauben. Ja, für viele Katzen war 2020 im Hinblick auf ihre Beziehung zum Menschen ein richtig gutes Jahr. Mit der Aussicht auf die wiederkehrende Normalität 2021 überlegen sich nun viele Katzenhalter, ob es nicht gut wäre, einen zweiten Stubentiger anzuschaffen. Wenn alle tagsüber wieder außer Haus sind, soll es der alten Katze ja nicht langweilig werden.
Für Katzen sind fremde Artgenossen Stress
„Bei mir kommt jeden Abend ein fremder Kater zu Besuch“, berichtete mir neulich ein Herr, selbst Besitzer einer acht Jahre alten Katze. „Er schaut durch die Terrassentür herein und hat mit seinem Miauen mein Herz erweicht. Inzwischen füttere ich ihn regelmäßig. Ich denke, ich werde ihn aufnehmen, denn offenbar gehört er niemandem und meine Grazia kann Gesellschaft gut gebrauchen.“ Auf meine Frage, wie Grazia denn auf den Gast reagiere, antwortete der Mann: „Noch versteckt sie sich immer. Aber sie werden sich schon aneinander gewöhnen.“
Ein weit verbreiteter Irrtum. Für viele Katzen ist es bereits purer Stress, wenn eine fremde Katze nur von außen hereinschaut, denn der Gast bedroht die heimische Katze unmittelbar in ihrer sicheren Wohnung. Das oberste Katzengesetz heißt: Niemand darf in seinen gewohnten Kreisen gestört werden. Aufgabe des Besitzers ist es deshalb, ausschließlich an das eigene Tier zu denken und miauenden Besuchern den Zutritt konsequent zu verweigern und schon gar nicht auf die Idee kommen, den Gast dauerhaft aufzunehmen.
Falsch verstandene Tierliebe bereitet Probleme
Meine Kollegin, die Katzenverhaltensspezialistin Sabine Schroll aus Krems, formulierte es einmal so: „Das ist für die Katze so, als ob wir in einer Familie wären und ein einziges Familienmitglied bringt ohne die anderen zu fragen jemanden von der Straße mit und erklärt, dass der jetzt auch hier wohnt. Das kann nicht gut gehen.“
Wird eine glückliche Katze durch falsch verstandene Tierliebe mit einer Partnerkatze konfrontiert, sind Probleme wie Unsauberkeit und Raufereien nahezu vorprogrammiert. Auch wenn es herzlos scheint, einer bettelnden Katze die warme Stube zu verweigern – für die eigene Katze ist genau das der Schlüssel für ein vertrauensvolles Miteinander. Hier gilt das Sprichwort: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht.
Mehr hilfreiche Informationen finden Sie hier in unserem Ratgeber zum Thema Haustiere.
Tanja Warter ist Tierärztin. Seit zehn Jahren verknüpft sie die Leidenschaft für die Tiermedizin mit dem Spaß am Schreiben.
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