Es war ein richtiger Krimi im Bundestag am Freitagnachmittag. Ursprünglich war geplant gewesen, dass bereits gegen Mittag über das sogenannte Zustrombegrenzungsgesetz abgestimmt wird. Es wurde mit Spannung erwartet, ob sich die Situation vom Mittwoch wiederholen würde: Da war ein Antrag der Union dank Stimmen der rechten AfD im Parlament angenommen worden. Viele sahen darin einen Tabubruch – zu dem es am Freitag bei einem Gesetzentwurf zum Thema Migration, den die Union eingebracht hat, noch einmal kommen konnte.
Die Sitzung wurde aber erst einmal für rund vier Stunden unterbrochen. Die demokratischen Parteien berieten sich, um doch noch einen Kompromiss zu finden – ohne Erfolg. Die Stimmung war aufgeladen, auch, als nach der langen Unterbrechung dann tatsächlich über das Gesetz diskutiert wurde und es dann um 16:30 Uhr zur Abstimmung kam.
Zustrombegrenzungsgesetz abgelehnt: 338 Ja- zu 349 Nein-Stimmen
Das Ergebnis: 338 Abgeordnete stimmten für das Gesetz, 349 dagegen. Fünf Abgeordnete enthielten sich, 41 gaben keine Stimme ab. Um 17:15 Uhr war damit klar: Das Zustrombegrenzungsgesetz wird nicht verabschiedet.
Zwar stimmen Bundestagsabgeordnete meist gemeinsam mit ihrer Fraktion ab, doch grundsätzlich können sie komplett frei entscheiden, wie sie sich entscheiden, ob sie sich enthalten oder ob sie überhaupt eine Stimme abgeben – unabhängig davon, was ihre Fraktionsspitze empfiehlt. Da es sich am Freitagnachmittag um eine sogenannte namentliche Abstimmung handelt, wird bei jeder und jedem einzelnen Bundestagsabgeordneten festgehalten, wie er oder sie votiert hat. Wir werfen einen genauen Blick darauf.
Fünf Enthaltungen und zwei Nein-Stimmen: Ausreißer bei der FDP
Zuerst zu den einzelnen Parteien. Alle 184 Unions-Abgeordneten, die eine Stimme abgegeben haben, stimmten für das Gesetz. Allerdings haben zwölf Abgeordnete der Union nicht an der Abstimmung teilgenommen, das sind vier mehr als bei der Abstimmung für den Unions-Antrag zum Thema Migration am Mittwoch. Warum Abgeordnete keine Stimme abgeben, ist nicht in den Daten enthalten. Das kann beispielsweise an einer Krankheit liegen oder auch eine bewusste Entscheidung sein. Interessant: Unter den Abgeordneten, die keine Stimme abgaben, waren auch der ehemalige Kanzleramtsminister und Merkel-Vertraute Helge Braun und der Experte für Außenpolitik und Sicherheit Roderich Kiesewetter. Kiesewetter hatte bereits bei der Abstimmung am Mittwoch kein Votum abgegeben. Auch Marco Wanderwitz, der sich am Vortag für ein Verbotsverfahren der AfD aussprach, stimmte nicht ab.
Noch auffälliger ist die Zahl der Abgeordneten, die keine Stimme abgegeben haben, bei der FDP. Hier waren es 16 – beim Migrations-Antrag vom Mittwoch waren es noch acht. Außerdem stammen alle fünf Enthaltungen aus der Fraktion der Liberalen. Zwei FDP-Abgeordnete, nämlich Anikó Glogowski-Merten aus Niedersachsen und Ulrich Lechte aus Bayern, stimmten gegen das Gesetz und damit anders als die große Mehrheit ihrer Fraktion: 67 FDPler stimmten mit Ja. Der aus der FPD ausgetretene Verkehrs- und Justizminister Volker Wissing, der seit dem Bruch der Ampelkoalition keiner Fraktion mehr angehört, stimmte gegen das Gesetz.
Bei den anderen Parteien sind die Ergebnisse recht eindeutig. Bei den Fraktionen von SPD und Grünen sowie bei der Gruppe der Linken waren alle abgegebenen Stimmen gegen das Gesetz. Die AfD stimmte geschlossen dafür. Auch sieben der zehn BSW-Abgeordneten stimmten für das Gesetz, darunter Sahra Wagenknecht. Drei BSW-Mitglieder gaben keine Stimme ab.
So haben die bayerischen Bundestagsabgeordneten beim Zustrombegrenzungsgesetz abgestimmt
Das Abstimmungsverhalten der bayerischen Abgeordneten ähnelt dem der Abgeordneten aus den anderen Ländern. Alle 43 CSU-Abgeordneten stimmten für das Gesetz ihrer Fraktion, ebenso waren alle AfDler dafür. SPD, Grüne und Linke stimmten dagegen. Bei der FDP gab es acht Ja-Stimmen und die eine Nein-Stimme von Ulrich Lechte. Der einzige bayerische BSW-Abgeordnete stimmte für das Gesetz, ebenso der einzige fraktionslose Bayer im Bundestag – Johannes Huber, der bis 2021 Teil der AfD war.
Allerdings: Wäre es nur nach den bayerischen Abgeordneten gegangen, hätte das Gesetz eine Mehrheit. 64 der bayerischen Mandatsträger stimmten dafür, nur 44 dagegen.
Wenn Sie sich für das Stimmverhalten einer oder eines einzelnen Abgeordneten interessieren, hilft unsere Tabelle weiter. Dort kann auch nach einzelnen Fraktionen oder Namen gesucht werden, außerdem lässt sie sich nach Abstimmungsverhalten oder Bundesland sortieren.
Selbst wenn das Gesetz den Bundestag passiert hätte, wäre unklar gewesen, ob es wirklich hätte in Kraft treten können. Denn weil das Gesetz auch die Bundesländer betrifft, wäre dafür auch eine Zustimmung des Bundesrates nötig gewesen.
Laut Erste Grafik (So haben die Bundestagsabgeordneten der verschiedenen Fraktionen abgestimmt) haben SPD und B90/Grüne fast Alle dagegen gestimmt! Anscheinend haben beide Parteien den ernst der Lage nicht erkannt! Migration ist eines der wichtigsten Themen in diesem Land! Ist definitiv noch nicht bei B90/Grüne angekommen; von der SPD hätte ich mir etwas mehr erwartet. Wenn nur 80% der SPD dafür gestimmt hätten, dann wäre die AfD gar nicht notwendig (auch am Mittwoch nicht). Aktuell geht doch bei diesen Parteien (B90/Grüne und SPD) alles nur noch um den Wahlkampf und mit der Aussage von Herrn Merz konnten sie diesem eins Auswischen (glaubten sie). Nachdem eine vernünftige Migrationspolitik kein Thema für B90/Grüne und der SPD ist (hatten genügend Zeit das Gegenteil zu beweisen) und damit Herrn Merz vorgeführt haben ist davon auszugehen, dass sich jetzt die Afd die notwendigen Stimmen holt. Liebe SPD und B90/Grüne ihr habt euch anscheinend selber in das Knie geschossen
Sie bringen es tatsächlich fertig jeden Mist noch mal umzudrehen. Merz hat nicht nur seiner Partei geschadet sondern auch Deutschland.
Wenn sich jemand ins Knie geschossen hat, dann dürfte es Merz selbst sein. Er wird Koalitionspartner brauchen – ob SPD und Grüne ihm nochmals vertrauen können – man wird sehen. Die Chance, dass es zu einer stabilen neuen Regierung kommt, hat Merz erst einmal mit Füßen getreten. Er wollte zeigen, wer der Chef im Ring ist – und selbst einige seiner eigenen Leute fanden die Art und Weise nicht gut, wie er sich gebärdet. Und glauben Sie wirklich, dass ein Gesetz, das ziemlich sicher vom Bundesrat gekippt worden wäre, wirkich Sinn gemacht hätte. Merz hat nur gezeigt, dass er unbeherrscht und beratungsresistent ist. Sonst hätte er diesen Zirkus nicht vom Zaun gebrochen.
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