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Wohnungsbau: Förderchaos: Schafft die Ampel 1,6 Millionen Wohnungen?

Wohnungsbau

Förderchaos: Schafft die Ampel 1,6 Millionen Wohnungen?

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    Wohnhaus schmiegt sich an Wohnhaus – das ist die Realität in vielen eng besiedelten Stadtteilen Berlins. Die Grünen setzen in erster Linie darauf, in die Sanierung des Wohnbestandes zu investieren.
    Wohnhaus schmiegt sich an Wohnhaus – das ist die Realität in vielen eng besiedelten Stadtteilen Berlins. Die Grünen setzen in erster Linie darauf, in die Sanierung des Wohnbestandes zu investieren. Foto: Christoph Soeder, dpa

    Schon seit Jahren sind bezahlbare Wohnungen in Deutschland Mangelware. Mehrere Regierungen haben sich an diesem sozialen Problem bereits abgearbeitet, am Mittwoch startet die Ampel-Koalition einen weiteren Versuch. Bauministerin Klara Geywitz (SPD) holt Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft, aus den Kommunen, der Wohnungs- und Bauwirtschaft sowie anderer Branchen, Gewerkschafter und Verbraucherschützer an einen Tisch, um das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ zu gründen.

    Ziel ist es, das Ampel-Versprechen von 1,6 Millionen neuen Wohnungen binnen vier Jahren umzusetzen. Bis zum Herbst 2022 sollen entsprechende Vorschläge auf dem Tisch liegen, wie aus der Erklärung des Bündnisses hervorgeht, deren Entwurf unserer Redaktion vorab vorlag.

    Union skeptisch, ob Ampel 400.000 neue Wohnungen erreicht

    CDU und CSU sind skeptisch, ob die Ampel tatsächlich 400.000 neue Wohnungen – 100.000 davon öffentlich gefördert –, auf den Weg bringen kann, wie es im Koalitionsvertrag formuliert ist. Das neue Bündnis will dafür „zentrale Hemmnisse“ überwinden. Dazu sollen unter anderem Planungszeiten verkürzt werden, und das dürfte zwischen den Parteien unstrittig sein. Problematischer wird es bei grundsätzlichen Fragen. Denn während SPD und FDP den Neubau favorisieren, genießt bei den Grünen die Sanierung im Bestand Priorität.

    Das Chaos bei der energetischen Neubauförderung jedenfalls wird von den Koalitionspartnern in diese Richtung gedeutet. Zweimal war das Geld schnell aufgebraucht. Vor die weitere Neubauförderung hat das Wirtschaftsministerium mit seinem Chef Robert Habeck (Grüne) hohe Hürden gestellt, die für manchen Bauträger unüberwindbar sein dürften.

    Richtfest für einen Neubau. Die SPD legt ihre baupolitischen Akzente auf die Schaffung neuen Wohnraums.
    Richtfest für einen Neubau. Die SPD legt ihre baupolitischen Akzente auf die Schaffung neuen Wohnraums. Foto: Martin Schutt, dpa

    Unionsfraktionsvize Ulrich Lange nimmt in diesem Zusammenhang Bauministerin Geywitz ins Visier. „Nach fast fünf Monaten muss man leider feststellen: Das neu geschaffene Bundesbauministerium ist vor allem eins – ein großer Etikettenschwindel“, sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion. Lange ist in der Unionsfraktion für die Bereiche Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen zuständig, er wirft Geywitz vor, sie habe sich die Entscheidungshoheit aus der Hand nehmen lassen. „Wenn es überhaupt mal um Wohnungs- und Baupolitik geht in der Ampel, entscheiden andere: Sei es Wirtschaftsminister Habeck, der kurzerhand die KfW-Förderung für tausende Familien im Land einstampft, oder Finanzminister Lindner, der mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben weiterhin das zentrale Instrument für den Flächen- und Gebäudebestand des Bundes in seinem Ressort verantwortet“, erklärte Lange.

    Nach Einschätzung des baupolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, wird das neue Bündnis daran auch nichts ändern. „Ohnehin breit akzeptierte Ziele zu formulieren“ sei noch keine Politik, erklärte der CDU-Politiker. „Es fehlen konkrete Lösungsvorschläge und Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen.“ Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass es unter anderem in der Vorgänger-Regierung unter Bauminister Horst Seehofer (CSU) bereits ein „Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen“ gab, das nur kleine Erfolge erzielte.

    Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) will alle Akteure an den Tisch bringen, um den Wohnungsmangel zu bekämpfen.
    Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) will alle Akteure an den Tisch bringen, um den Wohnungsmangel zu bekämpfen. Foto: Paul Zinken, dpa

    Der aktuellen Regierung macht Ulrich Lange den Vorwurf, mit dem abrupten Stopp der KfW-Förderprogramme und dem anschließenden Durcheinander „massiv Vertrauen verspielt und die dringend benötigte Planungssicherheit an die Wand gefahren“ zu haben. „Mit dem aktuell massiven Preisanstieg für Roh- und Baustoffe steht das Baugewerbe zusätzlich vor enormen Schwierigkeiten“, warnte der CSU-Abgeordnete. Wie unter diesen Bedingungen das Ziel von 1,6 Millionen neuen Wohnungen erfüllt werden solle, sei völlig unklar. Die Branche warne bereits unüberhörbar. „Und da möchte ich noch gar nicht vom akut grassierenden Fachkräftemangel in so gut wie allen Gewerken und unendlichen Planungszeiten sprechen. Hier muss die Ampel endlich liefern“, sagte Lange.

    Nachdem das Maßnahmenpaket erarbeitet wurde, soll es auf Einladung von Kanzler Olaf Scholz bei einem „Bündnistag bezahlbarer Wohnraum“ der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Danach wird einmal im Jahr „öffentlich Bilanz über die Umsetzung gezogen“. Womöglich geht die Union dann milder mit Geywitz und ihrem Ministerium um. Sattsam bekannte Formulierungen aus der Bündnis-Erklärung wie die, dass „zusätzliche Wohnungen insbesondere im bezahlbaren Segment“ wichtig seien, lassen da indes wenig Hoffnung aufkommen.

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