Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Wohnungen: Aus Corona-Leerständen sollen Paradiese für Mieter werden

Wohnungen

Aus Corona-Leerständen sollen Paradiese für Mieter werden

    • |
    Leerstände, die in der Corona-Pandemie entstanden sind, könnten zu Wohnungen werden.
    Leerstände, die in der Corona-Pandemie entstanden sind, könnten zu Wohnungen werden. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Der Kampf gegen die Corona-Seuche könnte die deutschen Innenstädte drastisch verändern. Es droht die Verödung, wenn Händler und Gastronomen aufgeben müssen und die Büros halb leer bleiben, weil die Beschäftigten lieber von zu Hause arbeiten. Sei es, weil sie zu lange schließen mussten, sei es, weil die Online-Konkurrenz zu stark geworden ist.

    Bundesinnen- und -bauminister Horst Seehofer hat jetzt nach einem Spitzentreffen der Bundesregierung zur Wohnungsfrage eine Idee anklingen lassen, was nach der Krise aus den Corona-Brachen werden könnte. Er kann sich vorstellen, dass wieder mehr Leute in die Innenstädte ziehen, wenn dort weniger Menschen einkaufen und arbeiten. „Wir haben ein dickes Problem. Das ist die Verödung der Innenstädte“, sagte der CSU-Politiker am Dienstag in Berlin nach der Spitzenrunde.

    Sterben der Innenstädte: Aus Gewerberäumen sollen Mietwohnungen werden

    Er schlug deshalb vor, seitens des Staates massiv in Umbauprogramme zu investieren, die private Bauherren unterstützen. In seinem Ministerium, so Seehofer, gelte das Prinzip „innen statt außen“. Die Innenstädte und Dorfkerne sollen aufpoliert und neu zugeschnitten werden, damit Menschen dort wohnen wollen. Im Gegensatz brauche es dann weniger Baugebiete an den Stadträndern. In Bayern hat es ein solches Programm unter der Ägide Seehofers gegeben. Ohne sie zu erwähnen, hat der Bauminister damit den Grünen ein stückweit recht gegeben, die neue Eigenheime kritisch sehen und über die zuletzt ein Sturm der Entrüstung gezogen war.

    Es gibt deutschlandweit nicht genügend Mietwohnungen. Womöglich werden bald neue entstehen. Und zwar in Einkaufszentren und anderen Gewerbeflächen
    Es gibt deutschlandweit nicht genügend Mietwohnungen. Womöglich werden bald neue entstehen. Und zwar in Einkaufszentren und anderen Gewerbeflächen Foto: Oliver Berg, dpa

    Das Thema Wohnen bleibt auch in Zeiten der Pandemie ein Aufreger. Vor zweieinhalb Jahren hatte die Bundesregierung eine Offensive gestartet, um den überdrehten Immobilienmarkt zu zügeln. Gelungen ist ihr das nicht: Die Preise für Bauland, Häuser und Wohnungen klettern weiter. Dem Betongold-Bonanza folgen die Mieten. Die Ausnahme unter den großen Städten ist Berlin, weil die Hauptstadt einen Mietendeckel eingezogen hat. Nach wie vor fallen mehr Sozialwohnungen aus der Mietbindung,als neue entstehen. Von den angepeilten 1,5 Millionen Wohnungen sind nur 1,2 Millionen fertig.

    Dennoch verteilt die Bundesregierung viel Lob für ihren Vorstoß an sich selbst. Seehofer spricht von einer „stolzen Bilanz“ und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärt freudig, „doch einiges zustande gebracht“ zu haben.,

    Kritik vom Städtetag: Sozialer und preisgünstiger Wohnraum fehlt

    Der Städtebund machte es sich zur Aufgabe, Wasser in den Wein zu kippen. Vizepräsident Markus Lewe ist im Hauptberuf Bürgermeister von Münster. In der Universitätsstadt sind bezahlbare Buden für Studenten und Wohnungen für junge Familien rar. „Bund und Länder müssen noch mehr unternehmen, um mehr sozialen und preisgünstigen Wohnraum zu schaffen“, forderte Lewe. Er zählt auf, was aus seiner Sicht dafür nötig wäre, um die Preisspirale zu bremsen.

    SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz verspricht neue Wohnungen.
    SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz verspricht neue Wohnungen. Foto: Armin Weigel, dpa

    Die Städte brauchen ein potentes Vorkaufsrecht für Grundstücke, damit nicht die Investoren gewinnen, die den höchsten Preis bieten können. Bebauungspläne müssen Vorrang für günstiges Wohnen definieren dürfen. Baurecht sollen private Investoren nur bekommen, wenn die Kommune einen Mindestanteil an der Fläche hält und mitbestimmen kann. Und viertens sollen Sozialwohnungen länger in der Mietpreisbindung bleiben als die üblichen 15 bis 25 Jahre.

    Anders als Seehofer und Merkel will Finanzminister Olaf Scholz (SPD) nach der Wahl im Herbst nicht in Rente gehen, sondern als Kanzler die Regierung anführen. Er versprach, dass unter seiner Führung der Bund noch mehr für bezahlbares Wohnen tun werde. „Wir müssen das Tempo noch anziehen“ sagte Scholz. Als Maßzahl gab er 700.000 neue Wohnungen an. Das sind mehr als doppelt so viele wie die 300.000 im alten Jahr.

    Scholz spricht sich gegen Mietendeckel aus - und für die Mietpreisbremse

    Ein Schreck der Immobilienkonzerne will Scholz dabei nicht werden. Für ihn ist es keine Option, den Mietendeckel seines Parteifreundes Michael Müller, seines Zeichens Regierender Bürgermeister von Berlin, auf ganz Deutschland auszuweiten. Scholz setzt weiter auf die Mietpreisbremse, die sich als zahnloses Instrument entpuppt hat. Der Kanzlerkandidat kündigte an, pro Jahr 100.000 Sozialwohnungen zu bauen. Derzeit ist es nur ein Viertel davon. Allerdings kann der Bund qua Verfassung nur das Geld zur Verfügung stellen, während die Länder zuständig sind. Die tun das aber mit unterschiedlichem Ehrgeiz. Laut Bauminister Seehofer engagieren sich nur sechs der 16 Bundesländer beim sozialen Wohnungsbau.

    Im Köcher hat die Große Koalition noch einen Pfeil. Das sogenannte Baulandmobilisierungsgesetz sieht vor, in angespannten Wohnungsmärkten die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu erschweren. Außerdem sollen die Kommunen einen besseren Zugriff auf Grundstücke erhalten. Noch allerdings sind die Details im Bundestag umstritten. Auch in der Immobilienbranche gibt es Vorbehalte gegen eine erschwerte Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Besitzer von Mietshäusern können Kasse machen, wenn sie ihre Wohnungen in Eigentumswohnungen umwandeln und einzeln verkaufen.

    Lesen Sie dazu auch:

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden