Nach dem Thema Heizungen bahnt sich in der Ampel-Koalition der nächste Klimastreit um das Gebäude-Energie-Gesetz an. SPD und FDP lehnen angesichts der Krise am Bau die im Koalitionsvertrag vereinbarte massive Verschärfung der Neubaustandards auf die strenge Norm "Effizienzhaus 40" ab, während die Grünen aus Klimaschutzgründen auf die vereinbarte Einführung im Jahr 2025 pochen. "Die Verschärfung wäre ein Todesstoß für die deutsche Bauwirtschaft", warnt der baupolitische Sprecher der FDP-Fraktion Daniel Föst gegenüber unserer Redaktion.
Auch der wohnungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernhard Daldrup, warnt davor, dass der Wohnungsneubau bei weiteren Verteuerungen ganz zum Erliegen kommen könnte. Der sogenannte EH-40-Standard bedeutet, dass ein Gebäude maximal 40 Prozent der Energie eines modernen Vergleichsgebäudes aus dem Jahr 2009 verbrauchen darf. Fachleute rechnen mit durchschnittlich ein Fünftel höheren Kosten im Vergleich zum derzeit üblichen EH-55-Standard, da in die Niedrigenergiehäuser neben Spezial-Dämmungen unter anderem meist auch Lüftungsanlagen eingebaut werden müssten.
Grüne: Klimastandards sorgen nicht für Teuerung
Die Grünen fordern, am Koalitionsvertrag festzuhalten. "Es ist unverantwortlich für unsere Kinder und Enkel, wenn Gebäude errichtet werden, die nicht die höchsten Effizienzstandards haben", sagt die baupolitische Sprecherin der Grünen, Christina-Johanne Schröder. "Deswegen gehen wir natürlich davon aus, dass der EH-40-Standard für Neubauten kommt", betonte sie. "Es wäre sonst eine große Ressourcenverschwendung, Immobilien mit einem schlechteren Standard bis 2045 sanieren zu müssen", sagte die Grünen-Bauexpertin.
Die massiven Baupreissteigerungen lägen an explodierenden Bodenpreisen, teuren Materialien, Handwerkermangel und insbesondere an den stark gestiegenen Zinsen. "Es ist ein Mythos, dass Klimastandards der Grund für die Preissteigerungen sind", sagt Schröder.
Dagegen betont der SPD-Bauexperte Daldrup, dass sich seit dem Koalitionsvertrag die Ausgangslage für den Wohnungsbau durch explodierende Preise massiv verändert haben und die Politik nun Bautätigkeit in Deutschland unterstützen müsse. "Immer höhere Standards und damit immer höhere Kosten führen unweigerlich zu einem Rückgang", warnt Daldrup. "Einen Stillstand auf dem Bau können wir uns nicht leisten!"
Föst: Umstieg auf erneuerbare Energien notwendig
Auch FDP-Bauexperte Föst verweist darauf, dass massenhaft Bauprojekte wegen kaum finanzierbarer Mieten platzen und das Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen in immer weitere Ferne rückt. "Den Energieeffizienz-Standard im Neubau zu erhöhen, wäre in der aktuellen Situation am Bau eine Katastrophe", sagt Föst. Der FDP-Politiker fordert, die bisherige Baupolitik grundsätzlich zu überdenken. "Die deutsche Volkswirtschaft hat in den vergangenen zehn Jahren 500 Milliarden Euro in die Energieeffizienz gesteckt und trotzdem verfehlt der Gebäudesektor noch immer die CO2-Ziele", sagt Föst. "Das zeigt, auf immer dickere Fenster, Betondecken und Dämmungen zu setzen, um CO2 zu sparen, haut nicht hin", betont er. "Wir müssen deshalb hier noch stärker den Blick auf den Umstieg auf Erneuerbare Energien richten."
Auch Unionsfraktionsvize Ulrich Lange warnt vor einer Verschärfung. "Das würde dem bezahlbaren Bauen endgültig den Boden unter den Füßen wegziehen und zum Erliegen bringen – egal, ob bei Mietwohnungen oder Einfamilienhäusern", betonte er. "Beim Neubaustandard EH 40 stehen Kosten und Nutzen nicht mehr in einem vertretbaren Verhältnis", sagt er. Die Mehrkosten seien höher als die langfristigen Energieeinsparungen.