Seit der Eskalation in der Ukraine ist Russland international als geächtet. Jedoch beschränken sich die Sanktionen auf jene Länder, die dem westlichen Einfluss unterliegen. Global betrachtet steht das Land von Kreml-Chef Wladimir Putin nur bedingt unter Isolation: Es gibt Länder, die sich im Hinblick auf das Grauen in der Ukraine eher neutral verhalten, darunter die ein oder andere Großmacht. Das spiegelt sich in den wirtschaftlichen Beziehungen des Landes wider.
Abseits der Nato kommt ein Großteil jener Staaten am 15. und 16. September 2022 zu einem Gipfeltreffen zusammen, das auch für den Westen große Bedeutung haben dürfte. Mit Wladimir Putin und Xi Jinping treffen die Staatschefs zweier Länder aufeinander, zu denen Deutschland bis vor einigen Monaten noch intensive Beziehungen pflegte, nun ist das Verhältnis jedoch eisern (Russland) bzw. abgekühlt (China). Wir beantworten die wichtigsten Fragen.
Wladimir Putin und Xi Jinping: Wann und wo findet das Treffen statt?
Letztmals fand eine Zusammenkunft der SCO-Länder mit Anwesenheit der Staatsführer im Jahr 2019 statt, bevor aufgrund von Corona darauf verzichtet wurde. Auf seiner ersten Auslandsreise seit über zwei Jahren besuchte Xi Jinping zunächst Kasachstan für Gespräche mit Präsident Kassym-Schomart Tokajew. Mittlerweile ist Chinas Staats- und Parteichef zum Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO) am Donnerstag und Freitag ins usbekische Samarkand gereist. Dort trifft der 69-Jährige erstmals seit Kriegsbeginn in der Ukraine persönlich auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Worum handelt es sich bei der Staatengemeinschaft SCO?
Die Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (Shanghai Cooperation Organisation/SCO) ist eine Staatenvereinigung, der mittlerweile acht Nationen angehören:
- Volksrepublik China
- Kasachstan
- Kirgisistan
- Russland
- Tadschikistan
- Usbekistan
- Indien
- Pakistan
Im Fokus stehen die sicherheitspolitische Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten sowie Wirtschafts- und Handelsfragen, darüber hinaus spielt Stabilität in der Region eine Rolle. Beim "Anti-Westen" (Berliner Tagesspiegel) handelt es sich um die größte regionale Organisation der Erde - die beteiligten Länder stellen rund 40 Prozent der globalen Bevölkerung.
Derweil erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz nach einem Telefonat mit Russlands Präsident, dass Wladimir Putin weiter an die Richtigkeit seines Tuns im Hinblick auf den Einmarsch in der Ukraine glaubt:
Russland und China bei SCO-Treffen: Infos zur Agenda
Im Mittelpunkt des Aufeinandertreffens der mächtigen Staatschefs stehen politische und wirtschaftliche Themen. Zunächst steht laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax ein gemeinsames Abendessen auf Einladung des usbekischen Präsidenten Schawkat Mirsijojew an. Vorgesehen sind auch mehrere bilaterale Treffen von Wladimir Putin, unter anderem mit Chinas Staatschef Xi Jinping.
Darüber hinaus wird sich Russlands Präsident mit dem Staatschef eines Nato-Landes treffen: Es stehen Gespräche mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan an, wo es auch um das Getreideabkommen bezüglich der ukrainischen Seehäfen geht. Die Türkei ist zwar kein Mitgliedsland der Vereinigung, jedoch Dialogpartner.
Ein weiteres Thema der Zusammenkunft ist die Aufnahme des Irans in die Organisation, der Prozess soll in Usbekistan abgeschlossen werden.
Russland und China bei SCO-Treffen: Ukraine-Krieg spielt wesentliche Rolle
Brisant aus westlicher Sicht: Die chinesische Führung gibt dem Kreml im Ukraine-Konflikt politische Rückendeckung und stellt die Verbindung USA und Nato als Hauptschuldige des Krieges dar. Allerdings laviert Peking in dem Konflikt vorsichtig, sowohl in Deutschland als auch in den USA wird viel Geld verdient. Viele Firmen aus dem Reich der Mitte halten sich wegen westlicher Sanktionen mit Russlandgeschäften momentan zurück.
Auch die Getreideauslieferungen aus Russland und der Ukraine bilden einen Programmpunkt des SCO-Treffens: Moskau hat im Vorfeld angekündigt, die Umsetzung des Getreideabkommens zu erörtern. Die Türkei ist Vermittler in dem Deal, der die ukrainischen Seehäfen nach monatelanger russischer Seeblockade entsperrt hat. Die Wiederaufnahme ukrainischer Getreideausfuhren soll die weltweite Lebensmittelkrise entspannen.
Wladimir Putin und Russland: Welche Absichten werden in Usbekistan verfolgt?
Für Russland und Wladimir Putin ist der Gipfel der Shanghai Cooperation Organisation neben der Erreichung politischer Ziele vor allem aus Imagegründen wichtig. Die Bilder aus Usbekistan sollen aus russischer Sicht widerlegen, dass das flächenmäßig größte Land der Erde trotz Einmarsch in der Ukraine international isoliert und geächtet ist. Insgesamt werden an dem Treffen in Samarkand 15 Staats- und Regierungschefs teilnehmen, darunter auch Indiens Premierminister Narendra Modi und Irans Präsident Ebrahim Raisi.