Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat ein Sofortprogramm aufgestellt, mit dem die Union im Falle eines Regierungswechsels die deutsche Wirtschaft wieder in Gang kriegen will. Der CSU-Chef würde dafür fast alle großen Projekte der Ampelkoalition rückgängig machen, wie aus dem Konzept hervorgeht, das unserer Redaktion exklusiv vorliegt.
Söder würde nach Regierungswechsel Heizungsgesetz und Bürgergeld abschaffen
Neben dem Heizungsgesetz will Söder beispielsweise auch das Bürgergeld abschaffen und die Sozialhilfe wieder einführen. Eine Lockerung der Schuldenbremse, wie sie in dieser Woche vom Rat der Wirtschaftsweisen ins Spiel gebracht worden ist, lehnt er rigoros ab. „Statt immer mehr Geld auszugeben und neue Schulden zu machen, muss an den richtigen Stellen gespart werden“, forderte Söder und erklärte auch gleich, wo er Potenzial dafür sieht: „Wir streichen das Heizgesetz und reformieren das Bürgergeld und die Kindergrundsicherung in ihrer jetzigen Form. Das schafft Spielraum für wichtige Investitionen.“
Die deutsche Wirtschaftsleistung ist auch im vierten Quartal vergangenen Jahres geschrumpft, während andere Industrienationen die Krise abgeschüttelt haben. Und Besserung scheint nicht in Sicht. Ökonomen rechnen zumindest für die ersten Monate 2024, womöglich sogar für das ganze Jahr, mit einer Rezession. Betriebe in nahezu allen Branchen kämpfen mit sinkender Nachfrage. Gleichzeitig fallen staatliche Hilfsmaßnahmen wegen der Finanzlücke im neuen Haushalt weg, der am Freitag im Bundestag beschlossen wurde.
CSU-Chef Markus Söder will Steuersenkung für die Wirtschaft
Söder will Firmen deshalb steuerlich entlasten. „Unternehmenssteuer, Energiesteuern und die Mehrwertsteuer in der Gastronomie müssen ebenso runter wie die Lkw-Maut“, lautet seine Antwort auf die Flaute. Ebenfalls Teil seines Sofortprogramms ist das Comeback der Kernkraft, zum Beispiel mit neuen, kleineren Reaktoren. Außerdem soll „unideologisch“ geprüft werden, wie und ob sich eigene Gasvorkommen in Deutschland nutzen lassen, anstatt Gas zu importieren. „Mittelstand und Handwerk brauchen niedrigere Energiepreise“, sagte Söder.
Im Kampf gegen den Fachkräftemangel soll die Meisterausbildung nach bayerischem Vorbild bundesweit kostenlos werden. Die aktuellen Forderungen einiger Gewerkschaften machen Bayerns Regierungschef Sorgen. „Weniger Arbeit und eine Viertagewoche bedeuten auch weniger Wohlstand. Das kann nicht unser Modell sein“, sagte er. Stattdessen solle der Staat dazu beitragen, dass sich Leistung auch finanziell lohnt, indem Überstunden steuerfrei gestellt werden.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Donnerstag einen schuldenfinanzierten Sondertopf vorgeschlagen, um Firmen unterstützen zu können. Diesem Vorhaben werden allerdings äußerst geringe Chancen eingeräumt. Finanzminister Christian Lindner (FDP) ließ den Kollegen umgehend abblitzen. „Die Idee war in jeder Hinsicht überraschend“, sagte er der Welt und fügte lakonisch hinzu: „Der Wirtschaftsminister sagt damit ja, dass er mit der bestehenden Wirtschaftspolitik der Bundesregierung unzufrieden ist.“
Dass die Koalition keinen gemeinsamen Plan entwickelt, löst bei Unternehmern Ratlosigkeit aus. Maschinenbau-Präsident Karl Haeusgen nimmt im Gespräch mit unserer Redaktion den Chef in die Pflicht: „Ich frage mich: Wo ist Kanzler Olaf Scholz? Die Ampelkoalitionäre sitzen im Kabinett zusammen, müssten sich also geeinigt haben, und dennoch entsteht in der Öffentlichkeit ein gegenteiliges Bild."