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Wirtschaft in der Krise: Habeck punktet vor CDU-Publikum gegen Merz

Wirtschaft in der Krise

Habeck punktet vor CDU-Publikum gegen Merz

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    Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck erhält viel Zustimmung auf dem CDU-Wirtschaftstag.
    Der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck erhält viel Zustimmung auf dem CDU-Wirtschaftstag. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Robert Habeck bekommt donnernden Applaus für Sätze, für die es früher im Unternehmerlager Pfiffe gesetzt hätte. „Gibt es ein Primat der Politik?“, fragt er in den Saal voller Manager und Chefs in der Mitte Berlins und gibt die Antwort gleich selbst „Ich sage ja.“ Die versammelte Wirtschaftselite beklatscht, dass ihnen der Staat die Richtung vorgibt. In Deutschland gilt eigentlich die Lehre, dass sich der Staat weitgehend aus den Angelegenheiten der Wirtschaft heraushalten soll. Doch durch den russischen Einmarsch in die Ukraine ist alles anders. Zeitenwende.

    Habeck hat den Satz nicht nur allgemein gesagt. Er ist es, der jetzt die Antworten gibt in Zeiten des Krieges. Denn dem Wirtschaftsminister muss es irgendwie gelingen, russische Energie durch andere zu ersetzen, damit in Deutschland im kommenden Winter nicht die Lichter ausgehen. Wie er diese schwierige Aufgabe bisher meistert, imponiert den Unternehmern, die sich der CDU verpflichtet fühlen.

    Sie gehören dem Wirtschaftsrat der Partei an und versammeln sich einmal im Jahr zum Wirtschaftstag. Viel mehr CDU geht nicht. Die aus der Mode gekommene Krawatte wird noch selbstverständlich getragen, Frauen sind deutlich in der Unterzahl. Früher waren die Grünen der Lieblingsgegner im Wirtschaftsrat. Doch Habeck setzt die alten Vorurteile außer Kraft. Er ist jetzt auch ihr Wirtschaftsminister.

    Robert Habeck legt sein Denken offen

    Der 52-Jährige überzeugt, weil die Zuhörer ihm beim Denken zuschauen können. Bei der spitzen Frage, warum er die verbliebenen deutschen Atomkraftwerke nicht länger laufen lassen will, um Gas zu sparen, lässt er die ur-grüne Angst vor dem GAU bewusst unter den Tisch fallen. Habeck argumentiert mit hohen Kosten, notwendigen Sicherheitsprüfungen und zu spät kommenden Brennstäben. Es ist eine der wenigen Stellen, für die er keinen Beifall erntet, aber die Zahl der Kopfschüttler bleibt gering. Das ist umso erstaunlicher, weil der Wirtschaftsrat ein Gutachten erstellt hat, dass die Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke für machbar hält.

    Selbst Habecks Argumente gegen das Weiterlaufen der verbliebenen Atomkraftwerke werden angenommen.
    Selbst Habecks Argumente gegen das Weiterlaufen der verbliebenen Atomkraftwerke werden angenommen. Foto: Bernhard Weizenegger

    Beruhigt sind die Unternehmenslenker auch, weil zu ihnen keiner spricht, der Wachstum als goldenes Kalb des Wirtschaftens infrage stellt. Seine Partei hat da durchaus andere Positionen. Dass das Wachstum wegen des Krieges, der Sanktionen und der Inflation einbricht, „da muss man gezielt dagegen anarbeiten“, sagt der Minister. Und nennt dafür drei Rezepte: Wettbewerb hochhalten, die Marktwirtschaft hochhalten, Förderung zurückbauen. Der Beifall für seinen Dreiklang will gar nicht enden.

    Wie er konkret das Wachstum retten will, dazu macht Habeck nur einige wenige allgemeine Punkte. Mehr Fachkräfte müssen durch bessere Schulen und mehr Kindergartenplätze auf den Arbeitsmarkt kommen. Der Staat muss schneller genehmigen. Es sind Punkte, die viele seiner Vorgänger anpacken wollten und gescheitert sind, weil Lehrer und Erzieherinnen Mangelware sind und die Gesellschaft altert. Doch Habeck trauen die Mitglieder des CDU-Wirtschaftsrates zu, dass er ihnen die dringend benötigten Arbeitskräfte verschafft.

    Auch Friedrich Merz bekommt viel Applaus

    Eigentlich müsste ihr Hoffnungsträger ein anderer sein. Friedrich Merz ist Chef der CDU, Fraktionsvorsitzender im Bundestag und ein Mann der Wirtschaft. Merz redet vor Habeck und bekommt auch dafür viel Beifall. Aber für den 66-Jährigen ist der Auftritt ein Heimspiel. Er kann hier keine Wähler gewinnen, höchstens verlieren. Der Parteichef wählt einen interessanten Ansatz für seine Rede. Bis auf einen Seitenhieb verzichtet er auf Angriffe auf die Grünen, den alten Gegner, sondern er attackiert den Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Das Haupt der Regierung hat er als Schwachpunkt ausgemacht.

    „Dieser Bundeskanzler ist dabei, diese historische Chance, aber auch diese historische Verantwortung zu verpassen“, ruft Merz. Die Grünen nennt er Wettbewerber, nicht „Gegner oder Feind“, während er die SPD zum Hauptgegner erklärt. Schwarz-grün ist eine wahrscheinliche Option für die Koalition nach der Ampel. Doch selbst für die CDU-nahen Unternehmer ist es wohl nicht ausgemacht, ob Merz oder Habeck diese Regierung anführen wird.

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