Große Koalitionen haben große Möglichkeiten – und arbeiten doch häufig nach dem Prinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners. Angela Merkel hat gleich drei von ihnen als Kanzlerin geführt und mit Ausnahme ihrer ersten, die Deutschland ohne größere Blessuren durch die Finanzkrise geführt hat, mehr Probleme hinterlassen als gelöst – vom anhaltenden Migrationsdruck über die marode Infrastruktur bis zur Rente. Mal war die SPD dagegen, mal stand die CSU nicht hinter ihr, und vermutlich ging es Deutschland auch wirtschaftlich zu gut. Viele Reformen blieben deshalb einfach aus.
Nach dem Scheitern der Ampel spricht viel für eine Groko, denn Zweierkoalitionen sind stabiler
Nun deutet einiges auf ein erneutes Bündnis von Union und SPD nach der Wahl im Februar hin. Diese Koalition wäre zwar nicht mehr so groß wie frühere Große Koalitionen, weil die SPD kräftig Federn gelassen hat und auch die Unionsparteien in den Umfragen noch hinter ihren einstigen Wahlergebnissen zurückliegen. Nach dem vorzeitigen Scheitern des Ampel-Dreiers wäre eine stabile Zweierkoalition allerdings schon ein Wert an sich. Der Abstimmungsbedarf ist dort geringer – und das Konfliktpotenzial wohl auch. Kurz: Es kann nur besser werden.
Den größten Mut zur Veränderung hätte ein Bündnis aus CDU, CSU und FDP mit Friedrich Merz als Kanzler. Dazu aber müssten die Liberalen in die Nähe der zehn Prozent kommen, wenn nicht darüber, ihre aktuellen Werte also mehr als verdoppeln. Gegen Schwarz-Grün spricht, Stand heute, neben dem schlechten Umfragestand für die Grünen auch die tief sitzende Skepsis in den C-Parteien, selbst wenn Markus Söder etwas von seinem kategorischen Nein abgerückt ist. Bleibt also eine Regierung aus Konservativen und Sozialdemokraten, mutmaßlich mit Merz an der Spitze und einem Vizekanzler, der Boris Pistorius heißen kann oder auch Lars Klingbeil, beides Pragmatiker und keine verhinderten Klassenkämpfer. Selbst mit einem Parteilinken wie Fraktionschef Rolf Mützenich, so scheint es, kann es Merz inzwischen ganz gut. Geräuschlos hat er mit ihm gerade den Wahltermin ausgehandelt.
Ein Selbstläufer wäre auch eine solche Regierung nicht, weil die CDU anders als unter Merkel keine schwarze SPD mehr ist, sondern sich unter Merz deutlich konservativer ausgerichtet hat. Die Schnittmengen einer Großen Koalition jedoch sind größer als bei Schwarz-Grün. Einer strengeren Asylpolitik, zum Beispiel, reden auch viele Genossen das Wort, aber nur wenige Grüne. Umgekehrt wäre für einen Kanzler Merz die Schuldenbremse nicht derart in Stein gemeißelt wie für die FDP, was die Verständigung über einen neuen Haushalt erleichtern würde. Großes Konfliktpotenzial böte dagegen die Sozialpolitik, wo die SPD Beitragserhöhungen stets den Vorrang vor Reformen gibt. Das verteuert die Arbeit und schadet dem Standort Deutschland.
Verliert die SPD zu viele Wähler, muss die Union sich auf Schwarz-Grün einlassen
Das größte Risiko für eine Regierung aus Union und SPD aber schlummert in der SPD selbst. Schon 2017 wollte sie lieber ihre Wunden in der Opposition lecken als sich noch einmal auf Angela Merkel einzulassen. Nach dem Scheitern der Jamaika-Gespräche redete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier der Partei jedoch so lange in ihr staatspolitisches Gewissen, dass sie sich auf eine weitere GroKo einließ. Die SPD braucht daher ein Wahlergebnis, das nicht allzu weit unter den knapp 26 Prozent des Jahres 2021 liegt. Mag es auch paradox klingen: An einer vom Wähler gedemütigten Sozialdemokratie kann der Union nicht gelegen sein. Sonst bleibt ihr am Ende gar nichts anderes übrig als Schwarz-Grün.
Und was macht die Union wenn es weder für Schwarz-Rot, Schwarz-Gelb noch für Schwarz-Grün reicht? Schöne Grüße aus Sachsen + Thüringen...
Ich finde diese Theorien manipulativ. Lassen wir den Wähler doch ohne Manipulationen an die Wahlurne.
Bitte nicht nochmal 4 Jahre Stillstand in einer großen Koalition! Das kann sich Deutschland definitiv nicht leisten. Die Ideen, die Merz gerade auf den Markt trägt sind bestensfalls rückwärtsgewandt und werden den Herausforderungen der Zukunft nicht mal im Ansatz gerecht. Außerdem muss Merz beweisen, dass er mehr kann als nur meckern. Seine bisherigen Erfahrungen in operativ-gestaltenden Führungspositionen ist bekanntlich überschaubar bis nicht vorhanden. Was die FDP angeht: spätestens mit den Drehbuch zum Koalitionsbruch hat sich die FDP aus dem Kreis der ernsthaften Parteien verabschiedet. Selbst wenn die FDP nochmal in den Bundestag käme, wäre Merz mit dem Klammernsack gepudert, mit der FDP zu koalieren. Warum sollte die FDP anders agieren als unter Scholz und Merkel?
Merz wird noch seine Freude an den Koalitionsverhandlungen mit der SPD haben. Der Ausschluss der Gruenen ist ein Riesenfehler, hauptsaechlich vom Oberschlaule Soeder. Man darf gespannt sein, welche Gesetze mit der SPD wieder zurueckgenommen werden sollen, die sie ja selbst mit geschaffen hat.
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