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Wie Ricarda Lang sich selbst zum Meme macht und was ihr das bringt

Hass gegen Grüne

Da hilft nur noch Selbstironie: Ricarda Lang macht sich selbst zum Meme

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    Das Instagram-Profil von Ricarda Lang mit ihrem zum Meme gewordenen Beitrag mit Bierflasche, Handy und „Grillen muss erlaubt bleiben“-Plakaten.
    Das Instagram-Profil von Ricarda Lang mit ihrem zum Meme gewordenen Beitrag mit Bierflasche, Handy und „Grillen muss erlaubt bleiben“-Plakaten. Foto: Paulus

    Wenn ein Foto einer Politikerin tausendfach geteilt wird, heißt das meist nichts Gutes. In der Regel ist dann irgendetwas schief gelaufen, die Person auf dem Foto wird der Lächerlichkeit preisgegeben oder Menschen sind wütend über das, was sie auf dem Foto sehen oder damit verbinden. Ricarda Lang ist so etwas schon passiert, und es hätte auch kürzlich wieder passieren können. Doch die Grünen-Chefin kümmerte sich am Dienstag selbst. Bevor ein Foto von ihr mit angesetzter Bierflasche, überdrüssigem Blick aufs Handy und angedeutetem Mittelfinger so richtig ins Kursieren kam, teilte sie es selbst auf Instagram und X und schrieb dazu „Wenn ich ‚Grillen muss erlaubt bleiben‘-Plakate sehe“. Gegrillt hatte damit letztlich sie – und zwar ein bisschen sich selbst und vor allem einige ihrer Gegner.

    Mit ihrem Post hatte Lang sich zum Meme gemacht: Ein Bild von ihr stilisierte sie mit einem pointierten Spruch zum Witz. Dass sie darauf nicht besonders vorteilhaft getroffen ist, dürfte ihr klar sein; ebenso, dass sie mit genervtem Blick nicht gerade gute Laune ausstrahlt – kein Wunder, war die von ihr geführte Partei doch kurz vorher aus dem Thüringer Landtag geflogen und hatte in Sachsen fast die Hälfte ihrer Sitze eingebüßt. Und weil Lang darauf ausgerechnet alkoholfreies Bier trinkt –„Freiberger“ aus Sachsen für alle, die es genau wissen wollen – hätte das Foto schnell einen neuen Shitstorm auslösen können, in dem rechte Lautsprecher wie Julian Reichelt und politische Gegner von CDU bis AfD daraus stricken, Lang und die Grünen wollten nun auch echtes Bier verbieten. Klingt ihnen das jetzt zu weit hergeholt?

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    Dabei ist es noch gar nicht so lange her, dass etwa Markus Söder haarscharf an der Grenze zur Lüge andeutete, Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wolle Eltern vorschreiben, welche Süßigkeiten sie ihren Kindern geben dürften – dabei plante der eigentlich ein Werbeverbot für einzelne Lebensmittel. Und auch die „Grillen muss erlaubt bleiben“-Plakate, die Lang in ihrem Post zitierte, sind keine Erfindung von ihr, sondern der Thüringer CDU im jüngsten Wahlkampf. Wer denn überhaupt Grillen verbieten will, diese Erklärung blieb die Partei bis heute schuldig.

    „Unperfekte Bilder? Kann ich selber! Verkürzte Sprüche? Kann ich auch“, so liest Paulina Fröhlich, stellvertretende Geschäftsführerin der Denkfabrik „Progressives Zentrum“, das von Lang erstellte Meme. Auf Anfrage unserer Redaktion schreibt Fröhlich, wir lernten so eine Facette der Grünen-Chefin als politische Führungspersönlichkeit kennen: „Inhaltlich zeigt das Meme, dass Ricarda Lang das Niveau einiger politischer Statements nur noch schwerlich ernst nehmen kann – und darauf reagiert sie mit Humor.“ Und der kommt an.

    Welt-Chefredakteur Ulf Poschardt etwa setzte auf X zu einer regelrechten Lobeshymne an, attestierte Lang „Lässigkeit“, die man „feiern“ müsse – jedoch nicht ohne zu erwähnen, dass sie „gerade politisch komplett falsch“ liege. Sogar ein Reporter des neurechten Medienportals Nius kommentierte, er fände das Foto „großartig“ – ob aus Spott oder Lob für Lang ließ er aber offen. Lang teilte das Foto indes noch weitere Male, einmal mit der Beschreibung „Wenn ich sehe, dass die Union jetzt mit Putinfreunden koalieren will“ und mit dem Text „Wie ich Samstagnachmittag auf der Familienfeier die Fußballergebnisse checke“. Einfach ein Witz also?

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    Indes gelten Angriffe auf Politiker, etwa im Wahlkampf, als großes Problem, nicht zuletzt trifft es dabei Grüne. Unter anderem CDU-Chef Friedrich Merz hatte sie als „Hauptgegner“ im demokratischen Spektrum ausgemacht, nach Wahrnehmung vieler Beobachter projizieren die Grünen besonders viel Hass auf sich. Auch Lang wurde schon Opfer von Angriffen. Polit-Beobachterin Fröhlich meint aber: „Ich lese die Memes nicht als Reaktion auf die zahlreichen Morddrohungen und Beleidigungen, die Frau Lang täglich begegnen.“ Ricarda Lang und die Partei möchten den Beitrag aktuell nicht kommentieren, teilt ein Grünen-Sprecher mit.

    Für Fröhlich stechen die Beiträge auf Langs Profilen eindeutig hervor. Es handele sich um eine Ausnahme. „Jeder andere Post von ihr vermittelt ernsthafte Botschaften“, schreibt sie. Dass Lang auch mit Humor glänzen kann, hat sie nun nicht zum ersten Mal bewiesen. So springt sie auf Tiktok-Trends auf, einen Spruch Markus Söders konterte sie etwa damit, dass ihr Labrador unterhaltsamer als dessen Witze am politischen Aschermittwoch seien. Das Image einer unnahbaren und allzu ernsten Spaßbremse, die trotz Übergewichts andere zu gesunder Ernährung nötigen wolle, haftet ihr aber dennoch an. Nun könnte sich bei ihr Hoffnung regen, das mit Humor geradezurücken.

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