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Westafrika: General ernennt sich nach Putsch zum neuen Machthaber im Niger

Westafrika

General ernennt sich nach Putsch zum neuen Machthaber im Niger

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    General Abdourahmane Tchiani spricht zur nigrischen Bevölkerung. Er erklärte sich zum Präsidenten des Nationalen Rats.
    General Abdourahmane Tchiani spricht zur nigrischen Bevölkerung. Er erklärte sich zum Präsidenten des Nationalen Rats. Foto: Uncredited, ORTN/AP, dpa

    Der mutmaßliche Verantwortliche für den Putsch gegen den demokratisch gewählten Präsidenten des Niger hat sich selbst zum neuen Machthaber des westafrikanischen Landes ernannt. Der Chef der Präsidentengarde, General Omar Tchiani, erklärte sich bei einer Ansprache im nationalen Fernsehen zum Präsidenten des Nationalen Rats - zwei Tage nachdem Offiziere seiner Eliteeinheit den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum in seinem Palast festgesetzt und für entmachtet erklärt hatten.

    Über den Verbleib von Bazoum ist noch nichts bekannt. Die EU drohte den neuen Machthabern mit einem dauerhaften Stopp von Hilfszahlungen.

    Der Militärputsch in dem Land, in dessen Hauptstadt rund 100 deutsche Soldaten stationiert sind, ist für die EU wie für die USA ein Rückschlag in den Bemühungen, die Region zu stabilisieren. Nach Putschen in Mali und Burkina Faso war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde, und hatte sich als wichtiger Partner im Kampf gegen den Terrorismus in der Region etabliert. Für die EU ist die Lage im Niger auch bedeutend, weil es eines der wichtigsten Transitländer für afrikanische Migranten auf dem Weg nach Europa ist.

    Hat Tchiani die gesamte Armee hinter sich?

    Die nigrischen Streitkräfte hatten am Donnerstag erklärt, sich der Forderung der rebellierenden Militärs nach einem Ende der Amtszeit von Bazoum anzuschließen. Nach Tchianis Äußerung ist jedoch noch unklar, ob der General als De-facto-Präsident die gesamte Armee hinter sich hat. Experten befürchten, dass sich ein Machtkampf entspinnen könnte. Tchiani bezeichnete das Militär als "Garanten der nationalen Einheit, der territorialen Integrität und der Interessen unserer Nation". Er rief "Partner und Freunde des Niger" auf, den Sicherheitskräften zu vertrauen.

    Bei Demonstrationen haben Unterstützer der Putschisten die Zentrale der Präsidentenpartei laut Medienberichten in Brand gesetzt.
    Bei Demonstrationen haben Unterstützer der Putschisten die Zentrale der Präsidentenpartei laut Medienberichten in Brand gesetzt. Foto: Fatahoulaye Hassane Midou, AP/dpa

    Der sogenannte Nationale Rat für den Schutz des Vaterlandes, dem der General nun vorsteht, wurde von den Putschisten bereits am Mittwoch gegründet und übernimmt die Aufgaben einer Übergangsregierung. Der Regionalbüroleiter der Konrad-Adenauer-Stiftung für die Sahelzone, Ulf Laessing, sagte: "Tchiani ist kein Aufbruch - im Gegenteil." Seine Ernennung dürfte Spekulationen anfachen, dass Bazoums Vorgänger Mahamadou Issoufou hinter dem Coup stehen könnte, so Laessing. Issoufou hatte Tchiani noch in seiner Amtszeit in das Amt des Chefs der Präsidentengarde befördert.

    Nach Putsch im Niger: EU setzt jegliche Budgethilfe aus

    Das französische Außenministerium erklärte, die neuen Machthaber nicht anzuerkennen. Die EU verurteilte den Putsch aufs Schärfste. Jeder Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung werde Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zwischen der EU und dem Niger haben, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der Mitgliedstaaten mit. Die Auswirkungen schlössen auch das sofortige Aussetzen jeglicher Budgethilfe ein. Die EU hatte dem Niger - eines der ärmsten Länder der Welt - erst vor wenigen Wochen neue Investitionen in Höhe von 66 Millionen Euro in Bildungs- und Jugendprojekte in Aussicht gestellt. Sie ergänzen Finanzzusagen in Höhe von Hunderten Millionen Euro, die bereits in den vergangenen Jahren gemacht wurden.

    Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Wie es mit der Kooperation weitergeht, ist unklar. Die Sahelzone gilt als Zentrum insbesondere des islamistischen Terrors. Sowohl in Mali als auch in Burkina Faso und dem Niger sind Gruppen des Islamischen Staates und Al-Kaida tätig.

    Bundeswehr betreibt Lufttransportstützpunkt in der Hauptstadt

    Für die Bundeswehr-Soldaten im Land sieht Verteidigungsminister Boris Pistorius derzeit keine akute Gefahr. Der Leiter des Lufttransportstützpunktes der Bundeswehr in Niamey habe ihm bestätigt, "dass es aktuell keine erhöhte Bedrohung durch die Putschisten gibt, weder für Zivilisten noch für Soldatinnen und Soldaten", sagte der SPD-Politiker dem "Spiegel". In Gesprächen mit der nigrischen Seite werde man verdeutlichen, "dass sich unsere Kräfte aus den innernigrischen Angelegenheiten heraushalten". Die Putschisten hatten ausländische Staaten davor gewarnt, militärisch einzugreifen.

    Mit dem brennenden Hauptquartier der Regierungspartei im Rücken demonstrieren Anhänger meuternder Soldaten in der Hauptstadt Niamey.
    Mit dem brennenden Hauptquartier der Regierungspartei im Rücken demonstrieren Anhänger meuternder Soldaten in der Hauptstadt Niamey. Foto: Fatahoulaye Hassane Midou, AP/dpa

    Die Bundeswehr betreibt den Lufttransportstützpunkt für das militärische Engagement in Westafrika - Niamey spielt auch für den Abzug aus Mali eine wichtige Rolle. Die USA betreiben einen Luftwaffenstützpunkt in der Stadt Agadez und haben über 1000 Soldaten im Niger stationiert. Auch für die ehemalige Kolonialmacht Frankreich war der Niger zuletzt ein wichtiger Partner im Kampf gegen den islamistischen Terror, nachdem die Militärmachthaber in Mali und Burkina Faso den Abzug französischer Truppen forderten. Die Umstürze bedeuteten für Frankreich das Ende der jahrelangen Militäroperation Barkhane, die die Region stabilisieren sollte. Berichten zufolge soll Frankreich 1500 Soldaten im Niger haben.

    Wagner-Chef Prigoschin meldet sich zu Wort

    Es gibt die Sorge, dass der Niger unter einer Militärregierung näher an Russland rücken könnte. Auch die Nachbarländer Mali und Burkina Faso hatten sich in Richtung Russland orientiert und unter anderem Partnerschaften mit der russischen Wagner-Gruppe gesucht. Der Chef der Privatarmee, Jewgeni Prigoschin, bezeichnete den Putsch im Niger am Donnerstag auf Telegram als gewöhnlichen Kampf der Menschen gegen die früheren Kolonialherren, die ihnen ihren Lebensstil aufzwingen wollten. Ehemalige Kolonialisten destabilisierten gezielt die Lage in afrikanischen Ländern und unterstützten dort "Terroristen und verschiedenen Bandengruppierungen", behauptete Prigoschin, der einmal mehr für den Einsatz seiner Wagner-Kämpfer warb.

    Unter dem politischen Chaos dürfte vor allem die Zivilbevölkerung leiden: Seit der Luftraum im Niger geschlossen wurde, können Hilfsorganisationen und Vereinte Nationen die dringend notwendige humanitäre Hilfe nicht mehr leisten. Das Land mit seinen rund 26 Millionen Einwohnern belegte auf dem Index der menschlichen Entwicklung der Vereinten Nationen zuletzt Platz 189 von 191. Mehr als 40 Prozent der Menschen leben in extremer Armut. (dpa)

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