Im wohl heißesten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen hat die Weltklimakonferenz in Dubai gleich zu Beginn einen wegweisenden Beschluss zugunsten armer Staaten gefasst. Das Plenum einigte sich darauf, wie der Fonds zum Ausgleich von Klimaschäden in besonders verwundbaren Ländern - etwa nach Dürren, Waldbränden oder Unwettern - ausgestaltet werden soll. Erstmals floss auch Geld in den Fonds: Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate sagten überraschend jeweils 100 Millionen US-Dollar zu (knapp 92 Millionen Euro) zu. Geld geben wollen auch die USA, Japan, Großbritannien und die EU.
Vorgestellt wurde in Dubai zugleich ein vorläufiger Bericht der Weltwetterorganisation (WMO), wonach 2023 wohl das wärmste Jahr seit der Industrialisierung wird. Der Abstand zu den vorher heißesten Jahren 2016 und 2020 sei schon bis Ende Oktober so groß gewesen, dass November und Dezember daran praktisch nichts mehr ändern könnten. Der definitive Bericht kommt erst 2024 heraus.
Bis einschließlich Oktober habe die global gemittelte Temperatur 1,4 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900 gelegen, hieß es. Bislang gilt 2016 als heißestes Jahr mit plus 1,3 Grad über vorindustriellem Niveau.
UN-Generalsekretär António Guterres sagte dazu: "Wir erleben den Kollaps des Klimas in Echtzeit - und die Folgen sind verheerend." Die hohen Temperaturen sollten den Politikern Schauer über den Rücken jagen. Guterres rief die knapp 200 in Dubai versammelten Länder auf, dringend schärfere Klimaschutzmaßnahmen zu beschließen.
Hoffnung auf dreistellige Milliardensummen
Der Geldtopf, in den nun Geld fließt, wurde im vergangenen Jahr auf der UN-Konferenz in Ägypten beschlossen. Aus ihm soll Hilfe kommen etwa nach Unwettern oder langen Dürren, die auf die Erderwärmung zurückzuführen sind. Einzahlen sollen der am Eröffnungstag der Konferenz beschlossenen Einigung zufolge alle Staaten - aber nur auf freiwilliger Basis. Auch eine konkrete Summe ist nicht festgelegt. Klimabedrohte Länder im globalen Süden wie Inselstaaten erwarten, dass vor allem reiche Industrieländer Geld geben. Manche hoffen auf insgesamt dreistellige Milliardensummen - und zwar jährlich.
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), die per Video nach Dubai zugeschaltet war, sprach von einer "bahnbrechenden Entscheidung für die Verwundbarsten" und rief andere Staaten auf, ebenfalls Zusagen zu machen. Durch das Vorpreschen stehen nun die weiteren rund 160 Staats- und Regierungschefs, die in den kommenden beiden Tagen auf der Klimakonferenz sprechen werden, unter Zugzwang.
Sabine Minninger, Klimaexpertin von Brot für die Welt, nannte die Ankündigung direkt zum Start der Konferenz auch einen "strategisch wichtigen Schachzug". Der Gastgeber und Deutschland zeigten damit auch Schwellen- und ölexportierenden Entwicklungsländern: "Der Fonds für Klimaschäden ist bereit, aufgefüllt zu werden! Diese haben keine Ausrede mehr, sich vor einer finanziellen Ankündigung zu drücken."
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte erst kürzlich die reichen Öl- und Gas-Staaten am Golf, aber auch China aufgefordert, in den Fonds einzuzahlen. Wer geopolitische Verantwortung tragen wolle, müsse dies auch klimapolitisch tun.
Die Millionen sind "erst der Anfang"
"So beginnt man eine Weltklimakonferenz", lobte Klimafinanz-Experte Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam - stellte allerdings auch klar, dass damit erst der Anfang gemacht sei. Mittelfristig werde es durch die von der Erderwärmung verursachten Schäden "Jahr für Jahr Hunderte Milliarden brauchen". Deutschland solle daher so schnell wie mögliche eine Milliarde Euro zusagen.
Der neu gewählte COP-Präsident Sultan Al-Dschaber feierte die ungewöhnliche Entscheidung gleich zu Beginn der zweiwöchigen Beratungen als historischen Erfolg. Dem Konferenz-Präsidenten, der gleichzeitig Chef des staatlichen Ölkonzerns der Emirate ist, dürfte die Zusage vorerst etwas Aufwind geben. Zuvor hatten Berichte über mögliche Deals für fossile Projekte sowie die professionelle Überwachungstechnik der Emirate die internationalen Schlagzeilen über die COP28 dominiert.
Rund 70.000 Unterhändler, Journalisten, Aktivisten und Fachleute sind zur der Weltklimakonferenz angereist. Am Freitag und Samstag werden rund 170 Staats- und Regierungschefs erwartet, darunter auch Kanzler Olaf Scholz (SPD). Als ein Knackpunkt gilt, ob sich der Klimagipfel am Ende klar zum Ausstieg aus den fossilen Energieträgern Kohle, Öl und Gas bekennt.
(Von Torsten Holtz und Larissa Schwedes, dpa)