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Wechsel an EU-Spitze: Kaja Kallas tritt Borrells Erbe an

Europa

Abschied vom Hau-Drauf-Diplomaten: Kaja Kallas übernimmt EU-Spitze

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    Freuen sich über die Nachrichten aus dem Nahen Osten: Ursula von der Leyen und Josep Borrell.
    Freuen sich über die Nachrichten aus dem Nahen Osten: Ursula von der Leyen und Josep Borrell. Foto: Olivier Matthys, dpa/AP (Archivbild)

    Die Zahl der Arbeitnehmer, die kurz vor der Rente noch einmal richtig aufdrehen, dürfte gering sein. Josep Borrell ist da anders – wie in beinahe allem. Es verging in den letzten Wochen kaum ein Tag, an dem man nichts vom ruhelosen Chefdiplomaten der EU gehört hätte. Der leise Abschied ist seine Sache nicht, vielmehr scheint der 77-Jährige den Posten am 1. Dezember am liebsten mit mehreren Paukenschlägen an seine Nachfolgerin Kaja Kallas aus Estland übergeben zu wollen.

    Zuletzt drang er in seiner letzten großen Amtshandlung auf ein Ende des Krieges zwischen Israel und der Hamas. Ob ihm noch allzu viele Regierungen in der EU zuhören, darf bezweifelt werden. „Pepe”, wie er genannt wird, hat gerne polarisiert, provoziert. So gehört der Spanier zu den lautstärksten Kritikern Israels, jüngst schlug er gar vor, die EU solle wegen der humanitären Katastrophe in Gaza das Assoziationsauskommen mit Israel teilweise aussetzen und den darin vereinbarten politischen Dialog einfrieren.

    Borrells Hau-Drauf-Diplomatie war oft wirkungslos

    Josep Borrell dürfte es dabei vor allem um Josep Borrell gegangen sein. Obwohl sich die Stimmung angesichts von Zehntausenden toten Palästinensern auch in Europa gedreht hat, ist die EU weiterhin gespalten bei der Frage nach der richtigen Antwort auf Benjamin Netanjahus Vorgehen. Borrells Hau-Drauf-Diplomatie war da wenig hilfreich.

    Sein „letzter Aufruf“ an die 27 Außenminister lautete: „Seid geschlossener, trefft schneller Entscheidungen, die Ereignisse warten nicht auf euch.“ Man könne nicht so tun, als sei man „eine geopolitische Macht, wenn man Wochen und Monate braucht, um zu handeln“. Tatsächlich wird es eine der Herausforderungen für seine Nachfolgerin Kaja Kallas sein, die außenpolitische Uneinigkeit im Kreis der Mitgliedstaaten zu überwinden, etwa im Umgang mit China.

    Kallas warnte früh vor der Gefahr aus Moskau

    Als Ministerpräsidentin Estlands fiel Kallas auf EU-Ebene vor allem dadurch auf, dass sie lange vor der Vollinvasion Russlands in die Ukraine schon vor der Bedrohung durch Moskau gewarnt hatte. Nun wird eine der schärfsten Kritikerinnen des Kremls die Außenpolitik der EU mitprägen, sie trägt jetzt schon Spitznamen wie „Falkin“ und „Eiserne Lady”.

    Dementsprechend dürfte ein Schwerpunkt auf der Unterstützung der Ukraine und der Festigung der Beziehungen zu den östlichen Nachbarn der EU liegen. Kallas gilt auch als überzeugte Verfechterin der transatlantischen Partnerschaft. Gleichzeitig will sie die Autonomie Europas in strategischen Fragen ausbauen – ein Balanceakt.

    Europas Chefdiplomaten scheinen es jedenfalls kaum erwarten zu können, künftig von Kallas nach Brüssel eingeladen zu werden, nicht mehr von Borrell. Vor allem in der Beziehung zu Russland und China sah sich die EU unter seiner Führung wiederholt in der Defensive. Und auch das Ziel, die EU als strategisch handlungsfähigen Akteur zu etablieren, erreichte er nur bedingt. Borrell bewege sich stets „zwischen Genie und Wahnsinn“, meinte ein EU-Vertreter einmal. Für etliche Beobachter tendierte er eher in Richtung Wahnsinn.

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    3 Kommentare
    Jochen Hoeflein

    Es ist die Frage , ob es mit Frau Kalles besser wird , mit ihrer einseitigen Haltung zu Russland. Insb. wenn es zukünftig darum den UA Konflikteinzufrieren, bei dem beide Seiten gezwungen werden müssen von ihrem Maximalpositionen Abstand zu nehmen. Man sollte für derartige Verwendungen eher eine bzw einen Diplomaten/Diplomatin wählen, der/die vermitteln kann. Leute wie Kalles oder Baerbock sind für derartige Aufgaben ungeeignet. Am Beispiel Borrell sieht man , wie man sich selbst ins Abseits manövriert und am Ende von keiner Seite mehr ernst genommen wird.

    Marianne Böhm

    Ich weiß nicht ob viele der EU Länder in denen es noch Korruption, Bestechlichkeit gibt.. an Rechtsstaatlichkeit überhaupt soweit sind um solche Posten zu übernehmen. Und wenn keiner mehr mit jemanden reden, eine andere Meinung haben darf weil es nicht in diese multilaterale Gemeinschaft passt.. " Wer nicht für uns ist ist draußen.. " Satz von Frau Von der Leyen.. dann ist so ein Kollektiv zum Scheitern verurteilt.. Wir brauchen keinen Krieg wir nehmen uns gegenseitig die Freiheit und kommen immer mehr in eine totale Abhängigkeit zueinander..

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    Jochen Hoeflein

    Genau. Wenn es dazu kommt, dass man die "segensreiche" Herrschaft und Politik der EU kritisiert und sich damit nicht im mehr Einklang mit medial gepriesenen Mehrheitsmeinung steht, ist es nicht mehr weit her mit den sogenannten westl. Werten. Ich verabscheue die ständigen Reglementierungsversuche der EU der Bürger aufs Tiefste. Die unreflektierte bedingungslose Unterstützung der UA wird hoffentlich bald an ihre Grenzen stossen mangels Masse und Zustimmung in den "alten" EU Staaten.

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