Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Was bedeutet der Wahlsieg von Donald Trump für Deutschland?

    • |
    • |
    „America first“ propagiert Donald Trump immer wieder. Aber auch der Rest der Welt ist von US-Präsidentschaftswahlen betroffen.
    „America first“ propagiert Donald Trump immer wieder. Aber auch der Rest der Welt ist von US-Präsidentschaftswahlen betroffen. Foto: Julia Demaree Nikhinson, dpa

    Das Ergebnis der US-Wahl stand dann doch schneller fest, als viele vermutet hatten. Schon am Mittwochmorgen (Mitteleuropäischer Zeit) trat Donald Trump auf die Bühne und erklärte sich zum Sieger der Wahl, kurze Zeit später war dann wirklich klar: Donald Trump wird neuer Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Damit stellt sich die Frage: Was heißt das jetzt? Nicht nur für die USA, sondern auch für Europa, die Nato, den Krieg in der Ukraine? Wir versuchen, Antworten zu geben.

    Die Ukraine ist auf Waffen aus den USA angewiesen.
    Die Ukraine ist auf Waffen aus den USA angewiesen. Foto: Andreas Stroh, ZUMA Press Wire, dpa (Archivbild)

    Das heißt Trumps Wahlsieg für den Krieg in der Ukraine

    Die Konstellation ist nicht neu: Schon während Donald Trumps erster Amtszeit war der bewaffnete Konflikt zwischen Russland und der Ukraine entfacht – anders als heute hatten die Truppen von Wladimir Putin damals jedoch nur die Krim und den Osten der Ukraine angegriffen, nun steht das ganze Land unter Beschuss. Die damalige Trump-Regierung lieferte Waffen an die Ukraine, um Krim und Donbass zu verteidigen – und heute?

    Mit ihm als US-Präsidenten hätte Putin seinen westlichen Nachbarn nie überfallen, behauptete Trump, und nach seiner Wahl werde er den Krieg „innerhalb von 24 Stunden beenden“. So verlockend das auch klingen mag, so sehr steht zu befürchten, welchen Preis die Ukraine dafür womöglich zahlen müsste: Trump sieht den Krieg in erster Linie als ein Problem der Europäer, Waffenlieferungen in den Osten Europas steht er reserviert gegenüber – und auch in seiner Anhängerschaft sind sie wenig populär.

    Wenn ich Präsident wäre, würde ich den Ukraine-Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden

    Donald Trump, ehemaliger und neuer US-Präsident

    Ohne US-Waffen wäre die Ukraine gegen den russischen Überfall jedoch chancenlos: Rund die Hälfte aller Militärhilfen lieferte bislang die USA. Bliebe diese Unterstützung aus, wäre die Ukraine zu einer schnellen Aufgabe gezwungen, verbunden mit massiven Gebiets- und Souveränitätsverlusten, Russland hätte den Krieg de facto gewonnen. Worauf die Ukraine jedoch noch bedingt setzen könnte, wäre Trumps Unberechenbarkeit. Würde er sich etwa bei Verhandlungen von Russland brüskiert fühlen, wäre auch nicht ausgeschlossen, dass er die Unterstützung der Ukraine gar verstärken würde – einen Schritt, von dem die Biden-Regierung bisher absah, aus Angst vor weiteren einer Eskalation des Krieges.

    Schon während seiner ersten Amtszeit macht Donald Trump deutlich, dass er wenig von Verteidigungsbündnissen wie der Nato hält.
    Schon während seiner ersten Amtszeit macht Donald Trump deutlich, dass er wenig von Verteidigungsbündnissen wie der Nato hält. Foto: Michael Kappeler, dpa (Archivbild)

    Das heißt Trumps Wahlsieg für die Nato

    Lange galt die Nato als Bewahrer der Sicherheit im Westen, ein Militärbündnis, in dem die USA als klarer Anführer und Schutzmacht der restlichen Mitglieder galten. Mit Donald Trumps erster Amtszeit geriet diese Gewissheit ins Wanken – und Trumps Rückkehr ins Weiße Haus könnte ihr noch massiveren Schaden zufügen. Hoffnung macht, dass auch aufgrund des Ukraine-Kriegs viele Mitgliedsländer ihre Militärausgaben in den vergangenen Jahren massiv erhöht haben.

    Trump hatte das gefordert und unter anderem bei Deutschland angeprangert, deutlich weniger als vereinbart für Rüstung auszugeben, nämlich zwei Prozent des Staatshaushalts. Ob sich Trumps Einstellung zur Nato jedoch durch die „Zeitenwenden“ in den anderen Nato-Staaten nachhaltig bessern wird, ist mehr als fraglich. Nicht umsonst unternahm die Nato in den vergangenen Jahren Anstrengungen, sich für eine zweite Amtszeit Trumps zu wappnen, der immer wieder davon sprach, dass die US-Ausgaben für die Nato zu hoch und „unfair“ seien.

    Und auch innenpolitisch bereiteten sich die USA in der Präsidentschaft von Joe Biden vor: Inzwischen kann ein US-Präsident gar nur noch mit Zustimmung des Parlaments über einen Austritt aus der Nato entscheiden. Viel ändern dürfte dies jedoch nicht: Auch Kongress und Repräsentantenhaus sind nach der Wahl wohl in republikanischer Hand.

    Scholz, Habeck, Lindner: Sie entscheiden heute, was aus der Ampel wird. (Archivbild)
    Scholz, Habeck, Lindner: Sie entscheiden heute, was aus der Ampel wird. (Archivbild) Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Das heißt Trumps Wahlsieg für die Ampel-Koalition

    Donald Trump ist bislang nicht als Versöhner aufgefallen. Dennoch könnte seine Wiederwahl die notorisch zerstrittene Regierung in Deutschland zusammenführen. Die Ampel-Koalition taumelt am Abgrund, die Freien Demokraten spielen mit dem Feuer des Austritts. Am Mittwochabend kommen die Spitzen von Regierung und den drei Koalitionspartnern SPD, Grüne und FDP zusammen, um Wege aus dem Sumpf zu finden.

    Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierten Trump zu seinem Erfolg. Es gehe darum, so Scholz, Wohlstand und Freiheit auf beiden Seiten des Atlantiks zu fördern. „Das werden wir zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger fortsetzen“, sagte Scholz. Fortsetzen klingt nicht danach, die Ampel platzen zu lassen. Lindner wiederum mahnte, dass in Europa, der Nato und auch in Berlin „die wirtschafts- und sicherheitspolitischen Hausaufgaben“ dringend erledigt werden müssten. Für ihn wird es wegen Trumps Rückkehr in das Weiße Haus und der damit verbundenen Unsicherheit noch schwieriger, einen Auszug aus der Ampel als positiv zu verkaufen.

    Ich glaube, dass die Leute wollen, dass die Regierung Stabilität ausstrahlt.

    Omid Nouripour, Vorsitzender der Grünen

    Soll der durch das politische Beben in Amerika erschütterte Westen auch noch die Bundesrepublik als Stabilitätsanker verlieren? Der scheidende Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour forderte daher vom abendlichen Koalitionsausschuss ein Signal der Geschlossenheit. „Ich glaube, dass die Leute wollen, dass die Regierung Stabilität ausstrahlt.“ Die drei Koalitionspartner ringen um den Bundeshaushalt für kommendes Jahr und eine Wirtschaftspolitik, die der erlahmten Konjunktur Anschub verleiht. 

    Das heißt Trumps Wahlsieg für Europa

    Der ehemalige deutsche Vizekanzler, Außen- und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ist heute Chef der Atlantik-Brücke, in der sich die deutschen Amerika-Freunde organisieren. Gabriel kümmert sich um internationale Beziehungen, ist wegen seiner Vergangenheit als hoher Politiker in Europa ausgezeichnet vernetzt. Auf die zweite Präsidentschaft Trumps hält er den Kontinent für nicht gut vorbereitet.

    Europa stehe vor einer Richtungsentscheidung. „Entweder wir schaffen einen Neustart zur strategischen Souveränität – oder wir provinzialisieren weiter“, meinte der 65-Jährige. Die Bundesregierung müsse sich, wie einst Helmut Kohl, offensiv in den Dienst Europas stellen.

    Wir gelten als Vegetarier in der Welt der Fleischfresser

    Sigmar Gabriel, ehemaliger Vizekanzler

    Er kritisierte Bundeskanzler Scholz und seine Vorgängerin Angela Merkel gleichermaßen dafür, dass sie die Zusammenarbeit mit Frankreich haben schleifen lassen. „Das Verhältnis zu Frankreich ist in einem sehr schlechten Zustand. Es fehlt das politische Zentrum“, beklagte Gabriel. In seinen Augen sei es ein großer Fehler gewesen, nicht auf die Initiativen aus Paris zu einem EU-Sicherheitsrat oder der gemeinsamen Nutzung (und Finanzierung) der französischen Atomstreitkräfte einzugehen. Stärkung der europäischen Verteidigungsfähigkeit und Stärkung der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit hält der frühere SPD-Vorsitzende für zentral. „Wir gelten als Vegetarier in der Welt der Fleischfresser“, sagte Gabriel über das mangelnde Gewicht des Kontinents in der Geopolitik.

    Donald Trump hat schon im Wahlkampf angekündigt, dass er wieder Einfuhrzölle von bis zu 20 Prozent verhängen wird.
    Donald Trump hat schon im Wahlkampf angekündigt, dass er wieder Einfuhrzölle von bis zu 20 Prozent verhängen wird. Foto: Ulrich Perrey, dpa

    Das heißt Trumps Wahlsieg für die deutsche Wirtschaft

    Strafzölle waren ein prägendes Thema von Trumps erster Amtszeit. Damals verwickelte er die USA in einen Handelskrieg mit China, der bis heute andauert. Er verhängte Einfuhrzölle auf Solarzellen, Waschmaschinen, Aluminium und viele andere chinesische Produkte. Auch die deutsche Autoindustrie griff Trump an und drohte mit Einfuhrzöllen von bis zu 20 Prozent auf deutsche Autos. Für seine zweite Amtszeit malt Trump ein ähnliches Szenario. So will er, dass deutsche Autobauer in den USA produzieren und hat im Wahlkampf angekündigt, alle Importe in die USA mit Zöllen von zehn bis 20 Prozent zu belegen. Für chinesische Waren sollen es 60 Prozent sein.

    Mit dem Wahlsieg von Donald Trump beginnt der ökonomisch schwierigste Moment in der Geschichte der Bundesrepublik

    Moritz Schularik, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft

    Die schwächelnde deutsche Wirtschaft könnte das hart treffen. Denn zum einen sind Wirtschaftszweige wie der Maschinenbau und die Autoindustrie auf Exporte angewiesen. Zum anderen zählen die USA zu den wichtigsten Handelspartnern der Bundesrepublik. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat errechnet, wie groß der Schaden durch einen Handelskrieg zwischen der EU und den USA für die deutsche Wirtschaft ausfallen könnte: Käme es zu einem Zoll-Wettrüsten beider Seite, würden sich die Kosten während Trumps Amtszeit auf bis zu 180 Milliarden Euro belaufen, schätzen die IW-Fachleute. Das Ifo-Institut geht davon aus, dass die deutschen Exporte in die USA um etwa 15 Prozent einbrechen würden. Mit Blick auf diese Maßnahmen sprach Moritz Schularik, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, davon, dass nun „der ökonomisch schwierigste Moment in der Geschichte der Bundesrepublik“ beginne. „Weil zur inneren Strukturkrise nun massive außenwirtschaftliche und sicherheitspolitische Herausforderungen auf uns zukommen, auf die wir nicht vorbereitet sind.“

    Wie solche Vorbereitungen aussehen könnten, dazu sagt Ifo-Expertin Lisandra Flach: „Deutschland und die EU müssen nun ihre Position durch eigene Maßnahmen stärken. Dazu gehören eine tiefere Integration des EU-Dienstleistungsmarktes und glaubwürdige Vergeltungsmaßnahmen gegenüber den USA.“ Denn auch die US-Wirtschaft ist auf Exporte angewiesen. Würde die EU ihre Import-Zölle ebenfalls erhöhen, hätte sie ein Druckmittel gegen Trump in die Hand. Deals und eine gut laufendene Wirtschaft sind zentral für das Selbstbild Trumps.

    „Drill, baby, drill“: Donald Trump will wieder mehr Erdgas und Erdöl fördern und sich von erneuerbaren Energien verabschieden.
    „Drill, baby, drill“: Donald Trump will wieder mehr Erdgas und Erdöl fördern und sich von erneuerbaren Energien verabschieden. Foto: Eli Hartman, Odessa American, AP, dpa (Archivlbild)

    Das heißt Trumps Wahlsieg für das Klima

    Über seine Haltung zur Klimakrise hat Donald Trump in der Vergangenheit keinen Hehl gemacht. Wiederholt bezeichnete er den menschengemachten Klimawandel als „hoax“, als Schwindel also. Fälschlicherweise behauptete er, die Erde werde kälter und ein steigender Meeresspiegel würde nur „mehr Grundstücke am Meer“ möglich machen.

    Diese Haltung zeigt sich auch in den Plänen für seine Präsidentschaft. In Trumps Parteiprogramm taucht das Wort „Klima“ gar nicht erst auf. In Interviews brachte er immer wieder seine Ablehnung für Klimaschutzmaßnahmen zum Ausdruck. So erklärte er beim Sender NBC, mit dem Pariser Klimaschutzabkommen würde die USA nur von anderen Staaten ausgenutzt. Trump wird das Abkommen ein zweites Mal aufkündigen. Schon in seiner ersten Amtszeit waren die USA aus dem Vertrag ausgestiegen, Biden war ihm wieder beigetreten.

    Was erneuerbare Energien angeht, wird Trump wohl den durch Biden angekurbelten Ausbau bremsen. Dessen „Inflation Reduction Act“, mit dem die USA massiv in grüne Energien investiert hat, bezeichnete er wiederholt als Fehler.

    Eine Trump-Präsidentschaft bedeutet eine empfindliche Schwächung der internationalen Klimaschutzbemühungen

    Mojib Latif, Klimaforscher

    Klimaforscher sind alarmiert. „Eine Trump-Präsidentschaft bedeutet eine empfindliche Schwächung der internationalen Klimaschutzbemühungen“, sagt Mojib Latif, Professor am Helmholtz-Zentrum in Kiel, gegenüber unserer Redaktion. „Der Inflation Reduction Act wird wohl abgewickelt werden und damit die Transformation der US-Wirtschaft in Richtung Nachhaltigkeit zurückgeworfen.“

    Trumps Gegenprogramm: „Drill, Baby, Drill“, wie er es auf dem Parteitag der Republikaner formulierte. Zu Deutsch etwa: Bohren, was das Zeug hält – nach Gas vor allem und nach Erdöl. Den Exportstopp für neue LNG-Terminals möchte er aufheben und auch in der Arktis Bohrungen durchführen. Dabei befindet sich die Produktion von fossilen Energien in den USA bereits auf dem Höchststand. Nach China sind die Amerikaner das Land mit den meisten CO₂-Emissionen weltweit.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden