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Wahlsystem: So funktioniert der Kampf ums Weiße Haus

Wahlsystem

So funktioniert der Kampf ums Weiße Haus

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    Millionen Menschen wählen heute den neuen US-Präsidenten.
    Millionen Menschen wählen heute den neuen US-Präsidenten. Foto: Bob Pearson, dpa

    Warum ist die Wahl dieses Mal so außergewöhnlich?

    Es ist eine der wichtigsten Wahlen der jüngeren Geschichte. Wenn heute Nacht in Amerika über den nächsten Präsidenten der USA abgestimmt wird, ist das nicht nur eine Richtungswahl für die letzte Supermacht. Hillary Clinton oder Donald Trump – auch international wird die Entscheidung mit größter Anspannung verfolgt. Von Verbündeten Amerikas, seinen Gegnern – und auch von populistischen Bewegungen vieler anderer Länder. Beide Kandidaten haben Besonderheiten: Für die Republikaner tritt der New Yorker Milliardär Trump, 70, an, der noch nie ein politisches Amt bekleidet hat und für einen der schmutzigsten Wahlkämpfe der US-Geschichte verantwortlich gemacht wird. Die Demokratin Clinton, 69, könnte als erste Frau in der US-Geschichte Präsidentin werden.

    Wie funktioniert das amerikanische Wahlsystem?

    Das Volk entscheidet nur indirekt über den Präsidenten. Nach der heutigen Wahl müssen zunächst 538 Wahlmänner aus den Bundesstaaten und dem „District of Columbia“ mit der Bundeshauptstadt Washington ihr Votum abgeben. Die Mitglieder dieses „Electoral College“ genannten Gremiums richten sich dabei nach der Entscheidung der Wähler in ihrem Bundesstaat. Mindestens 270 Wahlmänner-Stimmen sind nötig, um Präsident zu werden. Der bevölkerungsreichste Bundesstaat Kalifornien stellt 55 Wahlmänner, kleine Staaten wie Alaska nur drei. 41 Tage nach der Wahl, am 19. Dezember, wählen die Mitglieder des „Electoral College“ Präsident und Vize. Am 6. Januar 2017 zählt der Kongress aus und verkündet offiziell das Ergebnis der Wahl. Der neue Präsident legt seinen Amtseid am 20. Januar ab.

    Wer hat die besseren Chancen auf das Weiße Haus?

    Wichtige Wählergruppen in den USA

    Der demografische Wandel in den USA begünstigt die Demokraten. Die Mitte-Links-Partei bekommt üblicherweise eine Mehrheit der Stimmen von ethnischen Minderheiten und jungen Menschen. Das spricht für die demokratische Kandidatin Hillary Clinton und gegen ihren Kontrahenten von den Republikanern, Donald Trump, bei der Präsidentenwahl am 8. November. Ein Blick auf das Wahlverhalten einiger wichtiger Bevölkerungsgruppen in den USA:

    Afroamerikaner: Seit sich die Demokraten für das Wahlrecht von Afroamerikanern einsetzten, gehören diese zu deren treuesten Wählergruppen. Als erster schwarzer US-Präsident erhielt Barack Obama 2012 bei seiner Wiederwahl 95 Prozent ihrer Stimmen. Auch Clinton kann auf die Unterstützung der Wählergruppe hoffen, allerdings nicht mit einer hohen Wahlbeteiligung von 66 Prozent wie vor vier Jahren. Wie auch bei anderen Gruppen hat sich Trump mit kontroversen Bemerkungen auch bei schwarzen Bürgern nicht beliebt gemacht. Auch sein Argument «Was haben Sie zu verlieren» dürfte wenige überzeugen.

    Hispanos: US-Bürger mit lateinamerikanischen Wurzeln sind die am schnellsten wachsende Bevölkerungsgruppe. Auch diese Gruppe gab ihre Stimme 2012 meist Obama, machte damals aber einen geringeren Teil der Wähler aus. Die Demokraten müssen sie vor allem zum Wählengehen überreden - 2012 taten das nur 48 Prozent. Das Zünglein an der Waage könnten Hispanos im Wechselwählerstaat Florida sein, wo die große Gruppe kubanischstämmiger Bürger traditionell die Republikaner unterstützt. In Bundesstaaten mit großem Latino-Anteil wie Colorado und Arizona könnten Trumps abfällige Bemerkungen über mexikanische Einwanderer und die Forderungen nach einem Riesengrenzwall Clinton zugute kommen. 

    Frauen: Frauen sind schon seit Beginn seiner Kandidatur ein Schwachpunkt für Donald Trump. Nach zahlreichen sexistischen Einlassungen dürfte das jüngst veröffentlichte Video, in dem der Republikaner vulgär über sein Vorgehen bei Frauen plaudert, die Kluft zur weiblichen Wählerschaft nur vergrößert haben. Umfragen zeigten Clinton klar bei den Wählerinnen vorne - und Trump bei Männern. Während Trump keine erkennbare Agenda zur Frauenpolitik vertritt, hat Clinton in ihrer Kampagne immer wieder Themen wie Lohngerechtigkeit, Elternzeit und Abtreibung angesprochen. 

    Evangelikale Christen: Konservative Christen sind für die Republikaner seit Jahrzehnten eine der wichtigsten Wählergruppen und haben trotz Vorbehalten gegen Trump bei den Vorwahlen größtenteils zur Partei gehalten. Aber auch mit dieser Gruppe könnte es sich der 70-Jährige seit der Enthüllungen über seine Anzüglichkeiten verscherzt haben. Denkbar ist, dass ein Teil dieser Gruppe bei der Wahl einfach zu Hause bleibt, weil er bei keinem Kandidaten mehr genügend Übereinstimmung mit der eigenen Weltsicht sieht. 

    Gering gebildete, weiße Männer: Trumps Wahlslogan «Make America Great Again» richtet sich zu großem Teil an weiße Männer ohne höheren Schulabschluss - jene Gruppe, die besonders von den Jobverlusten im Produktionssektor betroffen ist. Sie ist für Trumps Appelle gegen Einwanderung oder internationale Handlungsabkommen empfänglich. Traditionell wählten die Gewerkschaften eher demokratisch. Aber die weiße Arbeiterschaft ist zunehmend nach rechts gerückt - oder gar nicht mehr wählen gegangen. Trump hofft, dass bisherige Nichtwähler für ihn stimmen werden, weil er eine radikal andere US-Politik verspricht. Das könnte ihm in früher stark industriell geprägten «Swing States» wie Ohio oder Pennsylvania nützen.

    Landesweit liegt Clinton im Durchschnitt um 2,6 Prozent vor Trump, das ist aber nicht unbedingt entscheidend: Wichtig ist, wer in den sogenannten „Swing States“ vorne liegt. Da fast alle Bundesstaaten nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip Wahlmänner-Stimmen nur an den jeweiligen Sieger vergeben, sind die Staaten mit wechselnden Mehrheiten entscheidend. Hier ist das Rennen sehr knapp. Beispielsweise liegt Clinton in Florida mit dessen 29 Wahlmännern nur 1,0 Prozentpunkte vor Trump. Würde sie der Republikaner überholen, könnte er die Mehrheit von 270 Wahlmännern erreichen, auch wenn die meisten Amerikaner für Clinton stimmen. Allerdings erfährt Clinton in der Schlussphase des Wahlkampfs eine ungeahnte Welle der Zustimmung von wählenden Latinos. Diese könnten in den „Swing States“ zum entscheidenden Faktor werden. Zudem hat die Bundespolizei FBI Clinton zwei Tage vor der Wahl in der E-Mail-Affäre entlastet. In der kürzlich neu entdeckten Korrespondenz hätten Ermittler keine Hinweise auf strafbare Handlungen der Kandidatin gefunden, teilte

    Auf welche Staaten kommt es besonders an?

    Während die Demokraten an den Küsten und die Republikaner im Süden und im mittleren Westen der USA Hochburgen haben, sind die Mehrheiten vor allem in den „Swing States“ relativ unsicher. Dazu gehören Florida, North Carolina, Ohio, Indiana, Missouri, North Dakota und Montana. Traditionell eher umkämpft sind auch die Staaten Virginia, Pennsylvania, Colorado, New Mexico und Nevada. Um 6 Uhr unserer Zeit haben heute die ersten Wahllokale geöffnet, die letzten schließen in Alaska um 7 Uhr am Mittwochmorgen.

    Was wird noch gewählt?

    Zeitgleich mit der Präsidentenwahl stimmen die Amerikaner über alle 435 Mandate im Repräsentantenhaus sowie über ein Drittel der 100 Sitze im Senat ab. dpa, AZ

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