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Wahlrechtsreform: Der Streit um das Wahlrecht geht in Karlsruhe weiter

Wahlrechtsreform

Der Streit um das Wahlrecht geht in Karlsruhe weiter

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    Der Bundestag soll mit dem neuen Wahlrecht kleiner werden.
    Der Bundestag soll mit dem neuen Wahlrecht kleiner werden. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Der Bundestag soll schrumpfen, auf künftig 630 Abgeordnete, aktuell sind es 736. Mit den Stimmen der Ampel-Koalition beschloss der sogar ganz aus dem Parlament fallen.  

    „Sie machen hier eine Reform für sich selbst“: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.
    „Sie machen hier eine Reform für sich selbst“: CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Linke über Gesetzentwurf: Hingerotzt

    Entsprechend hitzig geht es zu im Bundestag. Die Reform sei „überfällig“, so der SPD-Politiker Sebastian Hartmann, sie sorge für ein Wahlrecht, das „einfach und nachvollziehbar“ sei. Dagegen nennt Jan Korte von der Linksfraktion den Entwurf „hingerotzt“, er diene nur dazu, „zwei Oppositionsparteien zu eliminieren“. Der Osten werde damit „der AfD überlassen“. Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt lehnt den Ampel-Plan in Bausch und Bogen ab: „Er ist falsch, er ist fehlerhaft, er ist verfassungswidrig.“ Er wirft SPD, Grünen und FDP vor: „Sie schaffen ein Wahlrecht, bei dem direkt gewählte Abgeordnete nicht mehr in den Bundestag einziehen.“ 

    Unions-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) fordert die Regierung auf, die Abstimmung um zwei Wochen zu verschieben, denn durch die kurzfristigen Änderungen am Entwurf habe sich erheblicher Beratungsbedarf ergeben. Doch am Ende ziehen die drei Regierungsparteien ihr Vorhaben durch – entgegen der von allen Seiten geäußerten Absicht, ein Vorhaben von derartiger Tragweite im größtmöglichen Konsens zu erzielen. 

    Keine Ausgleichs- und Überhangmandate mehr

    Nach der Entscheidung soll es künftig keine sogenannten Ausgleichs- und Überhangmandate mehr geben, um die Stärke des Bundestags bei 630 Abgeordneten zu halten. Möglicherweise zieht so nicht mehr jeder der per Erststimme gewählten 299 Wahlkreissieger in den Bundestag ein. In Bayern aber gewinnt die CSU seit Jahrzehnten die überwiegende Mehrzahl der Direktmandate. Dadurch schickt sie mehr Abgeordnete in den Bundestag, als ihr nach ihrem bundesweiten Zweitstimmen-Ergebnis zustehen würde. Sie darf diese Überhangmandate bislang behalten, diese werden durch entsprechende Ausgleichsmandate für die anderen Parteien kompensiert. Fällt die Regel weg, bedeutet dies vor allem eine Schwächung der CSU, gerade an ihrem Widerstand waren mehrere bisherige Anläufe für eine Verkleinerung des Bundestags gescheitert. Die Zahl der Abgeordneten stieg und stieg, von der Sollgröße von 598 auf zuletzt 736. Nur der chinesische Volkskongress, der mit einem demokratischen Parlament nicht vergleichbar ist, hat noch mehr Mitglieder. 

    Scheitert die CSU künftig an der Fünfprozenthürde?

    Nach dem Beschluss wird auch die sogenannte Grundmandatsklausel abgeschafft. Nur dank dieser Regel sitzt die Linke derzeit überhaupt im Bundestag – obwohl sie bundesweit unter der Fünfprozenthürde lag. Denn die Klausel besagt, dass drei gewonnene Direktmandate genügen, damit die Partei in der Stärke ihres Zweitstimmen-Ergebnisses im Parlament vertreten ist.

    In Berlin und Leipzig holte die Linkspartei exakt diese drei Siege – und ist mit 39 Abgeordneten im Bundestag. In Zukunft soll die Fünfprozenthürde in Reinform gelten – das ist auch für die CSU ein Problem. Sie holte zwar alle ihre 45 Sitze als Direktmandate – doch bei der vergangenen Wahl entsprach ihre Stimmenzahl umgerechnet auf das Bundesgebiet nur 5,2 Prozent. Bei künftigen Wahlen könnte die Latte also durchaus gerissen werden. Britta Haßelmann (Grüne) empfahl, dass CDU und CSU künftig einen Parteien- oder Listenverbund eingehen sollten. Doch ob dies rechtlich überhaupt möglich ist, ist unklar. 

    Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Opposition will die Wahlrechtsreform vom höchsten deutschen Gericht kippen lassen.
    Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Die Opposition will die Wahlrechtsreform vom höchsten deutschen Gericht kippen lassen. Foto: Uli Deck, dpa

    Ohnehin muss sich nun das Bundesverfassungsgericht mit dem Gesetz befassen. Union und Linke wollen es überprüfen lassen. Die Union will zudem eine sogenannte Normenkontrolle veranlassen, eine Klärung, ob das Vorhaben mit dem Grundgesetz im Einklang steht. Für einen entsprechenden Antrag ist ein Viertel der Bundestagsstimmen nötig. Zudem kündigen die Unions-Partner an, das Gesetz bei einer künftigen Regierungsbeteiligung wieder rückgängig zu machen.

    Grüne attackieren Christsoziale

    Die Grünen werfen CDU und CSU dagegen vor, eine Wahlrechtsreform „jahrelang blockiert“ zu haben. Jamila Schäfer, bayerische Landesgruppenchefin, sagte unserer Redaktion: „Mit der Reform ändert sich die Anzahl der Abgeordneten in allen Parteien gleichmäßig, und das wichtige Element der Direktwahl von Abgeordneten in den Wahlkreisen wird gewahrt.“ Zuvor habe die Ampel „mit den anderen Fraktionen Gespräche geführt und das Gesetz angepasst“. Diese Gespräche habe die CSU jedoch konsequent verweigert und „bei der ganzen Debatte eine katastrophale Figur“ abgegeben. Schäfer über die CSU: „Und nun zetert sie gegen den Teil der Reform, der seit Jahren genauso im bayerischen Landtagswahlgesetz steht.“ Ein Wahlkreisgewinner ziehe auch dort bei fehlender Mindestmenge an gültigen Stimmen nicht in das Parlament ein, so die Grünen-Politikerin.

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