Die ersten Zahlen aus Ohio gingen gerade über die Sender, als Eric Trump in Florida die Korken knallen ließ. „Prost auf eine große Nacht in Ohio“, postete der Geschäftsmann auf Truth Social, dem Kurznachrichtendienst seines Vaters, und setzte das Bild einer Sektflasche der Marke „Trump“ hinzu. Kurz darauf meldete sich sein Bruder Donald Trump Jr. zu Wort: Die Republikaner seien endgültig „die Partei von MAGA (Make America Great Again)“, zitierte er den Slogan seines Vaters und jubelte: „America First, Baby!!!!“
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Donald Trump anderthalb Jahre nach dem Ende seiner Präsidentschaft die Republikaner mehr dominiert denn je, dann wurde er in der Nacht zum Mittwoch vorgelegt. Im Bundesstaat Ohio kürte die Partei bei Vorwahlen ihren Bewerber für die Senatswahlen im Herbst. Nur einer der sieben Kandidaten wagte es, Trump zu kritisieren und war damit chancenlos. Wochenlang hießen die Favoriten Josh Mandel und Mike Gibbons. Doch am Ende siegte nach einer Intervention von höchster Stelle der Quereinsteiger J.D. Vance.
Lange lag der Bestseller-Autor Vance weit hinten
Lange hatte der Bestsellerautor („Hillbilly-Elegie“) mit maximal zehn Prozent Unterstützung in den Umfragen abgeschlagen auf dem dritten oder vierten Platz gelegen. Dann rief Donald Trump überraschend Mitte April zu seiner Wahl auf. Am Dienstag schoss der 37-Jährige bei der Abstimmung mit knapp 33 Prozent der Stimmen auf den ersten Platz – fast zehn Punkte vor dem Favoriten Mandel.
Der Sieg für Vance ist vor allem ein Triumph für Trump. Überall im Land betätigt sich der Ex-Präsident derzeit als Königsmacher seiner Partei und sorgt so dafür, dass die Republikaner-Fraktionen im Kongress nach den November-Wahlen noch trumpistischer werden dürften als bislang. Nach einer Auflistung der Washington Post waren mit einer Ausnahme sämtliche 43 bislang von Trump unterstützte Kandidaten erfolgreich.
Dem Rennen in Ohio kam bundesweit eine besondere Bedeutung zu. Nicht nur war mit J. D. Vance ein bekannter Kandidat am Start, dessen Buch in vielen amerikanischen Schulen gelesen wird. Vor allem hatte sich der Absolvent der Eliteuniversität Yale und Ex-Hedgefonds-Manager 2016 als lautstarker Trump-Kritiker hervorgetan. Den damaligen Präsidentschaftskandidaten bezeichnete Vance als „amerikanischen Hitler“ und verglich die Wirkung seiner populistischen Thesen mit der von Heroin.
Doch mit den wachsenden Ambitionen auf den Senatssitz verwandelte sich Vance zum glühenden Rechtspopulisten und Trump-Anhänger, der gegen das Establishment, die Globalisierung und die Zuwanderung wetterte und Wahlkampf mit der rechtsextremen Abgeordneten Marjorie Taylor Greene machte. Persönlich sprach er bei Trump in dessen Residenz Mar-a-Lago in Florida vor. Mitte April schließlich revanchierte sich der Ex-Präsident für die neue Loyalität mit einer Wahlempfehlung. Vance habe in der Vergangenheit „einigen bösen Scheiß“ über ihn erzählt, monierte er, aber: „Ich will jemand, der gewinnt!“
Wahl wurde zur Vertrauensabstimmung für Donald Trump
Damit war die Vorwahl im Industrieland Ohio, das einst als Swing-State galt und 2016 mit großer Mehrheit auf Trump-Kurs einschwenkte, zu einer Vertrauensabstimmung über den Ex-Präsidenten geworden. Die hat Trump klar gewonnen. Beobachter erwarten, dass sich dessen Dominanz über die Partei in den nächsten Wochen verfestigt, wenn in weiteren Bundesstaaten republikanische Kandidaten gekürt werden. In Pennsylvania unterstützt Trump einen umstrittenen Fernseharzt namens Dr. Oz, der einst Hydroxychloroquin gegen Covid-Infektionen empfahl und den führenden US-Experten Anthony Fauci als „Tyrannen“ bezeichnete. In Georgia empfiehlt der Ex-Präsident den Ex-Footballspieler Herschel Walker, der seine Ex-Frau körperlich misshandelt haben soll.
Solche zweifelhaften Biografien scheinen die Basis nicht zu stören. „Konservative müssen ehrlich mit sich sein“, mahnte die republikanische Wahlstrategin Sarah Longwell am Mittwoch in einem Gastbeitrag für die New York Times: „Derzeit können sie Trump nicht hinter sich lassen.“ Die Zwischenwahlen im Herbst würden ganz von dem König der Republikaner bestimmt, sagt Longwell voraus: „Herr Trump hat schon gewonnen.“