Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Wahlen in den USA: Warum Republikanerin Liz Cheney jetzt für Kamala Harris kämpft

Wahlen in den USA

Warum Republikanerin Liz Cheney jetzt für Kamala Harris kämpft

    • |
    • |
    Kamala Harris begrüßt die ehemaligen Kongressabgeordneten Liz Cheney bei einer Wahlkampfveranstaltung.
    Kamala Harris begrüßt die ehemaligen Kongressabgeordneten Liz Cheney bei einer Wahlkampfveranstaltung. Foto: Charlie Neibergall, AP

    Der politische Graben könnte kaum tiefer sein. Die eine kämpft für möglichst wenig Staat, niedrige Steuern und das Recht auf Waffenbesitz. Mit ihrer lesbischen Schwester hat sie sich wegen ihrer Ablehnung der Ehe für alle überworfen. Die andere kommt aus dem progressiven Kalifornien, will die Sozialleistungen für Familien ausweiten, den Waffenbesitz einschränken und Abtreibungen wieder überall in den USA erlauben. Kamala Harris sei „eine radikale Linke“, hat Liz Cheney noch vor vier Jahren gewettert.

    Liz Cheney fiel bei den Republikanern nach Trumps Putschversuch in Ungnade

    Und doch stehen die erzkonservative Republikanerin und die demokratische Präsidentschaftskandidatin nun gemeinsam auf einer Bühne. Ausgerechnet in dem kleinen Örtchen Ripon in Wisconsin, wo 1854 die republikanische Partei gegründet wurde. Aber selbst bei einem flüchtigen Rundgang durch das „Old Schoolhouse“, wo die ersten Papiere unterzeichnet worden waren, spürt man schnell, dass diese Partei, die sich damals vor allem gegen die Sklaverei wandte, mit der heutigen Trump-Truppe so gut wie nichts mehr gemein hat.

    „Ich war schon Republikanerin, bevor es Trump gab“, betont Cheney. Tatsächlich hatte die Tochter des einstigen Vizepräsidenten und Irak-Krieg-Architekten Dick Cheney anfangs Trump kräftig unterstützt. Die Abgeordnete aus Wyoming stieg bis auf den dritthöchsten Fraktionsposten auf. Doch nach Trumps Putschversuch im Januar 2021 kam der abrupte Bruch: Cheney stimmte für die nachträgliche Amtsenthebung, wurde Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, von ihrer Partei geschasst und schließlich um das Mandat gebracht.

    Nun ist die 58-Jährige die prominenteste Harris-Unterstützerin aus dem Republikaner-Lager. „Ich habe noch nie für einen Demokraten gestimmt“, gesteht sie in Ripon. Dieses Mal aber werde sie es mit Stolz tun. Nicht nur Amerikas Zukunft, sondern die der ganzen Welt hänge davon ab, dass an der Spitze der USA eine Person stehe, die deren Werte verteidige und die Verfassung achte, lobte sie Harris: „Ich weiß, dass sie unser Land liebt und ich weiß, dass sie eine Präsidentin für alle Amerikaner sein wird.“ Bei dieser Wahl, fordert Cheney, müssten alle Republikaner den „Patriotismus über das Parteibuch“ stellen: „Ich bitte Sie, die verkommene Grausamkeit von Donald Trump abzulehnen.“

    Demokraten feiern Republikanerin Liz Cheney mit Sprechchören

    Das Publikum in Ripon ist eigentlich gekommen, um Kamala Harris zu hören. Der Auftritt von Cheney wurde erst kurz zuvor bekannt gemacht. Nun wird die Republikanerin von Jubel und Sprechchören unterbrochen: „Danke, Liz!“ Auf Plakaten steht: „Country over Party“ (Erst das Land, dann die Partei). Schließlich kommt Kamala Harris auf die Bühne und bedankt sich beinahe ehrfürchtig bei Cheney und ihrem Vater: „Es gehört viel Mut dazu, das offen auszusprechen.“

    Auch Harris‘ Rede konzentriert sich auf Trumps Versuch, das Ergebnis der letzten Wahl ins Gegenteil zu verkehren. Die Herrschaft des Rechts und die friedliche Machtübergabe gehörten zu den „heiligen Prinzipien“ der USA: „Wenn Sie diese Sicht teilen, dann ist für Sie in dieser Kampagne ein Platz, egal in welcher Partei sie sind“, wirbt Harris um Republikaner-Stimmen.

    Kamala Harris passt Cheneys Unterstützung gut ins Konzept

    Von Anfang an hat sich die 59-Jährige bemüht, ihr linkes Image abzustreifen und sich als Kandidatin der Mitte zu präsentieren. Auf dem Parteitag in Chicago ließ sie mehreren Republikanern teilweise prominente Redeplätze einräumen. Bei ihren Auftritten betont Harris immer wieder den Wert des Pragmatismus. So ist es ihr gelungen, ein beachtlich breites Bündnis zu knüpfen, das vom linken Senator Bernie Sanders über die Pop-Ikone Taylor Swift bis zur erzkonservativen Liz Cheney reicht.

    Die Präsentation der profilierten Anti-Trumperin lenkt aber den Blick auch wieder auf das Thema, das Harris anfangs zugunsten einer optimistischeren Botschaft zurückgestellt hatte: die Gefahren für die Demokratie durch einen möglichen Wahlsieg ihres Kontrahenten. Gerade hat Sonderermittler Jack Smith neue Gerichtsunterlagen vorgelegt, die verdeutlichen, wie nahe das Land nach der Wahl vor vier Jahren an einem Staatsstreich war. Systematisch habe Trump versucht, „die rechtmäßigen Ergebnisse in sieben Staaten, die er verloren hatte, zu kippen“, heißt es in der Anklage. Als Trump am 6. Januar 2021 erfuhr, dass sich sein Stellvertreter Mike Pence durch den Aufruhr des rechten Mobs in Lebensgefahr befinde, erwiderte er laut Augenzeugen: „Na und?“.

    Vor diesem Hintergrund klingt Cheneys Mahnung in Ripon umso eindringlicher: „Die Institutionen können sich nicht selbst verteidigen. Das müssen wir, das Volk, machen.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden