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Wahl in Österreich: Reicht Kickls Sieg zur FPÖ-Kanzlerschaft?

Wahl in Österreich

Erdrutschsieg für rechte FPÖ: Reicht Kickls Sieg zur Kanzlerschaft?

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    Herbert Kickls rechte FPÖ liegt bei der Nationalratswahl laut Hochrechnung deutlich vor der konservativen Kanzlerpartei ÖVP. Zusammen hätten beide eine Mehrheit im Parlament. Nach einer Koalition sieht es aber nicht aus.
    Herbert Kickls rechte FPÖ liegt bei der Nationalratswahl laut Hochrechnung deutlich vor der konservativen Kanzlerpartei ÖVP. Zusammen hätten beide eine Mehrheit im Parlament. Nach einer Koalition sieht es aber nicht aus. Foto: Helmut Fohringer, APA/dpa

    Es gleicht tatsächlich einem politischen Erdbeben, das die Österreicherinnen und Österreicher am Sonntag ausgelöst haben: Erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik schafften es die extrem rechten Freiheitlichen der FPÖ unter ihrem Spitzenkandidaten Herbert Kickl, bei einer Nationalratswahl stärkste politische Kraft zu werden.

    Die Prognosen der Wahlforscher hatten größtenteils gehalten: Fast jede dritte gültige abgegebene Stimme, an die 30 Prozent, entfallen auf die Partei des ehemaligen Innenministers Kickl. „Die Österreicher haben heute Geschichte geschrieben“, sagte FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz am Nachmittag, als der Wahlsieg der Freiheitlichen sich abzeichnete. Nun diskutiert das Land darüber, ob es Kickl tatsächlich möglich sein wird, erstmals in der Nachkriegsgeschichte auch den Bundeskanzler zu stellen. Klar ist: Nur fünf Jahre, nachdem das „Ibiza-Video“ die Regierung von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz in die Luft sprengte, ist die konservativ-rechte Mehrheit in Österreich zurück – dieses Mal unter anderen Vorzeichen.

    Skandale tun der FPÖ in Österreich keinen Abbruch

    Die Schwesterpartei der deutsche AfD sorgt seit Jahren stetig auch international für Schlagzeilen ebenso wie für Skandale. Dass noch am vergangenen Freitag der Zeitung Standard ein Video zugespielt wurde, in dem führende FPÖ-Parlamentarier an einem Begräbnis teilnahmen, auf dem das SS-Lied „Wenn alle untreu werden“ gesungen wurde, tat dem Wahlerfolg der FPÖ keinen Abbruch. In einer aktuellen Wahlbefragung des Instituts Foresight, das auch die Hochrechnungen für den öffentlich-rechtlichen ORF erstellt, nennen zwei Drittel der befragten FPÖ-Wähler das Thema Zuwanderung als ihr wichtigstes Wahlmotiv.

    Von einer „Aufholjagd“ und einem „Erfolg“ sprach Christian Stocker, ÖVP-Generalsekretär und Wahlkampfmanager der amtierenden Kanzlerpartei – und das bei einem Rekordminus von rund zehn Prozentpunkten. Rund ein Viertel aller abgegeben, gültigen Stimmen entfielen am Sonntag auf die Partei von Bundeskanzler Karl Nehammer. Den Grund für das Ergebnis sieht Stocker in der Tatsache, dass seine Partei mit Nehammer die amtierende Koalition mit den Grünen führt: Regieren, das sei immer auch „ein Rendezvous mit der Realität“.

    Die Sozialdemokraten landen bei der Nationalratswahl abgeschlagen auf Platz drei

    Abgeschlagen an dritter Stelle und mit dem historisch schlechtesten Ergebnis seit 1945 bei nur rund 20 Prozent: Die Sozialdemokraten von Parteichef Andreas Babler. Der Bürgermeister der Kleinstadt Traiskirchen südlich von Wien hatte im Wahlkampf nicht nur massiven Gegenwind seitens zahlreicher Medien zu kämpfen, sondern musste sich zudem gegen wiederholte, auch offene, Anfeindungen aus den eigenen Reihen zur Wehr setzen. Das war augenscheinlich zu viel Widerstand für den betont linken, kämpferischen Babler: Sein Basis-Wahlkampf konnte nicht entsprechend mobilisieren. Unter lauten „Andi, Andi“-Rufen der Babler-Anhänger musste der SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim die klare Niederlage der Roten im ORF-TV eingestehen.

    Und noch eine Umwälzung brachte der Wahlsonntag: Die Grünen, bisher Juniorpartner in der Regierung, verloren zumindest den Hochrechnungen nach mit einem deutlichen Minus den vierten Platz an die liberalen NEOS, die leicht zulegen konnten. Nicht geschafft haben den Einzug die vier Kleinparteien, darunter auch die Kommunisten. Alle vier scheiterten an der Vier-Prozent-Hürde.

    Offen war am Wahlabend, in welche Richtung die nun folgenden Koalitionsverhandlungen gehen könnten: Beobachter halten eine Neuauflage einer ÖVP-FPÖ Koalition ebenso für möglich wie eine Dreier-Variante, etwa aus ÖVP, den Sozialdemokraten und den liberalen Neos. Eine solche wäre ein Novum in der Alpenrepublik, die Verhandlungen für eine solche „Ampel“-Regierung würden sich entsprechend komplizierter gestalten. Für eine Koalition mit den Freiheitlichen müsste allerdings Wahlsieger Kickl das Feld räumen, denn die ÖVP, allen voran Kanzler Nehammer, schloss auch am Wahlabend eine Zusammenarbeit mit Herbert Kickl aus. Die FPÖ will allerdings an ihrem Spitzenkandidaten Kickl festhalten.

    Nach der Nationalratswahl in Österreich: Wer erhält den Auftrag zur Regierungsbildung?

    Alle Augen richten sich nun in den kommenden Tagen auch auf das österreichische Staatsoberhaupt, Alexander Van der Bellen. Dieser hatte vor dem Wahlkampf auf die Frage, ob er FPÖ-Chef Kickl zum Kanzler ernennen werde, angemerkt, er werde einer Partei, die den Angriffskrieg Russlands nicht verurteile und die EU attackiere, durch sein Handeln „nicht auch noch befördern“.

    Üblich ist in Österreich, dass nach der Wahl der Spitzenkandidat der stimmenstärksten Partei den Auftrag zur Regierungsbildung bekommt.

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