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Von der Leyen bringt Vorschlag zur Vergemeinschaftung von Schulden

Kommentar

Schnell weg mit dem Eurobonds-Gespenst

Stefan Lange
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     Ursula von der Leyen warb im Interview mit der Financial Times vor allem für Eurobonds, die für die neuen gemeinsamen EU-Schulden stehen.
    Ursula von der Leyen warb im Interview mit der Financial Times vor allem für Eurobonds, die für die neuen gemeinsamen EU-Schulden stehen. Foto: Sean Kilpatrick, dpa

    Es war im September 2015, da sagte die damalige Kanzlerin Angela Merkel einen dieser Politikersätze, die für die Ewigkeit gemacht sind. Eine gesamtschuldnerische Haftung innerhalb der EU werde es nicht geben, „solange ich lebe“, erklärte die CDU-Politikerin. Merkel muss nun mit ansehen, wie die Denn die CDU schließt „alle Formen einer Haftung Deutschlands für Schulden anderer Staaten“ kategorisch aus. 

    Vor allem Eurobonds stehen für die neuen gemeinsamen EU-Schulden, für die von der Leyen im Interview mit der Financial Times warb. Die EU nimmt dafür Geld an den internationalen Finanzmärkten auf, die Mitgliedstaaten müssen gemeinschaftlich haften. 

    Griechenland liegt derzeit bei mehr als 160 Prozent Verschuldung

    Die Haushaltslage spricht zunächst für von der Leyens Vorstoß. Der Schuldenstand stieg letztes Jahr im Euroraum auf 12,7 Billionen Euro nach 12,2 Billionen im Jahr davor. Mit Ausnahme von Irland, Portugal, Zypern und Dänemark machten alle anderen 16 Euro-Länder Miese. Vor allem gibt es aber viele Gründe, die gegen den Vorschlag sprechen.

    Unter den Schuldensündern sind alte Bekannte. Griechenland liegt derzeit bei mehr als 160 Prozent Verschuldung, das sind 30 Punkte mehr als zum Ausbruch der Eurokrise im Jahr 2010. Italien ist mit rund 140 Prozent seiner Wirtschaftsleistung verschuldet. Diese Länder würden Eurobonds mit Kusshand nehmen. Denn Staaten mit einem schlechten Kredit-Rating kommen so günstig an frisches Geld, weil die durchschnittliche Bonität der EU die Zinshöhe bestimmt. Solide Länder wie Deutschland mit seiner Schuldenquote von 63 Prozent und einem guten Kredit-Rating hingegen zahlen drauf. Zu Recht lehnte Merkel Eurobonds deshalb ab, zu Recht ist die CDU dagegen, zu Recht auch die Bundesregierung. 

    Frankreich könnte ebenfalls von Eurobonds profitieren

    Von der Leyen wird offenbar nicht von Vernunftgründen geleitet. Ihre Wiederwahl als Kommissionspräsidentin ist unsicher, zu den möglichen Konkurrenten zählt Italiens Ex-Premier Mario Draghi. Der ehemalige EZB-Chef wird dem Vernehmen nach von Frankreichs Regierungschef Emmanuel Macron unterstützt, und hier schließt sich der Kreis. Der Schuldenstand seines Landes ist auf 110 Prozent geklettert. Frankreich könnte also ebenfalls von Eurobonds profitieren und Draghi wiederum gehört zu den Befürwortern.

    Eine Vergemeinschaftung von Schulden gab es in der EU schon einmal. Im Sommer 2020 wurde der 750 Milliarden Euro schwere Corona-Fonds beschlossen, er kann aber für die aktuelle Lage nicht Vorbild sein. Denn die ist selbstverschuldet, wie sich am Beispiel Frankreichs zeigt. Paris hat zuletzt weit über seine Verhältnisse gelebt, im vergangenen Jahr gab der Staat 154 Milliarden Euro mehr aus, als er einnahm. Wer so wirtschaftet, muss selbst sehen, wie er aus der Krise kommt. 

    Deutschland tut gut daran, sich der Vergemeinschaftung von Schulden zu widersetzen und stattdessen auf solide Haushaltsführungen in den Mitgliedstaaten zu dringen. Berlin kommt dabei mehr denn je die Rolle des Stabilitätsankers zu, das muss die Ampel jetzt mit einem soliden Haushalt fürs kommende Jahr untermauern. Sollte auch Deutschland instabil werden, wäre der Zusammenbruch der Eurozone eine schlimme Option. Die Wirtschaft würde weiter abschmieren, noch mehr Produktion ins Ausland abwandern und das Tor für feindliche Übernahmen durch Länder wie China wäre weit geöffnet. Am Ende könnte ein Szenario stehen, das von der Leyen ganz bestimmt nicht will: Der Niedergang der Europäischen Union. 

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