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Visa-Affäre im Auswärtigen Amt: Annalena Baerbock unter Druck

Außenministerium

Visa-Affäre setzt Annalena Baerbock unter Druck

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    Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne).
    Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Foto: Bodo Schackow, dpa

    In der Affäre um die möglicherweise illegale Vergabe von Visa an Menschen aus Afghanistan und anderen Ländern durch das Auswärtige Amt wächst der Druck auf die zuständige Ministerin Annalena Baerbock (Grüne). „Die Vorgänge müssen minutiös aufgearbeitet werden, im Zweifelsfall auch im Rahmen eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses“, sagte Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei unserer Redaktion. Es erhärte sich der Verdacht, „dass im Auswärtigen Amt die Visavergabe zuweilen nach Gutsherrenart und über bestehendes Recht hinweg erfolgt ist“, erklärte der CDU-Politiker. Für die Linkspartei im Bundestag forderte der parlamentarische Geschäftsführer Christian Görke das Außenamt dazu auf, „den Anschein eines Interessenkonfliktes restlos auszuräumen. Beispielsweise über eine externe Überprüfung.“

    Hintergrund sind Vorwürfe, Mitarbeiter des Auswärtigen Amts in Berlin hätten Botschaftsangestellte gezielt angewiesen, bei der Vergabe von Visa großzügig zu entscheiden. Antragstellern soll beispielsweise trotz fehlender Nachweise über ihre Identität und den Status der Verfolgung die Einreise nach Deutschland erlaubt worden sein, wo sie dann Asyl beantragen konnten.

    Behörden ermitteln gegen Annalena Baerbocks Leute

    Die Staatsanwaltschaften Berlin und Cottbus ermitteln gegen Mitarbeiter des Auswärtigen Amts. Drei Verfahren sind es nach Angaben des Außenamtes. Das Ministerium geht einem Sprecher zufolge davon aus, dass es sich insgesamt „um weniger als zwei Dutzend Fälle handelt“. Es seien nach jetzigem Stand alle Einreisevoraussetzungen erfüllt gewesen, die Sicherheitsüberprüfungen waren demnach erfolgreich, „und in allen Fällen wurden auch die Identitäten der Personen zweifelsfrei festgestellt.“

    Thorsten Frei (CDU), Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
    Thorsten Frei (CDU), Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Laut Auswärtigem Amt geht es in den Ermittlungen der Staatsanwaltschaften ausschließlich um afghanische Fälle, in denen sogenannte Proxy-Pässe ausgestellt wurden. „Sie sehen aus wie reguläre Reisepässe, und sie fühlen sich an wie reguläre Reisepässe“, erklärte ein Außenamtssprecher. Diese Proxy-Pässe seien aber „nicht visierfähig“, weil auch Dritte sie abholen könnten. Deutschland erkenne sie deshalb nicht als reguläre Reisedokumente an. Warum einigen Menschen mit diesen Proxy-Pässen trotzdem die Einreise gelang, sei Teil der Aufklärung.

    CDU-Politiker Thorsten Frei zu Visa-Affäre: „Da stinkt was“

    Der CDU-Abgeordnete Frei erklärte, man müsse mit Verdächtigungen vorsichtig sein. „Aber ich habe das Gefühl: Da stinkt was.“ Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wäre das „inakzeptabel und müsste Konsequenzen haben. Strafrechtlich, und auch politisch“. Man dürfe „nicht geltendes Recht durch politische Ideen ersetzen“, sagte Frei. Der Linken-Politiker Görke erklärte: „Günstlingswirtschaft schadet dem Vertrauen der Menschen in den Staat.“ Es sei das Mindeste, alle Fälle lücken- und schonungslos aufzuklären.

    Görke verwies auf eine lange Liste anderer Fälle in der Ampel-Koalition. Ein der bekanntesten ist die „Trauzeugen-Affäre“ um den später von Minister Robert Habeck (Grüne) entlassenen Staatssekretär Patrick Graichen. Verkehrsminister Volker Wissing entließ nach langem Zögern den Leiter seiner Grundsatzabteilung, weil der sich bei der Vergabe von Fördermitteln für Wasserstoffprojekte nicht an die Regeln hielt. Görke erinnerte zudem an die Besetzung von 18 hochdotierten Stelle in Wissings Ministerium. Eine Ausschreibung gab es nicht, in den Genuss sollen der FDP nahestehende Personen gekommen sein. Die Liste geht weiter: Einer von Wissings Referatsleitern soll laut Bild-Zeitung zugleich für die FDP weiter in der Bundesparteizentrale gearbeitet haben. Im Bundesinnenministerium steht nach Spiegel-Recherchen ein für Digitalprojekte zuständiger Abteilungsleiter einem ehemaligen Berater des Unternehmens McKinsey nahe. Demnach kam es unter anderem zu einer Auftragsvergabe mit ungewöhnlichen Konditionen.

    Im Fall Baerbock machte das Magazin Business Insider kürzlich weitere Vorwürfe publik. Demnach vertritt die Frau eines Referatsleiters für Visumrecht als Rechtsanwältin Afghanen, die an der Botschaft in Islamabad (Pakistan) Visa beantragen. Außerdem soll sie Aufträge ohne offizielle Ausschreibung erhalten haben. Der Fall sei dem Ministerium seit Jahren bekannt. Ein Außenamtssprecher wies den Vorwurf der Interessenverquickung zurück und ergänzte: „Ein paar der Behauptungen in dem Bericht sind auch einfach völlig falsch.“ So sei der betroffene Kollege nie Referatsleiter gewesen und sei es auch weiterhin nicht. Der Mann habe sich um Grundsatzfragen gekümmert und nicht um Visaverfahren.

    Vollständige Aufklärung könnte Ministerin Baerbock leisten. Doch sie schweigt zu den Vorwürfen.

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