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Verteidigung: Die Nato rüstet sich für eine unsichere Zukunft

Verteidigung

Die Nato rüstet sich für eine unsichere Zukunft

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    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kann zufrieden sein: Beim Nato-Gipfel zeigten sich die Teilnehmer einig und stellten weitreichende Weichen für die Zukunft.
    Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kann zufrieden sein: Beim Nato-Gipfel zeigten sich die Teilnehmer einig und stellten weitreichende Weichen für die Zukunft. Foto: E. Parra, Europa Press

    Bundeskanzler Olaf Scholz hat trotz Mikrofon für einen Moment Mühe, seine Worte hörbar zu vermitteln. Denn gleich nebenan, im durch Stellwände und dunklen Stoff abgetrennten Saal 13, beginnt plötzlich sein britischer Amtskollege Boris Johnson seine Rede. Zum Abschluss des Gipfelmarathons – erst EU, dann G7, nun Nato – kam es am Donnerstagnachmittag noch einmal zum Pressekonferenzen-Marathon im Madrider Messezentrum, wo die schlichten, fensterlosen Hallen als Kulisse für einen „historischen Gipfel“ dienten, wie ihn

    Tatsächlich trafen die Staatenlenker weitreichende Entscheidungen. Nicht nur läuft seit Mittwoch offiziell das Aufnahmeverfahren von Finnland und Schweden, die als Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ihre jahrzehntelange militärische Neutralität aufgeben. Die Nato will auch die Zahl der Soldaten in hoher Einsatzbereitschaft von 40.000 auf 300.000 erhöhen. Zudem stärkt sie unter anderem ihre Ostflanke. Denn, so heißt es in dem Papier, die Allianz könne „die Möglichkeit eines Angriffs auf die Souveränität und territoriale Unversehrtheit von Verbündeten nicht ausschließen“. Deshalb gibt es nun den laut Stoltenberg „grundlegenden Wandel in unserer Verteidigung und Abschreckung“.

    Nato-Entscheidungen richten sich gegen Putins Ziele

    Es sind Entscheidungen, die im absoluten Gegensatz zu dem stehen, was Putin eigentlich erreichen wollte. Noch Ende vergangenen Jahres hatte der Kremlchef der Nato einen Vorschlag für neue Sicherheitsvereinbarungen unterbreitet. Konkret wollte er unter anderem, dass die Nato den Rückzug von Streitkräften aus östlichen Bündnisstaaten einleitet und von einer erneuten Erweiterung absieht. Statt auf Gesprächsangebote des Westens einzugehen, ließ

    Die Nato vollzog mit diesem Gipfel einen Paradigmenwechsel, beschrieben im neuen strategischen Konzept, das eine politische wie militärstrategische Zeitenwende markiert, wenn man einmal wieder diesen Begriff bemühen will. Sie beinhaltet eine massive Aufrüstung. Viel wichtiger aber: Die westlichen Verbündeten präsentierten sich so einig wie entschlossen. Sogar der türkische Präsident schaffte es, die eigenen innenpolitischen Befindlichkeiten dem großen Ganzen unterzuordnen. Wladimir Putin ist gescheitert mit seinen Spaltungsversuchen. Das ist die gute Nachricht für die Bürger der 30, mit den Beitrittskandidaten Schweden und Finnland bald 32 Mitgliedstaaten. Angesichts der neuen Bedrohungen bleibt die Nato der Garant für Europas Frieden und Sicherheit.

    Die Nato hätte sich schon früher rüsten müssen

    Das strategische Konzept ist das zentrale Papier der Nato und auch wenn man bereits vor der Invasion Russlands in die Ukraine eine Anpassung plante, so grundlegend verändert hätten selbst die Verfasser das Dokument noch vor einigen Monaten nicht für möglich gehalten. Es löste jenes aus dem Jahr 2010 ab, als Russland noch als „strategischer Partner“ galt – und die Welt eine andere schien.

    Aber schon bei jenem Gipfel in Lissabon hätte der Einmarsch russischer Truppen in Georgien zwei Jahre zuvor eine stärkere Reaktion der Nato hervorrufen müssen. Stattdessen prägten Naivität und Beschwichtigungen den Kurs der Allianz. Gleichwohl irrlichterte das Bündnis auf Sinnsuche. Seit Putin 2014 die Krim annektierte, war die bislang verfolgte Strategie endgültig überholt. Diese aber anzupassen war in den Folgejahren ausgeschlossen mit Donald Trump als US-Präsident, der den Daseinszweck der Nato offen infrage stellte. Umso mehr Erleichterung herrscht im Kreise der Partner, dass in der jetzigen Krise mit Joe Biden der vermutlich letzte große Transatlantiker im Weißen Haus sitzt. Er versprach am Donnerstag, man werde die Ukraine „so lange unterstützen, wie es nötig ist“, um sicherzustellen, dass das Land nicht von Russland besiegt werde.

    Russland sieht "imperialistische Absichten"

    Derweil hallten aus Moskau nur weitere Propaganda-Phrasen nach Madrid. Die Nato verfolge mit der Erweiterung imperialistische Absichten, meinte der Kreml-Chef. Scholz bezeichnete die Anschuldigung als „lächerlich“. Das Bündnis sei eine rein defensive Allianz und für niemanden eine Bedrohung. „Tatsächlich ist es Putin, der Imperialismus zum Ziel seiner Politik gemacht hat und zum Gegenstand seiner

    Dass auch in Zukunft in der Nato nicht alles einfach sein wird, machte allerdings zuletzt das Verhalten des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan deutlich. Allem Erfolg zum Trotz: Er verzögerte wochenlang den Start des Verfahrens für die Aufnahme von Schweden und Finnland, um eine stärkere Unterstützung der beiden Länder im Kampf gegen „Terrororganisationen“ wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu erzwingen.

    Immer wieder vermutet wurde auch, dass die Türkei ihr Ja an Zusagen von Bündnispartnern wie den USA knüpfte. Kurz nachdem Erdogan seine Blockade am Dienstagabend aufgegeben hatte, kündigte die US-Regierung am Mittwoch an, die von Erdogan angestrebte Modernisierung der türkischen Flotte an F16-Kampfjets zu unterstützen. Ein solcher Schritt sei „ein Beitrag zur Sicherheit der Nato und damit zur Sicherheit der

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