Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Verkehr: Führt das Neun-Euro-Ticket zu vollen Zügen und Fahrgast-Frust?

Verkehr

Führt das Neun-Euro-Ticket zu vollen Zügen und Fahrgast-Frust?

    • |
    Das Neun-Euro-Ticket könnte im Sommer zu vollen Zügen führen.
    Das Neun-Euro-Ticket könnte im Sommer zu vollen Zügen führen. Foto: Daniel Bockwoldt, dpa

    Die Nachfrage nach dem Neun-Euro-Ticket ist gewaltig: Allein über ihre digitalen Kanäle hat die Bahn bereits eine Million Tickets verkauft, zwischenzeitlich brachen gar die Server zusammen. Doch während Verbraucherinnen und Verbraucher sich auf günstige Zugfahrten freuen, warnen der Fahrgastverband Pro Bahn und die Eisenbahnergewerkschaft vor möglichen Problemen.

    „Mit dem Neun-Euro-Ticket werden wie mit einem Brennglas etliche Defizite des Systems Schiene beleuchtet, die zwar der Branche bekannt sind, aber von der Politik bislang nicht erfolgreich gelöst wurden“, sagt Andreas Barth, stellvertretender Vorsitzender von Pro Bahn Oberbayern. Barth spricht von Bahnsteigen, die zu kurz sind, oder Zügen, die nur eingleisig verkehren können. All das werde noch problematischer, sollten die Strecken durch das günstige Ticket überlastet werden. Barth mahnt, dass neben Vorhaben wie dem Neun-Euro-Ticket der dringende Ausbau der Bahn-Infrastruktur nicht vernachlässigt werden dürfe.

    Die Bahnen dürften trotz zusätzlicher Züge mit dem Neun-Euro-Ticket voll werden

    Die Bahn will ab dem 1. Juni 50 zusätzliche Züge und damit rund 250 Fahrten mehr als zu normalen Zeiten anbieten. Trotzdem dürfte es auf vielen Strecken eng im Waggon werden. „Wo es bisher schon sehr voll war, wird es besonders voll werden“, sagt Pro-Bahn-Vertreter Barth. Das gelte vor allem für Strecken, die für Touristen attraktiv sind. Errol Yazgac, Chef der Pro-Bahn-Bezirksgruppe Schwaben, nennt etwa die Verbindungen Augsburg–Kempten–Lindau oder

    Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sieht das Neun-Euro-Ticket einerseits „als Chance für den Nahverkehr in Deutschland“. Vizechef Martin Burkert, gerade beim Europa-Kongress der Eisenbahner in Budapest, sagte unserer Redaktion: „Unser Ziel ist ein kostenloser Nahverkehr wie in Luxemburg.“ Er hege andererseits aber auch eine große Befürchtung: „Dass die Fahrgäste ihren Frust an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auslassen, wenn etwas nicht klappt. Deshalb bitten wir die Reisenden um Solidarität.“ Es zeichne sich schon heute ab, dass es an einigen Bahnhöfen eng wird. „Der erste Stresstest kommt über die Pfingstfeiertage, wenn viele Leute einen Ausflug machen wollen“, sagte er. Vor allem die Bahnhöfe Nürnberg, München und Stuttgart könnten an ihre Grenzen kommen, auch zwischen Augsburg und Ulm könne es eng werden.

    Auswirkungen des Neun-Euro-Tickets sollen wissenschaftlich untersucht werden

    Heike Moll, Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats und Mitglied im Aufsichtsrat der Bahn, sagte: „Bei den Eisenbahnern gibt es die Sorge, dass es am Ende heißt, die kriegen es einfach nicht hin.“ Es gebe zwar Notfallpläne der Bahnunternehmen für das Personal, doch keiner wisse, ob die Reserven reichen.

    Mehrere Universitäten haben Forschungsprojekte gestartet, um die Auswirkungen des Neun-Euro-Tickets auf das Verhalten der Menschen zu beleuchten. „Hier findet gerade ein gigantisches Realexperiment statt, das wir wissenschaftlich auswerten wollen“, sagt Klaus Bogenberger, Professor an der Technischen Universität München. Man wolle mithilfe der Daten Veränderungen im Mobilitätsverhalten erfassen und Schlussfolgerungen für den Verkehr von morgen ziehen.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden