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Verfassungsschutz: Innenministerin Faeser schärft das Schwert gegen Rechtsextremisten

Verfassungsschutz

Innenministerin Faeser schärft das Schwert gegen Rechtsextremisten

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    Anhänger einer rechtsextremen Kleinstpartei bei einer Demonstration in Kassel.
    Anhänger einer rechtsextremen Kleinstpartei bei einer Demonstration in Kassel. Foto: Swen Pförtner/dpa/Symbolbild

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser will den Kampf gegen Rechtsextremismus weiter verschärfen. Künftig sollen etwa die Finanzströme rechtsextremistischer Organisationen leichter aufgedeckt, das Waffenrecht verschärft und Extremisten konsequenter aus dem Staatsdienst entfernt werden können, sagte die SPD-Politikerin am Dienstag in Berlin. "Wir wollen alle rechtsstaatlichen Instrumente nutzen, um unsere Demokratie zu schützen", so Faeser. Geplant ist demnach auch der Aufbau einer Früherkennungseinheit, die ausländische Manipulations- und Beeinflussungskampagnen aufdeckt. Denn rechtsextreme Akteure und totalitäre Staaten arbeiteten bei ihren Versuchen, die Demokratie mit Falschinformationen im digitalen Raum zu schwächen, Hand in Hand. 

    Verstärkter Kampf gegen Rechtsextremismus: Das Geheimtreffen von Potsdam als Anlass

    Faeser stellte einen neuen 13-Punkte-Katalog zum verstärkten Kampf gegen Rechtsextremismus vor. Ihr Aktionsplan ermögliche es, rechtsextremistische Netzwerke zu zerschlagen, ihre Einnahmen zu entziehen und ihre Waffen wegzunehmen, erklärte sie. Auch die Ein- und Ausreise von Rechtsextremisten soll konsequenter verhindert werden. Allerdings ist ein Teil der vorgelegten Maßnahmen bereits bekannt oder sogar schon beschlossen.

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat in Berlin ihr Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus vorgestellt.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser hat in Berlin ihr Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus vorgestellt. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Die Erweiterung des Instrumentenkastens erfolgt unter dem Eindruck der jüngst aufgedeckten Pläne von Rechtsextremisten, massenhaft Menschen mit Migrationshintergrund zu deportieren. Wie das Recherchenetzwerk Correctiv berichtete, trafen sich in einer Potsdamer Villa Neonazis, finanzstarke Unternehmer und hochrangige Vertreter der AfD, um über die Vertreibung von Millionen von Menschen zu beraten. Das Treffen zeigte, wie vernetzt die rechtsextremistische Szene inzwischen ist - und über welche finanziellen Mittel sie verfügt. Faeser will deshalb die Befugnisse der Behörden für Finanzermittlungen weiter ausbauen. 

    Bislang ist eine umfassende Durchleuchtung der Geldflüsse von Netzwerken oder Organisationen durch den Verfassungsschutz erst dann möglich, wenn von diesen volksverhetzende oder gewaltorientierte Bestrebungen ausgehen. Künftig soll schon ein Gefährdungspotenzial für Ermittlungen ausreichen, in der Konsequenz könnten dann etwa Konten stillgelegt werden. Geldquellen von Rechtsextremisten sollen demnach einfacher erforscht werden können. Dazu will Faeser die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden mit Ordnungsämtern oder der Gaststättenaufsicht stärken - womit auch Veranstaltungen einschlägiger Organisationen und Netzwerke leichter verboten werden könnten. Konsequent unterbinden will Faeser auch die Ein- und Ausreise 

    Die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus mit Hunderttausenden Teilnehmern nannte die Innenministerin ein "positives Signal". Doch um die offene Gesellschaft gegen ihre Feinde zu verteidigen und zu verhindern, "dass Rechtsextremisten wieder Macht in diesem Land bekommen", brauche es auch robuste staatliche Werkzeuge. Es gelte, rechtsextremistische Netzwerke genauso zu behandeln wie Gruppen der Organisierten Kriminalität. "Bei Rechtsextremisten jeden Stein umzudrehen, das muss das Ziel sein", sagte Faeser. Denn Rechtsextremismus bleibe die "größte Bedrohung für unsere demokratische Grundordnung". 

    Union fordert: Auch andere Extremisten konsequent bekämpfen

    Kritik kommt aus der Union - nicht am Maßnahmenpaket selbst, sondern daran, dass die SPD-Innenministerin andere Erscheinungsformen von Extremismus kaum erwähnt. CDU-Innenexperte Alexander Throm sagte unserer Redaktion: "Frau Faeser hat erneut die Chance vertan, mit einer ganzheitlichen Strategie gegen jede Art von Extremismus aufzufahren." Stattdessen liege der Fokus einmal mehr "einzig auf der Bekämpfung rechtsextremistischer Tendenzen". Dieser Kampf sei "wichtig und richtig", so Throm, "die Ministerin vernachlässigt aber sträflich die Gefahren von Islamismus und Linksextremismus und den damit zusammenhängenden Antisemitismus". Dies sei "unverantwortlich". Throm weiter: "Gerade bei islamistischem Extremismus ist es essenziell, dass wir endlich Finanzströme und Auslandsfinanzierung aufdecken und antisemitische Entwicklungen bekämpfen."

    CDU-Innenpolitiker Alexander Throm.
    CDU-Innenpolitiker Alexander Throm. Foto: Melissa Erichsen, dpa

    Der Verfassungsschutz warnt hingegen explizit vor einer Ausweitung der rechtsextremen Netzwerke. Nach Angaben von Thomas Haldenwang, dem Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, werden derzeit 38.800 Personen in Deutschland dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet - dies entspreche einem neuen Höchststand. 14.000 von ihnen gelten als gewaltbereit. Zu beobachten sei in den vergangenen Jahren eine Veränderung der personellen Zusammensetzung im rechtsextremistischen Bereich. Neben den altbekannten Neonazis träten zunehmend sogenannte "Neue Rechte" auf, Mitglieder der "Identitären Bewegung" mit dem Österreicher Martin Sellner als Galionsfigur, dazu Personen aus dem Umfeld des Magazins "Compact" und dem "Institut für Staatspolitik", sowie "erhebliche Teile der AfD selbst". 

    Rechtsextremisten tarnten sich und versuchten - "Kreide fressend, Schafspelze tragend" -, ihre brutalen Vorstellungen zu kaschieren, mahnte Haldenwang. Sie bedienten sich der Ängste und Krisenerfahrungen in der Bevölkerung, um die politischen Ränder zu radikalisieren und ihre Agenda in die bürgerliche Mitte zu tragen. Beim Rechtsextremismus sei nicht nur auf Gewaltbereitschaft zu achten. "Wir müssen aufpassen, dass sich entsprechende Denk- und Sprachmuster nicht in unsere Sprache einnisten."

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