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Verbraucher: Jede Menge Verordnungen: Was die EU mit der Milch zu tun hat

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Jede Menge Verordnungen: Was die EU mit der Milch zu tun hat

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    Die EU schaut bei Lebensmitteln genau hin, damit die Verbraucher zumindest wissen, was ihnen serviert wird. Auf der Packung von Milch finden sich deshalb viele Angaben zum Produkt und dessen Herkunft.
    Die EU schaut bei Lebensmitteln genau hin, damit die Verbraucher zumindest wissen, was ihnen serviert wird. Auf der Packung von Milch finden sich deshalb viele Angaben zum Produkt und dessen Herkunft. Foto: Arne Dedert, dpa

    Ein Eis am Wochenende, ein Käsebrot am Abend, ein Joghurt zum Frühstück – Milch gehört zu den Grundnahrungsmitteln. Alles zusammengerechnet trinkt jeder Bundesbürger pro Jahr 51,5 Kilogramm Milch. Dazu kommen noch 1,1 Kilo Sahne,

    Verodnungen für Milch: Es beginnt schon bei der Produktion

    Das beginnt bei den Vorschriften über die Produktion. Denn das Futter für das Vieh und die artgerechte Haltung der Tiere sind vorgeschrieben. Wer auf biologische Landwirtschaft setzt, muss 60 Prozent des Futters aus der unmittelbaren Umgebung erwerben. Käufer wie Verkäufer dürfen, wenn sie „Bio“ anbauen, keine herkömmliche Landwirtschaft nebenbei betreiben. Alles für eine biologisch saubere Milch nach EU-Vorstellungen. Das geht bei der Verarbeitung dessen, was als Rohstoff in der Molkerei abgegeben wird, weiter. Ob es sich um Vollmilch, fettarme oder Magermilch handelt – alles ist festgelegt. Wer den Karton mit der Aufschrift „mindestens 3,8 Prozent Fett“ wählt, erhält eine Vollmilch mit natürlichem Fettgehalt. Bei „mindestens 3,5 Prozent Fett“ handelt es sich um ein gänzlich anderes Produkt mit eingestelltem

    Doch der Verbraucher kann, wenn er will, noch mehr über den weißen Muntermacher erfahren, wenn er die Verpackung nur gründlich liest. Denn in einem kleinen ovalen Kreis wird dort nach entsprechenden Kennzeichnungsvorgaben aus Brüssel exakt aufgeführt, aus welchem Land (D = Deutschland) die Milch kommt, in welchem Bundesland (zum Beispiel BY = Bayern) das Produkt eingefüllt wurde. Die fünfstellige Nummer der Produktionsstätte lüftet auch das letzte Geheimnis: Wo wurde die Milch hergestellt? Aufschriften wie „pasteurisiert“, „ultrahocherhitzt“ oder „homogenisiert“ vervollständigen die Verbraucherinformation entsprechend den europäischen Richtlinien. Sollte ein Hersteller die Milch mit Vitaminen oder anderen Zusatzstoffen angereichert haben, muss dies auf der

    Auch bei der Verpackung von Milch spricht Brüssel ein Wörtchen mit

    Noch deutlicher wird der europäische Durchgriff in unseren Alltag aber bei der Verpackung. Im Laufe der Zeit haben sich die so genannten Tetrapack-Kartons gegen Schläuche und Flaschen durchgesetzt, eine schwedische Erfindung aus den 1950er Jahren. Die aseptische Einfüllung keimfreier Milch sorgte für den Siegeszug dieser Verpackung, der allerdings nicht ohne Zwischenfälle verlief. Im Herbst 2005 tauchten Berichte aus Italien auf, denen zufolge Rückstände der Druckchemikalie ITX zunächst in Babymilchprodukten festgestellt worden waren. Noch ehe die europäische Kommission selbst aktiv werden konnte, hatte der Tetrapack-Hersteller Brüssel informiert, eigene Analysen durchgeführt und deren Ergebnisse an die Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) in Parma/Italien weitergeleitet. Von dort gab es nach der Umstellung schließlich Entwarnung. Nicht nur Tetrapack, sondern auch die Milch war gerettet. Europa hatte die Fäden in der Hand.

    Doch damit ist der europäische Einfluss auf ein nahezu alltägliches Produkt noch nicht zu Ende. Schließlich hat Brüssel seit 1984 geregelt, wer wie viel Milch herstellen darf. 2011 wurden rund 152 Millionen Tonnen in den damals 27 EU-Mitgliedsstaaten produziert. Das entsprach einigermaßen genau der Quote. Dieses Instrument sollte eigentlich dazu dienen, den Betrieben kostendeckende Produktion zu garantieren. Der Weg klingt einfach: Brüssel verteilt an die Mitgliedsstaaten Mengenvorgaben, die Deutschland (andere Länder wählen andere Wege) an die Höfe weitergibt. Wer diese vorgegebene Menge produziert, bekommt sein Geld, wer mehr liefert, zahlt drauf. Doch diese Subventionspolitik geriet ins Kreuzfeuer der Interessen, schließlich verhinderte Brüssel, dass die Bauern ihre Produkte selbst entsprechend den Marktbedingungen verkaufen konnten. Am 1. April 2015 lief die Milchquote aus. Seither können die Erzeuger produzieren und liefern, so viel sie wollen. Dennoch unterstützt die EU auch die Hersteller weiter – das so genannte Schulmilch-Programm gehört dazu. Im Rahmen dieses Projektes stellt Brüssel 4,5 Cent Beihilfe für jeden Schüler pro Tag zur Verfügung, wenn dieser sich mit einem Viertel Liter Milch, Milchmischgetränk, Joghurt oder Käse verpflegt. Insgesamt lässt sich die EU diese Idee jährlich bis zu 80 Millionen Euro kosten und erreicht damit 20 Millionen kleine Europäer. „Iss dich gesund, fühl dich wohl“ hat man die Kampagne überschrieben, an der auch die meisten deutschen Bundesländer beteiligt sind – und die zahlreichen Milchproduzenten feste Abnehmer sichert.

    Den Milchbauern geht es trotz EU-Verordnungen nicht besser

    Der Eindruck, dass es den europäischen Milchbauern inzwischen wirtschaftlich besser geht, täuscht. Das hat aber andere Gründe, die die EU wiederum auf den Plan gerufen haben. Denn die endgültige Preisgestaltung findet immer wieder auf dem Rücken der Landwirte statt. Einzelhandelsketten drücken die Verkaufspreise auf deutlich unter einen Euro je Liter, sodass die Bauern zeitweise kaum mehr als 22 Cent für den Liter bekamen. Inzwischen hat die EU eingegriffen, um die Marktmacht der Einzelhandelsketten zu begrenzen.

    In einem einfachen Karton voller Milch steckt also weitaus mehr Europa drin, als die meisten Konsumenten ahnen. Wissen sollten sie es trotzdem. Denn schließlich gilt auch für diesen Zusammenhang zwischen EU und Milch das alte Sprichwort: „Man kann nicht die Kuh verkaufen, aber die Milch behalten.“

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