Alle Augen auf Trump: In den USA sind gestern die Bekanntmachung einer möglichen Anklage gegen Ex-Präsident Donald Trump und dessen Festnahme ausgeblieben. Trump hatte diesen Tag dafür zuvor ins Spiel gebracht und zu Protesten aufgerufen.
Der Staatsanwalt von New York ermittelt gegen den Republikaner wegen Schweigegeldzahlungen. Eine Anklage in dem Fall erscheint immer wahrscheinlicher. Berichten zufolge wird ein zuständiges Geschworenengremium heute erneut zusammenkommen - eine Abstimmung über eine Anklage ist dann möglich. Trump wütete unterdessen weiter gegen die Justiz und machte Stimmung gegen den zuständigen Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg.
Verstieß Trump gegen Wahlkampfgesetze?
Bragg ermittelt gegen den abgewählten Ex-Präsidenten wegen Schweigegeldzahlungen an die Darstellerin Stormy Daniels und das Model Karen McDougal. Die Ermittler beschäftigt die Frage, ob Trump durch die Zahlung womöglich gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen hat.
Schweigegeld ist in den USA nicht illegal, aber die Anklage könnte die 130.000 Dollar für Daniels und 150.000 Dollar für McDougal als im Bundesstaat New York unzulässige Wahlkampfspende darstellen. Trump wertet das Vorgehen als politisch motivierte "Hexenjagd" und hatte gestern als Zeitpunkt seiner "Festnahme" vorausgesagt.
Völlig offen ist nun, wann - und auch ob - es zu einer Anklage kommt. US-Medien halten es nicht für ausgeschlossen, dass noch in dieser Woche Anklage erhoben werden könnte. Darüber stimmt eine sogenannte Grand Jury ab. Das Geschworenen-Gremium entscheidet in den USA nach Vorlage von Beweismitteln durch die Staatsanwaltschaft, ob in einem Fall Anklage erhoben werden soll. Es setzt sich aus Bürgerinnen und Bürgern zusammen, die nach dem Zufallsprinzip aus Wählerunterlagen oder anderen öffentlichen Verzeichnissen ausgewählt werden. Zumeist werden Grand Jurys eingeschaltet, wenn es sich um größere und kontroverse Fälle handelt.
Anklage steht wohl unmittelbar bevor
Die Grand Jury agiert allerdings nicht öffentlich - es ist also unklar, was hinter verschlossen Türen passiert. Gesichert ist aber, dass das Gremium in den vergangenen Wochen etliche Zeugen in dem Fall gehört hat. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass eine Anklage unmittelbar bevorsteht. Als neuer möglicher Termin für eine Abstimmung steht nun der heutige Mittwoch im Raum. Möglich ist auch, dass die Geschworenen dann weitere Zeugen hören. Die Grand Jury besteht in der Regel aus 23 Bürgerinnen und Bürgern. Eine einfache Mehrheit reicht, um für eine Anklage zu stimmen.
Die Anklageschrift wäre zunächst unter Verschluss - sie kann aber auch freigegeben werden. Die Staatsanwaltschaft würde Trump und seine Anwälte in einem nächsten Schritt entsprechend über die Anklage informieren. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die Staatsanwaltschaft dann einen Termin mit Trump vereinbaren würde, so dass dieser sich freiwillig stellen könnte.
Es würden Fingerabdrücke genommen
Trumps Umfeld hatte vorab versichert, dass der Ex-Präsident freiwillig vor Gericht erscheinen werde. Damit wäre eine aufsehenerregende Festnahme nicht nötig. Trump müsste dann höchstwahrscheinlich in New York erscheinen - dort würden seine Fingerabdrücke genommen und Fotos gemacht. All das würde hinter verschlossenen Türen passieren.
Im Anschluss folgt üblicherweise die Verlesung der Anklage - das ist in der Regel öffentlich. Trump könnte dann zum Beispiel auf "schuldig" oder "nicht schuldig" plädieren. Es gilt als wahrscheinlich, dass Trump nach einem solchen förmlichen Prozedere nach Hause gehen könnte.
Medien erwarten, dass ein solcher Termin - sollte es zu einer Anklage kommen - erst in der kommenden Woche ansteht. Es ist aber davon auszugehen, dass Trump oder auch die Staatsanwaltschaft die Anklage bereits zuvor öffentlich machen würden. Trump, der sich erneut um eine Präsidentschaftskandidatur der Republikaner bewirbt, nutzt die aktuelle Aufmerksamkeit rund um den Fall zum Sammeln von Spenden. Außerdem wiegelt er seine Anhänger gegen die Justiz auf. Es gebe kein "Verbrechen jeglicher Art", schrieb Trump gestern auf dem von ihm mitgegründeten Netzwerk Truth Social.
Ex-Vize Pence will beruhigen
Einige Republikaner hatten in den vergangenen Tagen den zuständigen Bezirksstaatsanwalt Bragg ins Visier genommen und scharf angegriffen. Rund um das New Yorker Gericht wurden die Sicherheitsvorkehrungen erhöht.
"Ich würde den Amerikanern davon abraten, sich an Protesten zu beteiligen, wenn der ehemalige Präsident tatsächlich angeklagt wird", sagte gestern Trumps ehemaliger Vize Mike Pence. Dem Parteikollegen Trumps werden ebenfalls Ambitionen auf das Weiße Haus nachgesagt. In den vergangenen Tagen waren Demonstrationen eher klein ausgefallen. Trumps Aufruf zu Protesten weckte aber Erinnerungen an den Sturm auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021. Damals hatte er seine Anhänger angestachelt, bevor sie gewaltsam in das Parlamentsgebäude in Washington eindrangen.
(dpa)