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USA: Warum die Waffengesetze in den USA so locker bleiben werden

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Warum die Waffengesetze in den USA so locker bleiben werden

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    21 Tote sind nach dem Amoklauf in Texas zu beklagen.
    21 Tote sind nach dem Amoklauf in Texas zu beklagen. Foto: Evan Vucci, AP, dpa

    Eigentlich gedenken die Amerikaner am Memorial Day ihrer gefallenen Soldaten. Doch in diesem Jahr war die öffentliche Debatte an dem langen Wochenende ganz von dem grausamen Schul-Massaker in Uvalde dominiert. „Tun Sie etwas!“, rief ein Mann, als Joe Biden bei einem Vor-Ort-Besuch die katholische Sacred-Heart-Kirche in der texanischen Kleinstadt verließ. „Das werden wir!“, versprach der Präsident.

    Doch die Chancen, dass der Amoklauf eines 18-Jährigen in einer Grundschule, bei dem 19 Kinder und zwei Lehrerinnen mit einem halbautomatischen Sturmgewehr getötet wurden, zu einer grundlegenden Korrektur des amerikanischen Waffenrechts führt, sind denkbar gering. Beobachter verweisen darauf, dass nach dem Massaker an der Sandy-Hook-Grundschule in Connecticut 2012 die Bundesgesetze nicht verschärft wurden. Und die Reformen, die die Demokraten nun gegen den erbitterten Widerstand der Republikaner durchzudrücken versuchen, würden weder das Mindestalter für den Waffenkauf anheben noch das bei Attentätern beliebte maschinenpistolenähnliche AR-15 verbieten.

    Der Waffenkult hat in den USA eine lange Geschichte

    Mit europäischem Blick ist der Widerspruch kaum zu verstehen: Die USA haben – vor dem Jemen – die höchste Pro-Kopf-Waffendichte der Welt. Alleine seit Jahresbeginn gab es 213 Massenschießereien. Anschließend verfällt das Land regelmäßig in Schock und Aktivismus. Trotzdem dürfen 18-Jährige, die nicht einmal eine Dose Bier kaufen können, weiter legal halbautomatische Waffen kaufen, wie sie ähnlich das US-Militär im Krieg verwendet.

    Verwurzelt ist der Waffenkult im zweiten Verfassungszusatz der USA, der jedem Bürger das Recht zum Besitz einer Waffe zubilligt. Jahrzehntelang hat die Waffenlobby der NRA mit Werbung, Geldspenden und massivem politischen Druck alles unternommen, eine Regulierung zu hintertreiben. Doch inzwischen spielt der von Korruption und Intrigen geschwächte Verband gar nicht mehr die entscheidende Rolle. Vielmehr ist die Republikaner-Basis immer weiter nach rechts gerückt und hat den freien Zugang zu Waffen zum zentralen Schlachtruf ihres Kulturkampfes gegen „die Linke“ gemacht.

    Als die rechtsradikale republikanische Abgeordnete Lauren Boebert im vorigen Advent samt ihrer mit Sturmgewehren bewaffneten Kinder vor einem Weihnachtsbaum posierte, erntete sie zwar Empörung in den liberalen Medien. Mehrere republikanische Parlamentskollegen kopierten aber begeistert die bizarren Festtagsgrüße. Noch im Jahr 1994 hatte der Kongress mit öffentlicher Unterstützung des Ex-Präsidenten Ronald Reagan ein Verbot von Sturmgewehren beschlossen. Vor zehn Jahren lief das Gesetz aus. Seither findet sich keine Mehrheit mehr für eine Verlängerung.

    Die US-Bevölkerung ist gespalten in der Waffenfrage

    Die amerikanische Bevölkerung ist in der Waffenfrage radikal gespalten. Umfragen belegen zwar Zwei-Drittel-Mehrheiten für ein Verbot der Sturmgewehre und eine verpflichtende Überprüfung aller Waffenkäufer. Doch mehr als die Hälfte der Waffenbesitzer lehnt dies vehement ab. Immer radikaler positionieren sich die rechten Trump-Anhänger, auf deren Stimmen die Republikaner angewiesen sind. „Wenn ich solche Gesetze beschließen würde, würden mich meine Wähler aus dem Amt jagen“, gab der republikanische Senator Kevin Cramer kürzlich offen zu.

    Mit ihren Auftritten bei der NRA-Jahrestagung haben führende Parteigrößen die Richtung vorgegeben. Das Massaker sei die Tat eines „gewalttätigen Psychopathen“, sagte Senator Ted Cruz. Trump machte „das Böse“ verantwortlich.

    Den Demokraten droht bei der Abstimmung eine Niederlage

    Angesichts ihrer hauchdünnen Mehrheiten brauchen die Demokraten im Senat die Stimmen von mindestens zehn Republikanern. Ihr Verhandlungsführer Chris Murphy beschränkt sich deshalb notgedrungen auf kleine Schritte: Er will eine Pflicht-Überprüfung der polizeilichen Führungszeugnisse beim Waffenkauf einführen und die Möglichkeit des gerichtlichen Einzugs von Waffen schaffen, deren Halter unter psychischen Problemen leiden.

    Eine Mehrheit ist bislang dennoch nicht in Sicht. Tatsächlich droht im Gegenteil ein gewaltiger Rückschlag für die Anti-Waffen-Bewegung. Der Supreme Court dürfte nämlich bald über eine Klage gegen die Einschränkung des öffentlichen Waffentragens in New York entscheiden. Beobachter halten es für möglich, dass die rechten Verfassungsrichter die 108 Jahre alte Vorschrift zum Schutz der Öffentlichkeit kippen.

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