Eigentlich braucht der Super Bowl, das Finale der US-Football-Liga, bei dem durchschnittlich 90 Millionen Amerikaner vor dem Fernsehen fiebern, keinerlei Spannungsanreiz. Das Spiel der San Francisco 49er und der Kansas City Chiefs am Sonntag in Las Vegas ist das Sport-Ereignis des Jahres. Doch tatsächlich wurde das Event tagelang von noch einem größeren Spektakel überlagert – der Frage, ob die Sängerin Taylor Swift dort auftaucht und sich vielleicht sogar politisch äußert.
Kommt Taylor Swift zum Super Bowl?
Logistisch scheint ein Spielbesuch der 34-jährigen Pop-Ikone, die am Tag zuvor auf ihrer "Eras"-Tournee noch ein Konzert in Tokio gibt, zwar herausfordernd, dank des Privat-Jets aber machbar. Alle 475 Flugzeug-Parkplätze auf den vier Airports in Nähe zu Las Vegas sind zwar ausgebucht, aber aus Kreisen verlautete, das Problem sei gelöst. Swift ist seit einiger Zeit mit Travis Kelce, dem Star der "Chiefs" zusammen und wird nun im Stadion erwartet. Im Zeitalter von Donald Trump ist das weit mehr als eine Personalie.
Anhänger von Verschwörungstheorien sind gar überzeugt, dass die Romanze des Mega-Pop-Stars und des Football-Players kein Zufall ist. "Ich frage mich, wer wohl den Super Bowl gewinnen wird", raunte der ausgeschiedene republikanische Präsidentschaftskandidat Vivek Ramaswamy schon vor zwei Wochen und spekulierte, das künstlich gehypte Erfolgspaar werde bald seine Unterstützung für Joe Biden bei den Präsidentschaftswahlen bekannt geben.
Rechte Verschwörungstheorien um Pop-Ikone Taylor Swift
Der ultrarechte Blogger Mike Crispi wurde noch deutlicher: "Die National Football-Liga ist komplett zugunsten der Kansas City Chiefs manipuliert. Das alles dient dazu, die Propaganda der Demokraten zu verbreiten: Kansas City gewinnt, fährt zum Super Bowl, und Swift erscheint in der Halbzeitpause mit Kelce auf dem Spielfeld und unterstützt Joe Biden." Für die Konspirationsfreunde ist es keine Frage, wer im Hintergrund die Fäden zieht: Fox-Moderator Jesse Watters unkte ernsthaft über eine Operation der "psychologischen Kriegsführung" eines "Deep State" im Auftrag von Biden.
Nicht alle Republikaner sind dermaßen durchgeknallt, aber viele eint eine feindselige Sicht auf Taylor Swift. "Mische Dich nicht in die Politik ein", drohte Fox-Moderatorin Jeanine Pirro, eine enge Trump-Vertraute, in ihrer TV-Sendung. "Niemand will das", sagte sie.
Täglich schießen neue Gerüchte und Spekulationen ins Kraut. Wahr ist, dass Taylor Swift sich lange aus der Politik herausgehalten hat. Erst nach dem Wahlsieg von Trump unterstützte sie zwei demokratische Politiker in ihrer Heimat Tennessee und machte sich für die Rechte von LGBTQ-Menschen und schärfere Waffengesetze stark. 2020 griff sie bei Twitter den damaligen Präsidenten an, weil dieser "sein ganzes Leben lang das Feuer des Rassismus geschürt" habe und drohte ihm später auf ihrem Instagram-Konto, das 280 Millionen Follower hat: "Wir werden Dich im November abwählen." Schließlich rief sie direkt zur Wahl von Biden und Kamala Harris auf.
Joe Biden verwechselt Taylor Swift mit Britney Spears
Die enorme Popularität der Sängerin bei ihrer riesigen Fangemeinde lässt Republikaner nun fürchten, dass in diesem Wahljahr etwas Ähnliches passieren könnte. Dass Swifts Freund Travis Kelce zudem in einem TV-Spot des Pharmakonzerns Pfizer einst Werbung für die Covid-Impfung machte, befeuert die Erregung weiter. Eigentlich müssten ein Football-Star und eine Pop-Ikone das ultimative Traumpaar aller Amerikaner sein. Doch für die Rechten sind sie ein Horror-Duo. "2024 geht es um MAGA gegen Swifties", formulierte die rechtsradikale Bloggerin und Trump-Bewunderin Laura Loomer die Parole für einen regelrechten Kulturkampf. "MAGA" – das ist die "Make America Great Again"-Bewegung des Ex-Präsidenten. Und "Swifties" heißen die Fans der Sängerin.
Was den Trumpisten Angst macht, beflügelt die Fantasie im Biden-Lager. Dort hofft mancher umgekehrt nach einem Bericht der New York Times auf eine öffentliche Unterstützung der populären Künstlerin, die der geringen Begeisterung gerade von jungen Wählern für den 81-Jährigen entgegenwirken könnte. "Es wäre ein starkes Zeichen, wenn sie sagen würde: Das steht bei dieser Wahl auf dem Spiel und deshalb unterstütze ich Joe Biden", argumentiert Kate Bedingfield, die Ex-Kommunikationschefin des Präsidenten.
Dass dies während des Super Bowls passiert, scheint freilich eher unwahrscheinlich. Aber immerhin hat der Präsident, der privat gerne irische Folk-Musik hört, die Pop-Ikone schon einmal in einer Rede eingebaut – jedenfalls fast. Bei der traditionellen Truthahn-Begnadigung im vorigen November ulkte er über Swifts ausverkaufte Tournee. Doch dummerweise nannte er sie irrtümlich Britney Spears.