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USA: Vor Gericht verliert Donald Trump die Selbstbeherrschung

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Vor Gericht verliert Donald Trump die Selbstbeherrschung

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    Ex-US-Präsident Donald Trump spricht außerhalb des Gerichtssaals.
    Ex-US-Präsident Donald Trump spricht außerhalb des Gerichtssaals. Foto: Eduardo Munoz Alvarez, AP/dpa

    Zwei Stunden lang hat er sich für seine Verhältnisse einigermaßen zurückgehalten. Hat tonlos eine Reihe von Fragen beantwortet, die ihn sichtlich nervten. Ein paar Mal hat er die Lippen zusammengepresst und Grimassen geschnitten, nachdem er von Richter Arthur Engoron mal wieder wegen einer ausschweifenden Replik ermahnt wurde. Der Zeuge Donald J. Trump, „wohnhaft in West Palm Beach“, versucht sich anfangs einigermaßen zusammenzunehmen. 

    Doch um kurz nach zwölf Uhr mittags ist es vorbei mit der Selbstbeherrschung im Gerichtsaal 300 des Justizgebäudes in Lower Manhattan. „Eine Schande ist das“, bricht es da aus dem Mann mit dem orangefarbenen Teint und der blauen Krawatte heraus: „Das ist eine politische Hexenjagd“. Irgendwie scheint es Trump zu befreien, derart aus der Rolle zu fallen. Jedenfalls setzt er aus dem Zeugenstand nun gleich zur Attacke gegen die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James und Richter Engoron an. Eine „Parteisoldatin“ und Schwindlerin sei die Anklägerin, wütet der Ex-Präsident: „Und er“ – sein linker Zeigefinger weist auf den gerade mal einen Meter entfernten Richter – „ist der Betrüger, nicht ich!“ 

    „Fertig?“, fragt Engoron trocken. 

    Michael Cohen hat den Ex-Präsidenten vor Gericht schwer belastet

    Was sich an diesem Montag in dem Prozess über mutmaßlich aufgeblähte Vermögenswerte des Ex-Präsidenten abspielt, hat mit einem normalen Zivilverfahren wenig gemein. „In God We Trust“ steht ehrfürchtig an der Stirnseite des Gerichtssaals, wo Engoron auf einem Podest und rechts neben ihm Trump im Zeugenstand sitzen. Hinter ihnen prangt ein leicht verblichenes, riesiges Wandgemälde, das einen gütig lächelnden Richter und eine Reihe von Herrschaften in Gehröcken zeigt, die ehrfürchtig ihre Köpfe neigen. Der Kontrast zur Realität könnte kaum größer sein: Tatsächlich kennt Trump, der sich schon als autokratischer nächster Herrscher der USA sieht, keinerlei Ehrfurcht und Respekt vor dem Gesetz. Und Engoron hat sich offensichtlich vorgenommen, das Verfahren mit strenger Hand zu leiten. 

    Der Zufall will es, dass die Gegenspieler in diesem Justizdrama beide vor mehr als siebzig Jahren wenige Kilometer voneinander entfernt im New Yorker Stadtteil Queens geboren und aufgewachsen sind. Doch während Engoron sein Studium durch Taxifahren finanzierte und gegen den Vietnamkrieg protestierte, interessierte sich Trump vor allem fürs Geldverdienen. Nun sitzen sich der bisweilen leicht schrullige 74-jährige Jurist und der narzisstische 77-jährige Ex-Reality-TV-Star seit gut einem Monat im Gerichtssaal gegenüber. Trump hat den feinsinnigen, schlohweißen Richter schon mehrfach „linksradikal“ und „gestört“ genannt. Engoron hat zwei Bußgelder über insgesamt 15.000 Dollar gegen den Pöbler verhängt. 

    An diesem Montag nun kommt es erstmals zum direkten Schlagabtausch. Vier Stunden lang wird Trump unter Eid vernommen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, von 2011 bis 2021 den Wert seines Unternehmensreichs um mehrere Milliarden Dollar aufgebläht zu haben, um so an günstigere Bankkredite zu kommen. In den vergangenen Wochen hat das Gericht zunächst Rechnungsprüfer, Steuerberater und Notare vernommen. Vor allem Michael Cohen, die einstige rechte Hand des Firmenpatriarchen, hat Trump schwer belastet. Dessen ältere Söhne Donald Jr. und Eric hingegen waren angeblich kaum beteiligt oder konnten sich nicht erinnern. 

    Das gehört auch zur Taktik des Ex-Präsidenten. „Das liegt sehr lange zurück“, sagt er mehrmals achselzuckend, und: „Vor jedem anderen Gericht wäre das verjährt.“ Doch auf Vergesslichkeit alleine will Trump seine Verteidigungslinie nicht aufbauen. Immerhin geht es in diesem Prozess nicht um politische Vergehen, sondern um seine ganz persönliche Ehre als Geschäftsmann. Mehr noch: Sein ganzer Mythos droht in sich zusammenzubrechen, wenn er vor aller Welt als Hochstapler enttarnt wird. 

    New Yorker Richter zeigt sich genervt von ausschweifenden Antworten

    Also greift Trump zu den Methoden, mit deren Hilfe er schon bis ins Weiße Haus gekommen ist: wilde Attacken, maßlose Prahlerei und schamlose Lügen. „Alles Trump-Hasser und alles Demokraten“ – diese säßen ihm bei dem Prozess gegenüber, pöbelt er bereits nach einer Viertelstunde. Da ermahnt Engoron den Zeugen zum ersten Mal, er möge „keine Reden“ halten, sondern die Fragen beantworten. 

    Den Rüffel wird Engoron in zunehmend nachdrücklicher Form ein halbes Dutzendmal wiederholen. Doch Trump hat kein Interesse daran, zur Sache zu reden, und Staatsanwalt Kevin Wallace lässt ihn erstaunlich frei gewähren. So funktioniert der Immobilienmogul die Verhandlung streckenweise zur Werbeveranstaltung für seine Hochhäuser und Golfplätze um. Der Trump Tower an der Fifth Avenue etwa: „Das ist die beste Location in New York“, brüstet sich Trump. Der Luxusjuwelier Tiffany nebenan „würde das gerne besitzen“. Die Residenz Mar-a-Lago mit ihrem „wunderbaren Ballsaal“ ist ohnehin unerreicht. Nicht 15 Millionen Dollar, wie die Anklage argumentiert, sondern "eine bis anderthalb Milliarden Dollar" sei sie wert. Und der Golfplatz in Schottland liege auf einem „unglaublichen Grundstück direkt an der Nordsee“, unweit von Aberdeen, „der sehr reichen Öl-Hauptstadt von Europa“. Wahrscheinlich sei es „der großartigste Golfplatz, der je gebaut wurde“, wirbt der Zeuge. 

    „Das ist irrelevant“, unterbricht ihn Engoron sichtlich genervt. „Ist es nicht“, widerspricht Trump. 

    Für den Immobilienmogul erklärt das zusammen mit dem veredelnden Markennamen seiner Familie nämlich, weshalb die Besitztümer angeblich viel mehr wert sind, als es unabhängige Gutachter errechnet haben. Überhaupt, doziert Trump, sei die Bewertung von Immobilien subjektiv, und er selbst sei „einer der größten Experten“ darin. Aber natürlich habe er sich nicht um jedes Detail gekümmert. Selbst wenn deshalb einmal eine Zahl danebengelegen haben sollte, sei das irrelevant, denn auf jeder Finanzunterlage habe vorne ein Haftungsausschluss gestanden, der Banken und Versicherungen ausdrücklich zur Prüfung der Angaben aufforderte. 

    So zieht Trump eine ziemliche Show ab. Nur manchmal ahnt man, weshalb Staatsanwalt Wallace die Antworten so ausufern lässt. Offenbar setzt er darauf, dass sich der Zeuge selber seiner unerhörten Lügen überführt. 

    Donald Trump könnte ein Geschäftsverbot erhalten

    Tatsächlich sind einige Aussagen geradezu hanebüchen: Bei der Berechnung der Grundfläche seines Penthouse im Trump Tower habe man vergessen, den Raum für Aufzüge abzuziehen, erklärt Trump ernsthaft die Differenz zwischen den behaupteten 2800 und den tatsächlichen 1000 Quadratmetern. Eine fehlerhafte Angabe zu einem anderen Vermögenswert? „Ich war so beschäftigt im Weißen Haus. Meine Aufmerksamkeit war auf China und Russland und die Sicherheit unseres Landes gerichtet“, redet sich Trump heraus. „Nur fürs Protokoll: Sie waren 2021 nicht Präsident“, kontert Wallace trocken. 

    Zu der 50- bis 100-mal höheren Bewertung seines Anwesens Mar-a-Lago schließlich kommt der Ex-Präsident, weil er die rigiden Nutzungs- und Bauauflagen der Gemeinde ignoriert, die eine Umwidmung des Klubs oder die weitere Bebauung ausschließen. Er habe seinerzeit nur unterschrieben, dass er derartiges „nicht beabsichtige“, erklärt Trump frech: Das heiße nicht, dass er es nicht tue. 

    Derweil wirkt Engoron zunehmend genervt von den Schwafeleien des Zeugen. Einmal, als dessen Verteidiger sagen, „Präsident Trump“ sei eben kein gewöhnlicher Prozessbeteiligter, und man solle ihn seine Sicht der Dinge schildern lassen, entfährt es ihm harsch: „Ich möchte nicht alles hören, was der Zeuge zu sagen hat. Wir wollen Antworten auf Fragen.“

    Wahrscheinlich ahnt der Richter, dass da nicht mehr viel kommen wird. Am Mittwoch will er noch Trumps Tochter Ivanka aussagen lassen. Dann soll der Prozess bis zum 15. Dezember schnell abgebunden werden. Geht es nach Generalstaatsanwältin James, drohen Trump 250 Millionen Dollar Strafe und ein Geschäftsverbot für New York. Doch die Unterstützung seiner loyalen Anhänger bleibt dem republikanischen Präsidentschaftsbewerber wohl erhalten. Noch aus dem Gerichtssaal verschickt er einen neuen Spendenaufruf. „Die regierende Partei instrumentalisiert das Justizsystem, um den führenden Herausforderer zu zerstören“, lamentiert er darin: „So beginnen Diktaturen!“

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