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Trump im Weißen Haus: Vier Lehren aus seiner ersten Woche

USA

Vier Lehren aus der ersten Woche mit Donald Trump

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    US-Präsident Donald Trump ist eine Herausforderung für das politische System - nicht nur in den USA.
    US-Präsident Donald Trump ist eine Herausforderung für das politische System - nicht nur in den USA. Foto: Julia Demaree Nikhinson, dpa

    Es war zwölf Uhr mittags, als Donald Trump seine Hand hob und den Amtseid schwor. High Noon. Er zückte danach keinen Colt, sondern einen Stift, um noch am ersten Tag als neuer US-Präsident eine ganze Flut von Dekreten zu unterzeichnen. Keine Woche ist seither vergangen, und obwohl alles, was er in seinen ersten Tagen im Weißen Haus tut, seinem bekannten politischen Drehbuch entspricht, beobachtet die Welt diese amerikanische Zeitenwende mit einer Mischung aus Staunen und Entsetzen. 

    1. Trump profitiert von den Fehlern der anderen: Manchmal lächelte er, doch die meiste Zeit blickte Ex-Präsident Joe Biden starr geradeaus, als Donald Trump ihn in seiner Antrittsrede vor einem Millionenpublikum als politischen Versager darstellte und regelrecht demontierte. Die demokratische Partei hat ihre Wahlniederlage bis heute nicht verdaut, die Gründe dafür in eigenen Fehlern zu suchen, fällt ihr schwer. Der Wechsel der Spitzenkandidaten kurz vor dem Wahltermin, der mangelnde Fokus auf Alltagsprobleme der Amerikaner, die unbeliebte Vizepräsidentin Kamala Harris, die auf einmal zur Hoffnungsträgerin werden sollte, die trügerische Gewissheit, dass der Zeitgeist auf ihrer Seite sei – all das sorgte dafür, dass Trump einen regelrechten Erdrutschsieg für sich verbuchen kann. „Momentan ist meine größere Sorge, dass die Liberalen möglicherweise nicht selbstkritisch genug sein werden, um ihre Fehler zu erkennen, nicht diszipliniert genug, um es beim nächsten Mal besser zu machen, und nicht demütig genug, um sich zu ändern“, schrieb der Kolumnist Bret Stephens kürzlich in der New York Times

    Es wäre ein großes Risiko. Denn der Wunsch nach tiefgreifenden Veränderungen ist groß in der amerikanischen Gesellschaft. „Das hat sich schon ausgedrückt in der Wahl von Barack Obama – und es hat sich erneut ausgedrückt in der Wiederwahl von Donald Trump“, sagt Julian Müller-Kaler, Leiter des Programms für Strategische Vorausschau beim Stimson Center, einem unabhängigen Thinktank in Washington. Obama stand für einen anderen Stil in der Politik, seine Parole war die der „Hoffnung“, doch ihm fehlten häufig die parlamentarischen Mehrheiten. Die hat Trump nun in der Hand. Die Republikaner haben nicht nur die Mehrheit im Repräsentantenhaus, sie kontrollieren auch den Senat. Damit kann er Gesetzesvorhaben einfacher durch das Parlament bringen - ohne größere Gegenwehr der Demokraten. Das wird Trumps Ruf als Macher weiter festigen.

    „Viele Wählerinnen und Wähler haben in den vergangenen Jahren den Eindruck gewonnen, dass sich ohnehin nichts ändert, egal, wer gerade regiert“, sagt Müller-Kaler. „Da wächst die Sehnsucht nach jemandem, der durchgreift.“ Entsprechende Stimmen werden auch in Deutschland laut. Auch deshalb warnt der Experte, die Signale aus den USA zu leichtfertig als bloßes Phänomen Trump abzutun. „Wenn es in Deutschland die nächste Regierung nicht schafft, Probleme in einer Weise anzugehen, dass die Menschen wirklich ein Ergebnis sehen, dann wird die AfD bei der nächsten Bundestagswahl die stärkste Kraft“, sagt er.  

    2. Es braucht neue Rezepte gegen Populisten: Man müsse seinen Wahnsinn nur deutlich genug aufzeigen, seine Lügen einem Faktencheck unterziehen, dann würden die Menschen schon merken, dass Trump nicht ihr Heilsbringer ist, sondern im Gegenteil eine tödliche Bedrohung für die Demokratie. Wie sehr dieser Versuch gescheitert ist, zeigte nicht zuletzt die Antrittsrede von Donald Trump. Gespickt von Lügen und Rachegelüsten war die – doch seine Anhänger bedachten den neuen Präsidenten mit stehenden Ovationen. „Der Tabubruch ist ein stilbildendes Element von Populisten“, sagt Julian Müller-Kaler. „Sie brechen bewusst Tabus, um ihren Status als Außenseiter zu untermauern.“ Die Wählerinnen und Wähler würden gerade deshalb für einen Mann wie Trump stimmen, weil der als Gefahr für das System dargestellt wird – ein System, vor dem viele den Respekt verloren haben.

    Ein Befund, der immer stärker auch auf Deutschland zutrifft. Wie aus dem sogenannten Deutschland-Monitor hervorgeht, sind hierzulande knapp 40 Prozent der Befragten unzufrieden mit dem Funktionieren der Demokratie - in Ostdeutschland sind es gar über die Hälfte (53 Prozent). 

    „Man muss den Populismus als Fieberthermometer der Demokratie verstehen“, sagt Müller-Kaler. Besser sei es, Populisten zu verpflichten, Lösungsvorschläge vorzulegen für die Probleme, die sie sonst nur benennen. „Wer aber schon versucht, die Probleme möglichst nicht anzusprechen, gibt den Menschen das Gefühl, ihre Sorgen nicht ernst zu nehmen“, sagt er. Das wiederum sei geradezu ein Geschenk für Politiker wie Donald Trump, die sich als letzte Fürsprecher der Gesellschaft inszenieren können.  

    3. Trump will Vergeltung: Es war nicht nur die mangelnde politische Erfahrung, die Donald Trump in seiner ersten Amtszeit ausgebremst hat – es war auch seine Umgebung. Sowohl in der eigenen Partei als auch im Staatsapparat gab es Menschen, die zumindest versucht haben, die demokratischen Spielregeln einzuhalten. Eines der Dekrete, die er unterzeichnet hat, betrifft Bundesbedienstete. Sie sollen künftig als „politische“ Mitarbeiter eingestuft werden.

    Das hat für die Betroffenen weitreichende Folgen, denn so können sie einfacher entlassen werden. Es dürfte sich um Zehntausende Stellen handeln. Die Bediensteten in Ministerien und Behörden seien bislang in der großen Mehrheit neutrale und unparteiische Beamte, deren Jobs besonders geschützt seien, erklärt der Rechtsprofessor an der Georgetown Universität in Washington, Dave Rapallo, der dpa. Nur eine kleine Zahl hochrangiger Posten sei bisher „politisch“ besetzt - also mit Personen, die an den jeweiligen Präsidenten und dessen politische Agenda gebunden seien. Das will Trump ausweiten. Es ist auch sein Versuch, den politischen Gegner zu bestrafen, Vergeltung zu üben.  

    „Frustration und Rache sind ein sehr verbindendes Element“, sagt Julian Müller-Kaler. Die Anhängerschaft von Donald Trump unterscheide sich stark, sie reicht vom Wirtschaftsboss bis hin zum abgehängten Familienvater aus dem Mittleren Westen. „Was all diese Menschen miteinander verbindet, ist die Wut auf das politische Establishment, drauf können sie sich einigen“, so der Experte.

    4. Auch Trump ist nicht allmächtig: Handtellergroße Unterschriften, demonstrativ in die Kamera gehaltene Dekrete: Nicht wie ein vom Parlament abhängiger Präsident, sondern ein allmächtiger König erscheint Trump gerade. Die sogenannten „executive orders“ sind ein wichtiges Machtinstrument für amerikanische Präsidenten. Doch sie haben einen Haken: Die Dekrete können vom nächsten Präsidenten widerrufen werden - und sie können rechtlich deutlich leichter angefochten werden als ein Gesetz. Und das geschieht schon jetzt. 

    „Bei allem, was Trump gerade tut, ist auch sehr viel Show dabei“, sagt US-Experte Julian Müller-Kaler. Zwar würden ihm mit seiner Politik der Dekrete wichtige gesellschaftliche Weichenstellungen gelingen und vor allem der rechte Rand seiner Anhängerschaft wird so unmittelbar für die Wahlentscheidung belohnt. Doch so manches dürfte - so viel ist schon jetzt klar - von Gerichten wieder hinterfragt werden. 

    Tatsächlich hat er die erste juristische Niederlage bereits kassiert. Ein Richter im Bundesstaat Washington blockierte den Versuch, das Recht auf US-Staatsangehörigkeit durch Geburt in dem Land für bestimmte Gruppen einzuschränken. Die entsprechende Verordnung sei „eklatant verfassungswidrig“, erklärte Richter John C. Coughenour. Nach einer Klage mehrerer Bundesstaaten gegen die Trump-Regierung erließ er demnach eine einstweilige Verfügung. Im 14. Zusatzartikel zur US-Verfassung heißt es, dass Personen, die in den Vereinigten Staaten geboren werden, Bürger des Landes sind. Trump argumentiert aber, das gelte nicht, wenn die Mutter bei der Geburt widerrechtlich oder nur temporär in den USA gewesen sei. (mit dpa) 

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    2 Kommentare
    Wolfgang Boeldt

    Och Populismus ist, ich benutze den Begriff sehr gerne: politische Normalität, geworden. Und wenn etwas alltäglich ist, hat es auch seinen Schimpf-Charakter. Oder gibt es führende Politiker die einen belegbaren Freispruch erhalten können?

    Johann Storr

    Ein durchaus aufschlussreicher Kommentar. Den sollten sich die Politiker zu Herzen nehmen. Aber die werden weiterwurschteln wie bisher, bis Hitler 2.0 an der Macht ist.

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