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USA: US-Verteidigungsminister Lloyd Austin auf Tauchstation

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US-Verteidigungsminister Lloyd Austin auf Tauchstation

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    US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat aus einer gesundheitlichen Krise durch Geheimniskrämerei eine politische Krise gemacht.
    US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat aus einer gesundheitlichen Krise durch Geheimniskrämerei eine politische Krise gemacht. Foto: Maya Alleruzzo

    Eine Krankheit ist eine persönliche Angelegenheit. Erst recht eine Krebsdiagnose. Wenn jedoch der Verteidigungsminister der weltgrößten Militärmacht für zwei Wochen aus dem Amt verschwindet, ohne dass das Weiße Haus die leiseste Ahnung über seinen Gesundheitszustand oder seinen Aufenthaltsort hat, dann wird das Private hochpolitisch – erst recht in den USA, wo traditionell die Gesundheitsbulletins der Top-Politiker öffentlich gemacht werden. 

    Tagelang herrschte Rätselraten über Verteidigungsminister Lloyd Austin. Erst am Dienstag ließ der 70-jährige Afroamerikaner mitteilen, dass er sich schon am 22. Dezember wegen einer Prostatakrebserkrankung einer minimalinvasiven Operation unterzogen hatte. Nach Angaben der Klinik kam es am Neujahrstag zu Komplikationen: Austin wurde mit starken Schmerzen in die Intensivstation gebracht, wo man eine Harnwegsinfektion diagnostizierte. Die Heilungschancen seien "exzellent", da der Krebs früh erkannt wurde. Allerdings könne der Prozess langwierig sein, erklären die Ärzte. Austin befindet sich weiterhin in der Klinik. 

    In die Genesungswünsche für Lloyd Austin mischt sich Verärgerung

    In das Mitgefühl und die Genesungswünsche aus dem Kongress mischen sich nun Unverständnis und Verärgerung über die Geheimniskrämerei des Pentagon-Chefs. Schon seit einem Monat wusste dieser von seiner Diagnose, ohne jemand darüber zu informieren. Während der Operation ließ er sein Umfeld in dem Glauben, er arbeite im Homeoffice. Erst am Tag nach seiner Einlieferung in die Intensivstation übertrug er seiner Stellvertreterin Kathleen Hicks, die im Urlaub auf Puerto Rico weilte, einige Aufgaben. Doch weder ihr noch Sicherheitsberater Jake Sullivan berichtete er von seiner Erkrankung. Selbst nach der kryptischen öffentlichen Information über einen Krankenhausaufenthalt am vorigen Freitag und einer verdrucksten Entschuldigung für das Versteckspiel verschwieg er in einem Telefonat mit Präsident Joe Biden am Samstag seine Krebsdiagnose. 

    "Das ist nicht die Art und Weise, wie das geschehen soll", machte John Kirby, der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, am Dienstag aus der Unzufriedenheit des Weißen Hauses keinen Hehl: "Der Präsident ist der Meinung, dass Transparenz gegenüber dem amerikanischen Volk sehr wichtig ist." Deshalb dürfe sich so etwas nicht wiederholen. Noch am selben Tag verschickte das Weiße Haus eine entsprechende Anweisung an alle Ministerien. Der demokratische Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im Senat, Jack Reed, monierte mangelnde Transparenz und Verantwortlichkeit bei diesem "ernsten Vorfall". 

    Biden signalisiert, an seinem Verteidigungsminister festhalten zu wollen

    Wenig überraschend drängen die Republikaner nun auf einen Rauswurf des Ministers und haben sogar schon einen Antrag für ein Impeachment-Verfahren eingebracht. Doch Biden ließ erklären, er wolle an Austin bis zum Ende seiner Amtszeit in einem Jahr festhalten. Anders als sein Vorgänger Donald Trump hat der Präsident sein Kabinett noch nicht ein einziges Mal umgebildet. Die Neubesetzung des wichtigen Ministeramtes müsste auch vom Senat gebilligt werden, wo die Demokraten nur eine Mehrheit von einer Stimme haben. 

    Gleichwohl dürfte die Affäre um Austin damit nicht beendet sein. Immerhin hat das US-Militär während der Abwesenheit des Ministers am 4. Januar mit einem Raketenangriff zwei Mitglieder einer proiranischen Miliz in der irakischen Hauptstadt Bagdad getötet. Die Befehlsstrukturen im Pentagon zu dieser Zeit sind unklar. Auch ist offen, wann Austin seine Dienstpflichten wieder voll erfüllen kann. "Austin hat versucht, seine Privatsphäre zu schützen", schreibt die New York Times: "Aber seine Geheimniskrämerei hat den Krankenhausaufenthalt zu einer regelrechten nationalen Sicherheitskrise aufgebläht." 

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