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USA: Trump erntet Buhrufe statt Wählerstimmen

USA

Trump erntet Buhrufe statt Wählerstimmen

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    Ex-Präsident Donald Trump spricht auf der Libertarian National Convention in Washington.
    Ex-Präsident Donald Trump spricht auf der Libertarian National Convention in Washington. Foto: Jose Luis Magana, AP/dpa

    Donald Trump hatte wohl mit einer Art Heimspiel gerechnet, als er am Samstag eigens von New York nach Washington flog, um als Gastredner beim Parteitag der kleinen Libertären Partei der USA aufzutreten. "Wir werden eine Menge Spaß haben", leitete der republikanische Präsidentschaftskandidat jovial seine Rede ein und setzte dann hinzu: "Im vergangenen Jahr bin ich von der Regierung in 94 Punkten angeklagt worden. Wenn ich vorher kein Libertärer war, bin ich sicher jetzt einer."

    Bei seiner üblichen Zuhörerschaft hätte dem 77-Jährigen dieser vermeintlich lockere, selbstmitleidige Schlenker langen Jubel und "Trump"-Sprechchöre garantiert. Doch die Libertären, eine anarchische Kleinpartei von radikalen Staatsskeptikern, Bürgerrechtlern und Laissez-faire-Kapitalisten, wollten sich erkennbar nicht vereinnahmen lassen. Die ersten lauten Buh-Rufe schallten durch den Ballsaal des Hilton-Hotels.

    300 Trump-Fans besetzten die ersten Reihen

    Es wurde nicht besser. "Hypocrite" (Heuchler) riefen Zuhörer öfter dazwischen. Hinten im Saal hielt jemand ein Transparent mit der Aufschrift "No Wannabee Dictator" (Kein Möchtegern-Diktator) hoch. Trump bekam Beifall für seine Ablehnung kriegerischer Interventionen, für das Bekenntnis zu einem liberalen Waffenrecht und vor allem für das Versprechen, den wegen Internet-Drogenhandel zu lebenslanger Haft verurteilten Silk-Road-Gründer Ross Ulbricht zu begnadigen. Aber für viele andere Lobgesänge auf eigene Leistungen wurde er ausgebuht.

    Irgendwann schien Trump der Kragen zu platzen. Gerade hatten die Zuhörer seine Aufforderung, ihn als ihren Kandidaten fürs Weiße Haus zu nominieren, mit lautem Missfallen quittiert. "Nun gut", sagte Trump pampig, "wenn Ihr verlieren wollt, dann bekommt halt weiter Eure drei Prozent" – ein ziemlich ungalanter Hinweis auf das gewöhnlich schwache Abschneiden der Partei mit rund 800.000 registrierten Wählern bei Präsidentschaftswahlen.

    Die Publikumsbeschimpfung trug nicht zur Verbesserung der Stimmung im Saal bei, die ohnehin angespannt war. Während die mehr als 1000 Delegierten der Libertären nämlich ein Stockwerk tiefer noch über Parteitagsanträge berieten, hatten rund 300 Trump-Fans (viele mit roten Käppis) schon die ersten Reihen in dem öffentlich zugänglichen Vortragssaal besetzt. Libertären-Chefin Angela McArdle eilte ans Mikrofon und forderte die Trump-Anhänger auf, die für die Delegierten reservierten Plätze zu räumen, was nur extrem widerwillig und schleppend sowie unter der Androhung, den Sicherheitsdienst zu rufen, geschah. "Diese Arschloch-Republikaner haben uns unsere Sitze weggenommen", schimpfte eine Delegierte in der vierten Reihe.

    Trump: Keine Bindung zum Publikum und ungewöhnlich kurze Redezeit

    So stand Trumps Versuch, die Libertären zu umgarnen und gegen den "Tyrannen" Joe Biden in Stellung zu bringen, von Anfang an unter keinem guten Stern. Dabei könnten deren Stimmen für ihn angesichts der extrem knappen Umfragen durchaus wichtig sein. Doch ein Auftritt des unabhängigen Präsidentschaftskandidaten Robert F. Kennedy jr. am Vortag hatte schon klargemacht, wem die Sympathien der Polit-Anarchos gelten. Kennedy erhielt tosenden Applaus für seine Fundamentalkritik an der staatlichen Corona-Politik. Trump wurde auch deswegen ausgebuht.

    An keiner Stelle gelang es Trump, einen emotionalen Kontakt mit dem Publikum herzustellen. Uninspiriert und offenbar genervt rasselte er seine Stichworte herunter. Eigentlich waren für den Auftritt im Programm zwei Stunden vorgesehen gewesen. Nach nur 34 Minuten – für den Ex-Präsidenten eine völlig ungewöhnlich kurze Zeitspanne – beendete er seinen Vortrag und verließ die Bühne.

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