Zum Auftakt seiner Präsidentschaft hat Donald Trump seinen "Krieg" gegen große US-Medien mit einem Frontalangriff verschärft. Er warf ihnen vor, böswillig die Zahl der Zuschauer bei seiner Vereidigung als zu niedrig dargestellt und Konflikte zwischen ihm und den Geheimdiensten "erfunden" zu haben. Trump ging sogar so weit, den von ihm kritisierten Medien mit ungenannten Konsequenzen zu drohen und ließ dafür seinen Sprecher Sean Spicer eigens vor Journalisten auftreten. Beschuldigte Medien nannten die Vorwürfe falsch und verwiesen auf Beweise, die Trumps Vorwürfe klar widerlegen würden.
"Es wird in den Medien viel über die Verantwortung der Medien geredet, den Präsidenten rechenschaftspflichtig zu machen", sagte Spicer am Samstag. "Und ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass dies keine Einbahnstraße ist. Wir werden die Medien ebenfalls rechenschaftspflichtig machen. Das amerikanische Volk hat Besseres verdient."
Die Angriffe am ersten vollen Amtstag des Präsidenten erfolgten vor dem Hintergrund von Massendemonstrationen gegen ihn - mit Zahlen, die der "New York Times" zufolge ebenfalls auf mehr Zulauf bei Anti-Trump Demos hinwiesen, als bei seiner Vereidigung.
Trump stieß sich unter anderem an zunächst in Tweets verbreiteten Fotos, die den Publikumsandrang bei der Vereidigung Trumps und der seines Vorgängers Barack Obama vor acht Jahren zeigen - mit einer Fläche, die im Fall Obama dicht bevölkert, bei Trump dagegen teilweise menschenleer ist. Spicer führte die Unterschiede am Samstag unter anderem auf neue weiße Flächenbedeckungen bei der Trump-Vereidigung zurück - was dazu geführt habe, dass leere Abschnitte stärker hervorgetreten seien.
Donald Trump wettert gegen die Medien
Die Bilder zeigten gezielt bestimmte Ausschnitte, um die am Freitag für Trump gezeigte "enorme" Begeisterung zu "minimieren", sagte Spicer. Das sei "schändlich" und "falsch". Trump habe das "größte Publikum angezogen, das jemals Zeuge einer Vereidigung war" - was etwa nach Angaben der Sender CNN und NBC News, der "Washington Post" und der "New York Times" aber klar durch die Fotos und offizielle Statistiken der Washingtoner Verkehrsbehörde über die Nutzung öffentlicher Nahverkehrsmittel vor den jeweiligen Vereidigungen widerlegt wird.
Bereits zuvor hatte Trump bei einem Besuch im CIA-Hauptquartier gegen die Medien gewettert - ein ungewöhnlicher Schauplatz für derartige Attacken. Die Medien gehörten zu den "unehrlichsten menschlichen Lebenswesen auf der Erde" sagte er und über den Zuschauerandrang bei seiner Amtseinführung: "Ich sah auf das Feld herunter - es sah aus wie eine Million, eineinhalb Millionen von Leuten", sagte Trump. "Ehrlich, es sah aus wie eineinhalb Millionen."
Donald Trump widerspricht Zuschauerzahl - aber hat keine Beweise
"Wir haben sie ertappt", machte Trump seinem Ärger über Medien weiter Luft. "Und ich glaube, sie werden einen hohen Preis dafür bezahlen."
Trumps Beraterin Kellyanne Conway verteidigte das Verhalten des Präsidenten und seines Sprechers entschieden. Auf Fragen, warum Trump an seinem ersten vollen Amtstag Spicer geschickt habe, um "widerlegbar falsche" Anschuldigungen zu machen, antwortete Conway in der NBC News-Sendung "Meet the Press", Spicer habe "alternative Fakten" präsentiert. Die Darstellung der Zuschauermenge sei ein weiteres Beispiel für die Unfairness, der Trump in der Berichterstattung ausgesetzt sei.
Der Präsident hatte die CIA am Samstag offensichtlich als Geste der Versöhnung besucht, nachdem er sich wiederholt mit den Geheimdiensten angelegt hatte. So äußerte er lange Zeit hartnäckig Zweifel an der Einschätzung der Spionagebehörden, dass Moskau gezielt versucht habe, die US-Wahl zu seinen - Trumps - Gunsten zu beeinflussen. Diese Position änderte er erst kürzlich. Außerdem hatte er den Spionagebehörden noch vor wenigen Tagen im Zusammenhang mit durchgesickerten Informationen Nazi-Methoden vorgeworfen.
Am Samstag lobte er die Geheimdienste dann in höchsten Tönen ("Ich stehe 1000-prozentig hinter Ihnen") und sagte, die angeblichen Streitigkeiten habe es nie gegeben, sie seien von den Medien erfunden worden.
Das Marketingunternehmen Nielsen, das Einschaltquoten erfasst, berichtete unterdessen, dass sich 30,6 Millionen Menschen Trumps Vereidigung angeschaut hätten. Bei Obama waren es 2009 37,8 und 2013 20,6 Millionen. Trump twitterte am Sonntag dazu: "Wow..31 Millionen haben sich die Amtseinführung angeschaut, 11 Millionen mehr als die sehr guten Einschaltquoten vor vier Jahren!"
Obama und Trump - Chronik einer gegenseitigen Abneigung
Der scheidende US-Präsident Barack Obama verspricht nach dem Wahlsieg von Donald Trump eine reibungslose Machtübergabe, am Donnerstag empfing er seinen Nachfolger bereits im Weißen Haus. Im Wahlkampf hatten beide Männer allerdings keinen Hehl aus ihrer gegenseitigen Abneigung gemacht. Eine Auswahl der zwischen Trump und Obama hin- und hergeschossenen Giftpfeile.
Der Ursprung der Fehde: Trump war 2011 eine treibende Kraft hinter der Verschwörungstheorie zu Obamas Geburtsort. Die sogenannten Birther glauben, dass der erste afroamerikanische Staatschef nicht in den USA geboren wurde und damit gar nicht Präsident sein darf. Ein genervter Obama veröffentlichte schließlich seine Geburtsurkunde aus dem US-Bundesstaat Hawaii - und nahm sich Trump beim jährlichen Korrespondentendinner vor.
»Niemand ist glücklicher, niemand ist stolzer, die Sache mit der Geburtsurkunde endlich geklärt zu haben, als Donald», sagte Obama, während Trump mit grimmigem Blick im Publikum saß. »Denn nun kann er sich endlich wieder auf die bedeutenden Themen konzentrieren - etwa, ob wir die Mondlandung gefälscht haben.»
Schlechtester Präsident der Geschichte: Als Obama eine mögliche Präsidentschaft Trumps im Juli als »beängstigend» bezeichnete, wartete der frisch gekürte republikanische Kandidat nicht lange mit einer Replik. »Ich glaube, Präsident Obama war einer der unwissendsten Präsidenten unserer Geschichte», sagte er. »Er war eine Katastrophe als Präsident. Er wird als einer der schlechtesten Präsidenten in die Geschichte unseres Landes eingehen.»
Tauglichkeitszeugnis verweigert: Angesichts der kontroversen Äußerungen Trumps über Minderheiten nannte Obama den einstigen Reality-TV-Star im August »jämmerlich unvorbereitet» für das höchste Staatsamt. »Der republikanische Kandidat ist ungeeignet, als Präsident zu dienen», sagte der Demokrat.
Gründungsmythos der IS-Miliz: Bei einer Wahlkampfveranstaltung im August erklärte Trump, dass Obama die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) gegründet habe. »Er ist der Gründer des IS», sagte der Milliardär. »Und ich würde sagen, die Mitgründerin ist die schurkige Hillary Clinton.»
Auf Nachfrage bekräftigte Trump, er habe nicht nur gemeint, dass Obama mit seiner Außenpolitik den Aufstieg der Dschihadisten begünstigt habe. »Nein, ich habe gemeint, dass er der Gründer des IS ist», sagte er. »Er ist ihr wichtigster Spieler.»
Schluss mit dem Gejammere: Trump beklagte im Herbst wiederholt, dass die Wahl zu seinen Ungunsten manipuliert werde. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Italiens Regierungschef Matteo Renzi fand Obama dafür klare Worte: »Das Gejammere beginnt, bevor das Spiel vorbei ist?», sagte der Präsident. »Ich rate Herrn Trump, dass er mit seinem Gejammere aufhört und stattdessen für seine Sache wirbt, um Wähler zu gewinnen.»
Kastrophenalarm bei Obamacare: Bei Obamas Gesundheitsreform schwillt Republikanern gewöhnlich der Kamm, auch bei Trump ist das nicht anders. »Obamacare wird niemals funktionieren», sagte er bei der zweiten Präsidentschaftsdebatte im Oktober. Die Kosten seien zu hoch, für die Versicherten und für das ganze Land. »Obamacare ist eine totale Katastrophe.» Trump will das Gesetz, das Millionen Menschen eine Krankenversicherung ermöglichte, nach seinem Amtsantritt rückgängig machen.
Trumps Twitter-Tiraden: Während des gesamten Wahlkampfes bewies Trump ein enormes Mitteilungsbedürfnis über den Onlinedienst Twitter, gerne auch zu nächtlicher Stunde. Mit seinen ungefilterten Botschaften sorgte der Immobilientycoon ein ums andere Mal für Verwunderung und gar Empörung - etwa mit seinem Aufruf, ein angebliches Sexvideo einer früheren Miss Universe zu schauen, die ihn kritisiert hatte.
»Am Wochenende hat sein Wahlkampfteam ihm sein Twitter-Konto weggenommen», spottete Obama vor einigen Wochen und bezog sich dabei auf Medienberichte. »Wenn deine engsten Berater dir nicht mit Twitter trauen, wie können wir ihm mit den Zugangscodes zu den Atomwaffen trauen?» AFP
Im März 2017 wirft US-Präsident Donald Trump Obama einen Lauschangriff auf seine Telefone im Endspurt des Wahlkampfs vor. »Habe gerade erfahren, dass Obama meine Leitung im Trump Tower kurz vor dem Sieg anzapfen ließ», schrieb Trump im Kurzbotschaftendienst Twitter. Er stellte einen Vergleich zur Watergate-Affäre an. Offenbar in Bezug auf Obama fügte Trump hinzu: »Böser (oder kranker) Kerl!»
AZ/dpa