Nüchtern betrachtet hat der Krieg im Nahen Osten nichts mit den amerikanischen Finanzämtern zu tun. Das hindert die Republikaner im Repräsentantenhaus nicht daran, beide Themen zu verknüpfen. Ihr neuer Parlamentschef Mike Johnson will am Donnerstag über einen Gesetzesentwurf abstimmen lassen, der die Freigabe von 14 Milliarden Dollar Militärhilfe für Israel an gleich hohe Kürzungen bei der US-Steuerverwaltung koppelt.
Zwar hat der Vorstoß, der die Demokraten auseinanderdividieren und den finanzpolitischen Hardlinern bei den Republikanern einen Fetisch bescheren soll, keine Realisierungschance. Der Vorstoß sei "dead on arrival" (etwa: ein Rohrkrepierer), ließ Chuck Schumer, der demokratische Mehrheitsführer im Senat, schon wissen. Doch verdeutlicht das durchsichtige Politmanöver eine beunruhigende Entwicklung: Nach den Ukraine- stehen nun auch die Israel-Hilfen der USA auf der Kippe.
Joe Biden legt ein 105-Milliarden-Dollar-Sicherheitspaket vor
Präsident Joe Biden hatte vor knapp zwei Wochen ein 105-Milliarden-Dollar-Sicherheitspaket vorgelegt, das Gelder für die Ukraine, Israel, Taiwan und eine bessere Infrastruktur an der US-Grenze zu Mexiko enthält. Durch die Bündelung der Anliegen hoffte der Demokrat, den wachsenden Widerstand vieler Republikaner gegen eine weitere Unterstützung der Ukraine brechen zu können.
Ziemlich schnell wurde klar, dass dieses Kalkül nicht aufgeht: Die Republikaner bestehen darauf, zunächst über die herausgelösten Israel-Hilfen abzustimmen. Diese würden trotz einiger Widerstände vom linken Demokraten-Flügel im Repräsentantenhaus und im Senat eine überwältigende Mehrheit finden. Doch in seiner ersten wichtigen Amtshandlung verwirft Johnson nun die Chance auf einen überparteilichen Kompromiss und entscheidet sich für eine parteitaktische Provokation ohne jede Aussicht auf Umsetzung.
Streit um Israel-Hilfen und amerikanische Finanzämter
Die von Johnson geforderten Einschnitte von 14 Milliarden Dollar bei der US-Steuerverwaltung treffen nämlich nicht nur eines der Vorzeigeprojekte der Biden-Regierung, die den Etat bewusst aufgestockt hatte, um mehr Steuerfahnder einstellen und Online-Steuererklärungen ermöglichen zu können. Gegenfinanzierungen für Vorhaben der nationalen Sicherheit sind in den USA auch absolut unüblich. Vor allem würde die Rasur der Finanzämter nach Berechnungen unabhängiger Kongress-Experten das Haushaltsloch keineswegs verkleinern, sondern wegen der entgangenen Steuereinnahmen noch vergrößern.
"Die Republikaner drohen, die amerikanische Sicherheit zu untergraben, wenn sie den Reichen und den Konzernen nicht helfen können, bei ihren Steuern zu betrügen", empörte sich Biden-Sprecherin Karine Jean-Pierre über die "politischen Spielchen". Auch aus dem mehrheitlich demokratischen Senat kam eine harte Absage. "Das ist ein Non-Starter", sagte Ron Wyden, der Vorsitzende des Finanzausschusses. Selbst der dortige republikanische Minderheitsführer Mitch McConnell, ein entschiedener Ukraine-Unterstützer, liegt mit den Trump-treuen Parteifreunden im Repräsentantenhaus über Kreuz: Er will das Biden-Paket im Ganzen beschließen.
Häuser des US-Kongresses sind einmal mehr auf Kollisionskurs
Damit befinden sich die beiden Häuser des Kongresses auf Kollisionskurs. Wie der gordische Knoten vor dem in zwei Wochen drohenden Shutdown durchschlagen werden soll, ist völlig unklar.
US-Außenminister Antony Blinken warb in einem Gastbeitrag der Washington Post für die Unterstützung Israels im Kampf gegen die Palästinenserorganisation Hamas und für gleichzeitige Hilfe für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen geworben. Die Hilfe für die mehr als zwei Millionen Palästinenser dort zu streichen, wie einige Mitglieder des US-Kongresses forderten, wäre ein schwerer Fehler, schrieb Blinken in dem am Mittwoch veröffentlichten Beitrag. Dies könnte Israels Sicherheit unterminieren und die Stabilität in der Region gefährden.
Und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin befürchtet einen Erfolg Russlands in der Ukraine, falls die USA ihre Unterstützung für das angegriffene Land nicht fortsetzen sollten. Bei einer Anhörung vor dem Haushaltsausschuss des US-Senats in Washington war Austin am Dienstag danach gefragt worden, wie lange die Ukraine noch Zeit habe, bis Russlands Präsident Wladimir Putin den Krieg gewinnen werde, sollte es keine weiteren US-Militärhilfen für die Ukraine geben. Austin sagte, es sei schwer, einen genauen Zeitrahmen zu nennen. "Ich kann Ihnen aber versichern, dass Putin ohne unsere Unterstützung erfolgreich sein wird", sagte er. "Wenn wir ihnen jetzt den Boden unter den Füßen wegziehen, wird Putin nur noch stärker werden und er wird erfolgreich tun, was er tun will", fügte er hinzu. (mit dpa)