Normalerweise brüstet sich Donald Trump mit Erfolgsgeschichten. Doch die Mail, die der US-Präsident unter dem Signet seiner Kampagne vor wenigen Tagen an seine Unterstützter schrieb, klang dramatisch: "Die Linken pumpen Geld in alarmierendem Umfang zu ihrem Kandidaten, um uns zu schlagen. Die Mafia, die Medien, die Hollywood-Eliten, der Tiefe Staat und der Sumpf wenden sich gegen Dich", zeterte er und bat dringend um eine Spende.
Medien: Biden fährt im August Rekordsumme an Spenden ein
Der Bettelbrief kommt nicht von ungefähr. Wie kein früherer Präsident hat Trump seit dem Tag seiner Amtseinführung vor dreieinhalb Jahren gewaltige Summen für seine Wiederwahl eingesammelt. Doch 60 Tage vor der Wahl ist ein Großteil des Geldes verpulvert. Die Kriegskasse von Herausforderer Joe Biden ist deutlich praller gefüllt. Insider befürchten laut New York Times gar einen "Liquiditätsengpass" der Trump-Kampagne.
Nach Durchsicht von tausenden Dokumenten zeichnet die Zeitung ein verheerendes Bild von Trumps Finanzlage. Ursprünglich hatte sein Geldpolster als wichtigster Vorteil gegenüber seinem Gegenkandidaten gegolten, der nahezu pleite in das Rennen startete. Seit Anfang 2019 sammelte die republikanische Wahlkampforganisation 1,1 Milliarden Dollar ein, doch 800 Millionen wurden bereits ausgegeben. Derweil hat Biden, der im Januar nicht mal neun Millionen einsammeln konnte, sein Konto aufgefüllt: Allein im August kassierte er Spenden von 364 Millionen – eine Rekordsumme.
Dafür geben die Präsidentschaftskandidaten Geld aus
Vor allem für Fernsehspots, Ankauf von Daten und Mobilisierung von Spendengeldern geben die Präsidentschaftskandidaten im Vergleich zu den deutschen Parteien, die zusammen im Bundestagswahlkampf 2017 weniger als 100 Millionen Euro zur Verfügung hatten, traditionell schwindelerregende Summen aus. Bei Trumps Kampagne saß das Geld offenbar besonders locker. Die New York Times berichtet von Dienstwagen, üppigen Gehältern für einige der 2000 Mitarbeiter und edlen Büroräumen. Mehr als 100 Millionen Dollar ließ man sich eine TV-Kampagne vor dem Parteitag kosten. Seitdem kocht der Werbeauftritt auf Sparflamme.
In dem Artikel wird indirekt der kürzlich abgelöste Wahlkampfmanager Brad Parscale für das Missmanagement verantwortlich gemacht. Doch der beteuert, alle Investitionen seien mit der Trump-Familie abgesprochen. Tatsächlich hat Trump selbst hohe Kosten verursacht. 21 Millionen benötigte er für seine Anwälte unter anderem im Impeachment-Verfahren. Lara Trump und Kimberly Guilfoyle, die Partnerinnen von Trumps Söhnen Eric und Donald jr., stehen mit jeweils 180.000 Dollar im Jahr nach Medienberichten ebenfalls auf der Gehaltsliste der Kampagne. Schließlich schlägt Trumps Weigerung, den Parteitag wegen der Corona-Pandemie zu verkleinern, zu Buche: Auf 325.000 Dollar Hotelkosten für das Ritz-Carlton, Amelia Island bei Jacksonville wird seine Kampagne wohl sitzen bleiben.
Fake News und Coronakrise: Wie Trump seinen Bettelbrief begründet
Der Präsident dementierte den Bericht nicht. Stattdessen twitterte er, seine Kampagne habe viel Geld ausgeben müssen, um "die Fake News über unseren Umgang mit dem China-Virus zu kontern". Laut der Agentur Bloomberg erwägt der Milliardär nun, rund 100 Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen lockerzumachen.
Derweil zeigt sich Joe Biden zufrieden mit seinem Geldregen. "Das haut mich um", schrieb er in einer Botschaft an seine Unterstützer. Mehr als vier Millionen Menschen haben den Demokraten inzwischen unterstützt. Darunter befinden sich aber auch viele Großspender mit Schecks bis zu 700.000 Dollar.
Das könnte Sie außerdem interessieren:
- Trump poltert bei Parteitag: "Niemand wird in Bidens Amerika sicher sein"
- Parteitag der US-Demokraten: Michelle Obama teilt gegen Trump aus
- Mehr als 100 Österreicher bekommen Scheck von Trump
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.