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USA: Mehr Bewerber als Präsident: So lief Bidens erster Wahlkampf-Auftritt

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Mehr Bewerber als Präsident: So lief Bidens erster Wahlkampf-Auftritt

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    US-Präsident Joe Biden tritt 2024 wieder an – mit einem deutlich schärferen Ton in Richtung der Trumpianer als beim letzten Mal.
    US-Präsident Joe Biden tritt 2024 wieder an – mit einem deutlich schärferen Ton in Richtung der Trumpianer als beim letzten Mal. Foto: Andrew Harnik, AP/ dpa

    Mit den Fernsehbildern kann der Kandidat wirklich zufrieden sein. Das Publikum klatscht und buht an den richtigen Stellen. Es skandiert "Let's go, Joe!" (Auf geht's, Joe) und "Four more years!" (Noch mal vier Jahre). Und es jubelt, als der Redner ausruft: "Kein Milliardär sollte einen niedrigeren Steuersatz zahlen als Bauarbeiter, Lehrer, Feuerwehrleute, Polizisten oder Krankenschwestern." 

    Wenn man freilich drinnen sitzt in dem spacig-violett ausgeleuchteten Konferenzsaal des Washingtoner Hilton-Hotels, dann sieht man, dass die langen Zuschauerreihen überwiegend von Männern mittleren Alters gefüllt sind. Nicht gerade ein Querschnitt der amerikanischen Gesellschaft, aber auch kein Zufall: Joe Biden hat sich für den ersten öffentlichen Auftritt nach der Video-Ankündigung seiner erneuten Kandidatur eine Tagung der Baugewerkschaft Nabtu ausgesucht.

    Kaum mehr als eine Meile trennt das Weiße Haus von dem Veranstaltungsort. Doch auf dieser kurzen Strecke muss der 80-Jährige einen Rollenwechsel vom amtierenden 46. Präsidenten der USA zum Wahlkämpfer für die 2025 beginnende nächste Amtsperiode hinlegen. Wohl auch deshalb hat Biden vertrautes Terrain gewählt. "Es ist schön, Euch zu sehen", begrüßt er die 3200 Gewerkschafter: "Es ist, als wenn man nach Hause kommt."

    Bidens Rede als Kandidat ist engagierter als mancher seiner Auftritte als Präsident

    Auf den ersten Blick wirkt der Kandidat wie der Präsident: dunkelblauer Anzug, hellblaue Krawatte, schütteres weißes Haar. Aber die Rede klingt engagierter, flüssiger und kraftvoller als mancher Vortrag im Regierungsamt. Und je länger Biden redet, desto mehr kommt der Bewerber von 2020 zum Vorschein, der vom Küchentisch seiner Eltern, den Lebensweisheiten seines Vaters über den Wert der Arbeit und vom zu frühen Tod seines Sohnes Beau erzählt. "Ich sehe die Welt durch die Augen von Scranton, wo ich aufgewachsen bin", versichert der einstige "Middle Class Joe", der sich nun den "gewerkschaftsfreundlichsten Präsidenten der amerikanischen Geschichte" nennt und hinzusetzt: "Darauf bin ich stolz." 

    Der Verweis auf die eigene bescheidene Herkunft, das Werben um die Arbeiterschaft, die rhetorische Distanz zur Wall Street ("Die haben Amerika nicht aufgebaut!") – alles das waren bereits zentrale Motive von Bidens erster Bewerbung ums Weiße Haus. Nun kommt die Erfolgsbilanz der ersten Halbzeit hinzu: Das Corona-Hilfspaket, das dem Land durch die Pandemie half. Das gewaltige Infrastrukturpaket, das auch mithilfe einiger Republikaner durch den Kongress gebracht wurde und nun überall im Land Investitionen in Straßen und Brücken auslöst. Und das Klimagesetz, das bewusst die heimische Industrie fördert.

    "Ich bin von anderen Ländern kritisiert worden", erwähnt Biden die Verstimmung über protektionistische Subventionen in Europa. Aber: "Ich bestehe darauf: Wenn wir amerikanisches Steuergeld ausgeben, werden wir amerikanische Produkte kaufen."

    Biden grenzt sich inzwischen deutlicher von den Trumpisten ab

    Über konkrete Pläne für eine zweite Amtszeit redet Biden nicht: Nur so viel: "Wir haben enorme Fortschritte gemacht. Aber es ist noch viel zu tun. Also lasst uns die Arbeit zu Ende bringen!" Auch die patriotische Beschwörung der amerikanischen Fähigkeiten kennt man vom letzten Wahlkampf. Biden steht für Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und Ernsthaftigkeit. 

    Aber etwas hat sich geändert: Die schon vor drei Jahren blauäugig klingenden Appelle für eine Versöhnung des tief zerrissenen Landes und eine überparteiliche Zusammenarbeit fallen leiser aus. Umso deutlicher ist die Abgrenzung von den Trumpisten, die Biden die "MAGA-Extremisten" nennt. Sie seien "von einem anderen Holz", zieht der Kandidat eine klare Grenze und nennt "diesen Teil der Republikaner gar eine "Bedrohung": "Sie wollen uns irgendwo hinführen, wo wir nie waren!" Um die Anhänger des Ex-Präsidenten wirbt Biden offensichtlich nicht, wohl aber um die Wechselwähler, die sich von dessen Ausfällen abgestoßen fühlen. 

    Bidens Alter wird bei diesem Auftritt nicht thematisiert

    Nach einer guten halben Stunde kommt der Kandidat zum Ende. Der Beifall ist kräftig, wenn auch nicht euphorisch. Doch Victor Parra wirkt zufrieden. Von ganz hinten hat der Sekretär der Gewerkschaft "Laborers Local 67" aus Oakland in Kalifornien die Rede verfolgt. "Ich stehe zu hundert Prozent hinter dem Präsidenten", sagt der Nachfahre lateinamerikanischer Einwanderer: "Ich mag seine Persönlichkeit, seine Empathie und seine gewerkschaftsfreundliche Agenda." 

    Über das Alter Bidens, der bei seiner erneuten Vereidigung 82 Jahre wäre, ist nicht gesprochen worden. Aber gibt es nicht doch Anlass zu einer gewissen Beunruhigung? "Überhaupt nicht", widerspricht Parra: "Wenn er sich mit einem starken Team umgibt, dann ist alles möglich!"

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