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USA: Können US-Bundesstaaten künftig Schwangerschaftsabbrüche verbieten?

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Können US-Bundesstaaten künftig Schwangerschaftsabbrüche verbieten?

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    Das Recht auf Abtreibung spaltet die US-Gesellschaft.
    Das Recht auf Abtreibung spaltet die US-Gesellschaft. Foto: Alex Brandon, dpa

    Kaum war die Nachricht am späten Montagabend durchgesickert, strömten die ersten Demonstranten zum Supreme Court in Washington. Rund um das schneeweiße Säulengebäude wurden eilig Gitter aufgestellt, über dem Kapitolsberg kreisten um Mitternacht Polizeihubschrauber. "Mein Körper, meine Entscheidung!", skandierten einige der mehreren hundert Protestler wütend. Andere scharten sich niedergeschlagen um brennende Kerzen.

    Die drohende Aufhebung des seit einem halben Jahrhundert geltenden Abtreibungsrechts durch das oberste Gericht hat das Zeug, zum beherrschenden Thema in den USA zu werden, dessen gesellschaftliche und politische Verwerfungen kaum zu überschätzen sind. Durch eine extrem ungewöhnliche Indiskretion ist offenbar der 93-seitige Entwurf für die Ende Juni oder Anfang Juli erwartete Entscheidung in die Redaktion des Magazins Politico gelangt. Bleibt der Supreme Court bei dieser Position, dann können die Bundesstaaten künftig Schwangerschaftsabbrüche selbst nach Inzest oder Vergewaltigung verbieten.

    Kein Bundesgesetz zur Abtreibung – Bundesstaaten dürfen selbst entscheiden

    Anders als in europäischen Ländern gibt es in den USA kein Bundesgesetz zur Abtreibung. Die Vorschriften fallen vielmehr in die Kompetenz der Bundesstaaten. Doch hatte das Verfassungsgericht in seinem bahnbrechenden Urteil "Roe vs. Wade" im Jahr 1973 vorgegeben, dass Schwangerschaftsabbrüche bis zum Beginn der Lebensfähigkeit des Fötus (der Zeitpunkt wird derzeit bei der 23. oder 24. Woche angesetzt) legal sind und nicht bestraft werden dürfen. Gegen diese Entscheidung laufen rechtskonservative und christlich-fundamentalistische Gruppen seit Jahrzehnten Sturm – bislang vergeblich. Im Gegenteil wurde die liberale Rechtsprechung 1992 durch ein weiteres Urteil ("Planned Parenthood vs. Casey") bestätigt.

    Mit der Zementierung der rechten Mehrheit am Verfassungsgericht durch Ex-Präsident Donald Trump aber haben sich die Gewichte entscheidend verschoben. "Wir denken, dass ,Roe und Casey' zurückgewiesen werden müssen", heißt es laut Politico in der vom rechten Richter Samuel Alito verfassten Urteilsbegründung. Rechtsexperten wie der Jura-Professor Neal Katyal, der die Obama-Regierung vor dem Obersten Gericht vertrat, halten das Dokument für echt. Es soll das Ergebnis einer internen Abstimmung widerspiegeln. Offenbar wird die Meinung von fünf der neun Richter geteilt. Nur die drei liberalen Richter wollen am bestehenden Recht festhalten. Der gemäßigt konservative Richter John Roberts plädiert laut Medienberichten in einer Minderheitsmeinung für die Straffreiheit der Abtreibung bis zur 15. Schwangerschaftswoche.

    Mehrheit der Amerikaner unterstützt das geltende Abtreibungsrecht

    Beobachter halten es für extrem unwahrscheinlich, dass die fünf Anti-Abtreibungsrichter ihre Meinung noch ändern. Vielmehr spiegele das Schriftstück deren Meinungen, die auch bei der Verhandlung einer Rechtsänderung im Bundesstaat Mississippi im Dezember deutlich geworden seien. Zwar unterstützt laut Umfragen eine Mehrheit der Amerikaner das geltende Abtreibungsrecht, doch argumentiert Alito ausdrücklich, der Supreme Court dürfe sich nicht von der öffentlichen Stimmung beeinflussen lassen. Die Abtreibung sei nicht durch die Verfassung geschützt. Deswegen sei es Sache der Bundesstaaten, sie zu reglementieren.

    Sollte der Supreme Court das bisherige Recht tatsächlich kippen, dürften Abtreibungen in rund der Hälfte der US-Bundesstaaten vor allem im Süden und im Mittleren Westen verboten werden. Schon in den vergangenen Monaten haben Bundesstaaten wie Texas, Florida und Oklahoma ihre Gesetze drastisch verschärft und teilweise Schwangerschaftsabbrüche ab der sechsten Woche unter hohe Strafen gestellt. Mehr als ein Dutzend Staaten haben schon Vorratsbeschlüsse gefasst, die entsprechende Gesetze unmittelbar nach der Aufhebung des Bundesrechts in Kraft setzen.

    Bernie Sanders fordert ein Gesetz zum Schutz des Rechts auf Abtreibung

    Entsprechend aufgebracht sind nun das liberale Amerika und die Demokraten. Die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, bezichtigte mehrere Verfassungsrichter der "Lüge", weil sie bei ihren Anhörungen für eine Beibehaltung des Abtreibungsrechts plädiert hatten. Linke wie der Senator Bernie Sanders und die Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez fordern, dass der Kongress ein Gesetz zum Schutz des Rechts auf Abtreibung verabschiedet. Dazu aber wären im Senat 60 Stimmen erforderlich, wenn nicht die sogenannte Filibuster-Regelung gekippt wird. Doch das ist nicht in Sicht.

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