Die beiden Moderatoren ahnten wohl, dass ihre Zuschauer vor Schreck den morgendlichen Kaffee verschütten könnten. Ganze fünf Minuten lang redeten Mika Brzezinski und Joe Scarborough am Montagmorgen in einem vorformulierten Dialog auf das Fernsehpublikum ein. „Täuschen Sie sich nicht“, beteuerte Scarborough seltsam pathetisch: „Wir sind nicht hier, um Donald Trump zu verteidigen oder zu normalisieren.“ So wurde eine Kehrtwende eingeleitet, die in der US-amerikanischen Medienwelt genau beobachtet werden dürfte. Schließlich wächst die Angst davor, dass die neue Regierung kritische Sender oder Publikationen entschlossen bekämpfen wird.
Die Frühstücks-Show „Morning Joe“ beim linken US-Sender MSNBC, zu deren treuen Fans der scheidende Präsident Joe Biden gehört, war in den vergangenen sieben Jahren ein mediales Lagerfeuer der Trump-Gegner gewesen. Eindringlich hat das verheiratete Moderatoren-Paar vor der jüngsten Wahl vor den Gefahren des republikanischen Kandidaten für die Demokratie gewarnt und ihn gar mit Adolf Hitler verglichen.
Der Richtungswechsel sorgt für Irritationen
Umso verwunderlicher klang nun die Mitteilung von Brzezinski, dass die beiden Fernsehstars am Freitag zu Trumps Residenz Mar-a-Lago bei Palm Beach gepilgert und vom künftigen Präsidenten empfangen worden seien. Dabei führten sie nicht etwa ein kritisches Interview. Vielmehr ging es um Grundsätzliches: „Joe und ich haben bemerkt, dass es an der Zeit ist, etwas anders zu machen“, erklärte Brzezinski, „und das beginnt damit, nicht über Donald Trump zu reden, sondern mit ihm. Wir sind uns einig über einen Neubeginn der Kommunikation.“
Je länger das Paar redete, desto befremdlicher wurde es. „Es hilft nichts, wenn ich ausraste“, sagte Brzezinski gerade so, als sei ihre dramatische Empörung vor drei Wochen nur gespielt gewesen. Scarborough spekulierte gar, Trump sei zur Zusammenarbeit mit den Demokraten bereit: „Es ist Zeit für einen neuen Ansatz.“
Kritiker sprechen von „Kniefall“ vor Trump
Viele „Morning Joe“-Zuschauer sind geschockt. Am Montag wurde die Plattform X mit negativen Reaktionen geflutet. In einigen Posts wurde die Kehrwende als „schamlos“ bezeichnet, in anderen war von einem „Kniefall“ die Rede. Erste Aufrufe zum Boykott von MSNBC machen die Runde. „Das ist eine widerliche Demonstration vorauseilender Ehrerbietung“, empörte sich der Medienkritiker und Ex-Journalismus-Professor Jeff Jarvis. Auch innerhalb des Senders rumort es. „Das Normalisieren von Trump ist eine schlechte Idee“, postete Katie Phang, die Moderatorin einer Samstags-Show, unmittelbar nach der Sendung auf X.
Doch in amerikanischen Medien wird über einen noch viel dramatischeren Hintergrund des abrupten Richtungswechsels spekuliert: Trump hat im Wahlkampf mehrfach Vergeltungsmaßnahmen gegen kritische Medien angekündigt. So forderte er den Entzug der Sendeerlaubnis für den Sender ABC, weil ihn die Moderatoren des TV-Duells angeblich unfair behandelten. Die derzeitige Chefin der staatlichen Rundfunkkommission FCC wies das Ansinnen zurück.
Der Trump-Hardliner Brendan Carr soll die Rundfunkommission leiten
Doch am Wochenende kündigte Trump die Neubesetzung der FCC-Spitze mit seinem loyalen Gefolgsmann Brendan Carr an. Der hat sich bereits mit der MSNBC-Mutter NBC angelegt, weil die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris kurz vor der Wahl in der Politsatire „Saturday Night Live“ auftreten durfte.
Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass Trump versuchen wird, bei unliebsamen TV-Stationen den Stecker zu ziehen. Sein Lob für den „offenen Austausch“ mit Scarborough und Brzezinski schloss jedenfalls mit einer Drohung: Falls man ihn „nicht fair“ behandele, so Trump, „ist es vorbei“.
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