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USA: Donald Trump und ein Land im Aufruhr

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Donald Trump und ein Land im Aufruhr

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    Menschen stehen vor einem Wandgemälde, das in Gedenken an George Floyd gemalt wurde. In der Nähe der Stelle, an der Floyd von der Polizei so brutal festgehalten wurde, dass er kurz darauf im Krankenhaus starb.
    Menschen stehen vor einem Wandgemälde, das in Gedenken an George Floyd gemalt wurde. In der Nähe der Stelle, an der Floyd von der Polizei so brutal festgehalten wurde, dass er kurz darauf im Krankenhaus starb. Foto: Bebeto Matthews, dpa

    Schweren Schrittes bewegt sich Terrence Floyd auf das überlebensgroße Gemälde zu, das ein Straßenkünstler als Andenken an seinen Bruder George auf die Wand eines Supermarktes in Minneapolis gemalt hat. Wie ein Heiligenschein umgeben die Namen anderer Schwarzer seinen Kopf, die wie George Floyd Opfer von Polizeigewalt geworden sind. Davor haben Menschen Blumen abgelegt. Dann bleibt Terrence stehen. Ungefähr hier muss es gewesen sein. Er beugt sein Knie nahe der Stelle, an der George vor einer Woche unter dem Knie eines weißen Polizisten qualvoll erstickte. Ein Autopsie-Bericht hat inzwischen offiziell den Foltertod in Zeitlupe bestätigte. Der mutmaßliche Mörder Dereck C. sitzt in Untersuchungshaft. Und die USA erzittern in ihren Grundfesten.

    Der Bruder von George Floyd mahnt zu friedlichen Protesten

    Terrence blieb fast so lange auf dem Boden gekauert, wie der Todeskampf seines in Handschellen gelegten älteren Bruders dauerte, der mit ihm im texanischen Houston aufwuchs. Es war ein feierlicher Moment, an einem andächtigen Ort, um den herum in den vergangenen Tagen die Wut der Demonstranten und Flammen der Zerstörung hell aufloderten. Eindringlich flehte Terrence die Menge an, nicht in die Falle der Gewalt zu tappen. „Sie wollen, dass wir uns selbst zerstören”, mahnt er zu friedlichen Protesten.

    Hafsa Islam versteht, wie schwer das vor allem den jungen Menschen fällt, die von dem Rassismus im Alltag zutiefst desillusioniert sind. Selbst in einer progressiven Stadt wie Minneapolis, in der mit Jacob Frey ein 38 Jahre junger Reformer als Bürgermeister regiert, steht Polizeigewalt auf der Tagesordnung. Obwohl Schwarze nur 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, stellen sie 60 Prozent der Opfer von Polizeigewalt der vergangenen zehn Jahre. Die 18-jährige Hafsa verfolgte von ihrem Auto aus zufällig, wie die Polizei George Floyd aus dem Supermarkt zerrte. „Diesen Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen,“ beschreibt sie die Situation in der Washington Post.

    Donald Trump kommt aus dem Bunker

    Was der Tod George Floyds ausgelöst hat, geht weit über die Grenzen der Stadt hinaus. Es ist ein Flächenbrand, wie 1968 nach dem Mord an Martin Luther King, der Mittelzentren und Millionenstädte von Küste zu Küste erfasst hat. In mehr als zwei Dutzend Städten herrscht der Ausnahmezustand, es gibt Tote und Verletzte sowie tausende Festnahmen. Und ein Ende ist nicht in Sicht. In Washington lösten am Montagabend Sicherheitskräfte eine Demonstration auf dem Lafayette-Platz vor dem Weißen Haus mit Tränengas und Gummigeschossen auf. Kurz darauf kündigte Donald Trump im Rosengarten an, die Unruhen notfalls mit dem Militär niederzuschlagen. „So etwas haben die Leute noch nie gesehen”, drohte er.

    Der Präsident unternimmt in seiner kurzen „Rede an die Nation” nicht einmal den Versuch, an die Einheit der Amerikaner zu appellieren. Stattdessen benutzt er sein Auftauchen aus seinem Versteck im Weißen Haus, um sich als „Präsident von Recht und Ordnung” zu verkaufen. Gleich zweimal benutzt er diesen Begriff. Den Gouverneuren aus den 50 Bundesstaaten hatte er zuvor in einer Telefonkonferenz empfohlen, nicht zu zimperlich gegen vorzugehen. Im Rosengarten ging Trump noch einen Schritt weiter. „Bürgermeister und Gouverneure müssen eine übermächtige Präsenz schaffen, bis die Gewalt bezwungen ist.” Ansonsten werde er das Militär einsetzen in ihren Bundesstaaten „und das Problem schnell für sie lösen”. Ob der Präsident gegen den Willen der Gouverneure Truppen schicken kann, ist rechtlich umstritten. In der Regel darf das Militär im Inneren nicht eingesetzt werden.

    Er gebe den „Möchtegern-Diktator“, kommentiert CNN-Korrespondent Jim Acosta den Auftritt Trumps. Dazu passte die martialische Bildsprache. Der zuletzt in einem Bunker unter dem Weißen Haus verschanzte Präsident schritt plötzlich ganz mutig über den eben geräumten Lafayette-Platz, posierte später mit einer Bibel für Fotos. „Wir sind das großartigste Land der Welt”, verkündete Trump. Die Bischöfin der Episkopal-Kirche, Mariann Edgar Budde, ist empört über die verstörende Inszenierung. Die Nation brauche in diesem Moment jemanden, der moralische Führungskraft zeige. „Er spaltet uns nur.”

    Nationalisten wollen einen Rassenkrieg anzetteln

    Als Führungsfigur mit diesen Qualitäten hat sich der New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo während der Corona-Krise profiliert. Er verzichte dankend auf das Militär, erklärte er zu Trumps Auftritt. „Ich stehe hinter den Demonstranten und ihren Zielen”, sagte Cuomo, aber wenn er die Bilder von den Protesten sehe, „fürchte ich hunderte und hunderte neuer Infektionen, nachdem alles gelaufen ist”. Das ist die eine Seite. Die andere hat mit der Intensität der Wut zu tun, die die Sicherheitskräfte am Wochenende erstmals seit einer Ewigkeit die Kontrolle über Stadt verlieren ließ.

    „Wir sind das großartigste Land der Welt”: Donald Trump hält theatralisch eine Bibel in die Höhe. Viele Amerikaner halten seine Politik für einen der Gründe der explosiven Stimmung in den USA.
    „Wir sind das großartigste Land der Welt”: Donald Trump hält theatralisch eine Bibel in die Höhe. Viele Amerikaner halten seine Politik für einen der Gründe der explosiven Stimmung in den USA. Foto: dpa

    Chaos herrscht auch in Atlanta, wo der Fall des Schwarzen Ahmaud Arbery noch in frischer Erinnerung ist, den bewaffnete Weiße umgebracht hatten. „Ich hätte niemals gedacht, dass ich für die Anwesenheit der Nationalgarde dankbar bin”, sagt Bürgerrechtler Timothy McDonald zur täglichen Gewalt, die in der Vorzeige-Stadt des schwarzen Amerika eine Spur der Verwüstung hinterlassen hat. Er glaubt, dass die Randalierer von außen kamen. Diesen Verdacht gibt es überall in den Metropolen. Er richtet sich gegen das Netzwerk weißer Nationalisten und Suprematisten, die im Internet kein Geheimnis daraus machen, einen Rassenkrieg anzetteln zu wollen. Verschiedene US-Medien berichten, wie deren in Hawaii-Hemden gekleideten Anhänger sich unter die Demonstranten mischten und Gewalt ausüben.

    Wer in Louisville in Kentucky in der Nacht zum Montag auf einem Parkplatz im West End auf Polizisten geschossen hat, kann auch niemand sagen. Sicher ist nur, dass David McAtee, der 53-jährige Besitzer eines Restaurants, nun tot ist. Getroffen von einer Polizeikugel. „Mein Sohn hat niemandem etwas getan”, klagt seine Mutter Odessa Riley über den Tod ihres Jungen, der in seinem Restaurant die Polizei umsonst verköstigte. „Und jetzt haben sie ihn getötet”, sagt Riley bitter. Bürgermeister Greg Fischer verspricht, der Sache auf den Grund zu gehen. Dabei ist nicht einmal klar, ob überhaupt jemand auf die Beamten geschossen hat, wie der nun entlassene Polizeichef Steve Conrad behauptet.

    Journalisten werden verhaftet oder attackiert

    Gewalt gegen Journalisten ist der andere große Trend, der sich bei den Unruhen in fast zweihundert Städten überall in den USA abzeichnet. In Minneapolis verhaftet die Polizei einen farbigen CNN-Reporter vor laufender Kamera, in New York wird ein Reporter des Wall Street Journal von Beamten geschlagen und in Los Angeles wirft ein Polizist die mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnete Fotografin Barbara Davidson gegen einen Hydranten. Insgesamt hat der „U.S. Press Freedom Tracker” bereits mehr als hundert Fälle von Gewalt gegen Journalisten dokumentiert, die über die Unruhen berichten. Angestiftet auch durch die beinahe tägliche Hetze gegen die „Lamestream Media” durch den Präsidenten.

    Aber es gibt auch ermutigende Zeichen von Zivilcourage. Polizisten, die spontan ein Knie beugen, um sich mit den Demonstranten zu solidarisieren. Oder den Sheriff von Flint, Christopher R. Swanson, der in der von Rassenkonflikten geplagten Heimat von General Motors in Michigan am vergangenen Wochenende Helm und Knüppel ablegte. „Wir wollen wirklich für Euch da sein”, versicherte Swanson den aufgebrachten Demonstranten. „Geh mit uns”, skandierte die Menge. Swanson setzte sich an die Spitze des Marsches.

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