Trotz des Widerstands von Amtsinhaber Donald Trump treibt der gewählte US-Präsident Joe Biden die Zusammensetzung seiner Regierungsmannschaft voran. Bidens langjähriger Vertrauter Ronald Klain soll Stabschef im Weißen Haus und damit einer seiner wichtigsten politischen Berater werden, wie Bidens Übergangsteam am Mittwochabend (Ortszeit) mitteilte. Biden führte am Abend zudem Gespräche mit den Staats- und Regierungschefs von Japan, Australien und Südkorea, die ihm zum Wahlsieg gratulierten.
Der Demokrat war am Samstag aufgrund von Erhebungen und Prognosen von US-Medien zum Sieger der Präsidentenwahl erklärt worden. Trump weigert sich bislang, seine Niederlage einzugestehen. Er stellt sich als Opfer systematischen Wahlbetrugs dar, ohne dafür stichhaltige Beweise vorzulegen, und klagt in mehreren US-Bundesstaaten - obwohl seine Republikaner auf Ebene des Senats und des Repräsentantenhauses durchaus wichtige Erfolge eingefahren haben.
Obama machte Klain 2014 zum Koordinator der Maßnahmen der US-Regierung in der Ebola-Epidemie
Biden und Klain haben bereits in der Vergangenheit im Weißen Haus zusammengearbeitet, als Biden Vizepräsident unter Barack Obama war: Der heute 59-jährige Klain war zwischen 2009 und 2011 Bidens Stabschef. Er arbeitete auch schon für den Demokraten, als dieser im US-Senat saß und als Biden sich 1988 und 2008 um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bewarb.
"Ron war für mich von unschätzbarem Wert in den vielen Jahren, in denen wir zusammengearbeitet haben", erklärte Biden. "Seine tiefgreifende, vielfältige Erfahrung und Fähigkeit, mit Menschen aus dem gesamten politischen Spektrum zusammenzuarbeiten, ist genau das, was ich von einem Stabschef im Weißen Haus brauche, während wir diesem Moment der Krise begegnen und das Land wieder zusammenbringen." Der Stabschef muss - anders als beispielsweise Minister - nicht vom Senat bestätigt werden.
Obama machte Klain 2014 zum Koordinator der Maßnahmen der US-Regierung in der Ebola-Epidemie. Während der Corona-Pandemie hat sich Klain als Kritiker von Trumps Krisenmanagement hervorgetan. Viel Beachtung fand ein Video, in dem er erklärt, was eine Biden-Regierung in der Pandemie anders gemacht hätte und künftig tun will. Biden hat versprochen, der Bekämpfung der Corona-Pandemie Priorität einzuräumen.
Der Stabschef hat die wichtigste, nicht gewählte Position in der US-Regierung inne
In den Reihen der Demokraten wurde die Personalie positiv aufgenommen. Die Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez, die als Leitfigur des linken Flügels der Demokraten gilt, schrieb auf Twitter: "Gute Nachrichten und eine vielversprechende Wahl." Die Senatorin Elizabeth Warren schrieb, Klain genieße in der gesamten Partei Vertrauen. Er verstehe das Ausmaß der Pandemie und Wirtschaftskrise und verfüge über die nötige Erfahrung, um die künftige Regierung durch diese Krisen zu führen.
Der Stabschef hat die wichtigste, nicht gewählte Position in der US-Regierung inne. Er zählt zum Kabinett, muss aber anders als Minister nicht vom Senat bestätigt werden. Der Stabschef unterstützt den Präsidenten bei seiner täglichen Arbeit: Er kontrolliert, wer Zugang zum Präsidenten hat, verwaltet dessen Terminkalender und regelt den Informationsfluss. In seinen Aufgabenbereich fallen auch Verhandlungen mit dem Kongress. Trump hat seinen Stabschef mehrfach ausgewechselt - Mark Meadows ist der vierte in dem Amt.
Der linke Senator Bernie Sanders brachte sich unterdessen für das Arbeitsministerium in Stellung. "Wenn ich ein Ressort hätte, das es mir ermöglichen würde, für die Arbeiterfamilien einzutreten und zu kämpfen, würde ich es tun? Ja, würde ich", sagte Sanders am Mittwoch (Ortszeit) im TV-Sender CNN auf die Frage, ob er den Job des Arbeitsministers annehmen würde, wenn es ein entsprechendes Angebot gäbe. Der 79-Jährige hatte sich wie Biden um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten beworben.
Rund 1200 der Personalien müssen vom Senat abgesegnet werden
Derweil gibt es weiter keine Anzeichen dafür, dass Trump seine Niederlage eingestehen würde. In mehreren Tweets am Mittwoch machte er deutlich, dass er sich weiterhin als legitimer Sieger der Wahl betrachtet. So behauptete Trump, Wahlbeobachter in seinem Dienst seien in Pennsylvania und Michigan nicht zugelassen worden und dies habe dazu geführt, dass Hunderttausende Stimmen gezählt worden seien, die nicht hätten gezählt werden dürfen. Für Trumps Behauptungen gibt es keinerlei Belege. Twitter versah die Nachricht mit einem Warnhinweis.
Neu gewählte Präsidenten nutzen die zweieinhalb Monate zwischen der Wahl und der Amtseinführung, um ihre Regierungsmannschaft zusammenzustellen. Dabei geht es nicht nur um das Kabinett, Staatssekretäre und Behördenleiter, sondern auch um die Besetzung Tausender Stellen im Weißen Haus, in Ministerien und in Behörden. Rund 1200 der Personalien müssen vom Senat abgesegnet werden. Trumps Regierung verweigert Biden bei der Vorbereitung seiner Präsidentschaft aber die gesetzlich vorgesehene Unterstützung.
US-Medien hatten berichtet, dass Bidens Übergangsteam rechtliche Schritte für eine Möglichkeit hält, um die Blockadehaltung zu brechen. Es gebe auch noch andere Optionen, hieß es ohne Nennung weiterer Details. Biden gab sich am Dienstag betont gelassen: Es gebe nichts, was sein Team derzeit ausbremse, sagte er. Derzeit sehe er auch keinen Bedarf für rechtliche Schritte.
Im Bundesstaat Georgia werden die Stimmen nachgezählt
Auch mehr als eine Woche nach der Wahl gibt es weiter Bewegung bei der Auszählung der Stimmen, die noch nicht abgeschlossen ist. Nach vorläufigen Ergebnissen (Stand 03.30 Uhr MEZ) wurde Biden von mehr als 77,4 Millionen Amerikanern gewählt und erhielt damit rund 5,2 Millionen Stimmen mehr als Amtsinhaber Trump.
Wegen des äußerst knappen Rennens in Georgia lässt der Bundesstaat alle bei der Wahl abgegebenen Stimmen neu per Hand auszählen. Der zuständige Staatssekretär Brad Raffensperger sagte, er gehe davon aus, dass die Neuauszählung das aktuelle Ergebnis bestätigen werde. Biden liegt dort vor Trump, das Ergebnis in Georgia allein ist aber nicht entscheidend für seinen Wahlsieg.
Beglaubigte Endergebnisse der Wahl aus allen Bundesstaaten soll es erst zum 8. Dezember geben, knapp eine Woche bevor die Wahlleute ihre Stimmen für den nächsten Präsidenten abgeben. Das Ergebnis der Abstimmung wird erst am 6. Januar im Kongress bekanntgegeben - erst dann herrscht absolute Rechtssicherheit. (dpa)
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