Am Anfang stehen verstörende Bilder von der gewaltsamen Erstürmung des Kapitols. Am Ende präsentiert sich lächelnd ein dynamischer Joe Biden. "Lasst uns den Job zu Ende bringen! Ich weiß, dass wir das können", sagt der 80-Jährige. Mit einem perfekt inszenierten dreiminütigen Werbespot hat der amerikanische Präsident am frühen Dienstagmorgen seine erneute Bewerbung für das Amt angekündigt. Ernstzunehmende innerparteiliche Gegenkandidaten gibt es nicht. Damit scheint klar, dass Joe Biden 2024 für die Demokraten im Rennen um das Weiße Haus antritt. Die Republikaner müssen ihren Herausforderer noch bestimmen. In Umfragen liegt derzeit Ex-Präsident Donald Trump deutlich vor Ron DeSantis, dem Gouverneur von Florida, sowie Ex-Vizepräsident Mike Pence und Ex-UN-Botschafterin Nikki Haley.
In dem Video knüpft der Präsident an die Botschaft seiner ersten Kampagne an. Im Zentrum steht der "Kampf für die Demokratie". Doch deutlicher als vor vier Jahren, als Biden stark den Willen zur Versöhnung betonte, benennt er nun seine Gegner: Überall im Land arbeiteten "MAGA-Extremisten" daran, die Grundpfeiler der US-Gesellschaftsordnung zu zerstören. "MAGA" - das steht für "Make America Great Again", den Wahlslogan von Donald Trump.
Joe Biden hat gezeigt, dass er Donald Trump schlagen kann
Ein wichtiges parteiinternes Argument für eine Biden-Kandidatur ist, dass Biden schon einmal Trump geschlagen hat und laut Umfragen dies auch ein zweites Mal schaffen könnte. Doch offensichtlich nimmt seine Kampagne auch den republikanischen Alternativkandidaten ins Visier und versucht die These zu widerlegen, dass dieser "vernünftiger" sei. Bidens explizite Kritik an Kürzungen der Sozialleistungen, Abtreibungsverboten, Buchzensur und Diskriminierung der LGBTQ-Gemeinschaft trifft DeSantis mindestens so stark wie Donald Trump.
In seiner ersten Kampagnenbotschaft schlägt Biden einen betont positiven und optimistischen Ton an. Die Amerikaner seien "gute und anständige Menschen", sagt er und appelliert an Ehre, Respekt und Würde. Der Hass dürfe in den USA kein Zuhause haben, fordert er. Das kontrastiert extrem mit der Botschaft der Republikaner und deren Favoriten Trump. Die Partei veröffentlichte als Antwort auf Bidens Kandidatur ein mithilfe von Künstlicher Intelligenz erstelltes dystopisches Weltuntergangsvideo. "Wir sind eine Müllhalde", erklärte Trump selbst in einer schriftlichen Erklärung: "Unsere Städte sind von Obdachlosen, Drogenabhängigen und gewalttätigen Kriminellen überrannt worden."
Trotzdem liegen auch ein Schatten über Bidens Bewerbung. In den ersten Stunden nach der Ankündigung gab es wenig euphorische Reaktionen im Netz. Das spiegelt das Ergebnis einer aktuellen Umfrage des Senders CBS. "Soll Biden noch einmal antreten?", wurden da in der vergangenen Woche 2000 potenzielle Demokraten-Wähler gefragt. 55 Prozent antworteten mit "Ja", doch 45 Prozent mit "Nein". Die Befürworter argumentierten vor allem mit Bidens Errungenschaften als Präsident und seiner Fähigkeit, Trump zu schlagen. Die Gegner begründeten ihre Skepsis zu 86 Prozent mit seinem Alter.
Tatsächlich ist Joe Biden schon jetzt der älteste Präsident in der US-amerikanischen Geschichte. Bei einer erneuten Amtseinführung wäre er bereits 82 Jahre alt, an dessen Ende 86. Nur 22 Prozent der Befragten erklärten, sie fänden die Aussicht auf einen zweiten Biden-Wahlkampf "aufregend". Andere Umfragen aber lassen vermuten, dass die amerikanischen Wähler bei einem erneuten Duell von Biden und Trump dann doch mehrheitlich - wenn auch zähneknirschend - für den Amtsinhaber stimmen werden.