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USA: Biden erwägt präventive Begnadigungen als Schutzmaßnahme gegen Trumps Drohungen

USA

Biden erwägt präventive Begnadigungen als Schutzmaßnahme gegen Trumps Drohungen

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    US-Präsident Joe Biden während einer Zeremonie zur Beleuchtung des Nationalen Weihnachtsbaums auf der Ellipse in der Nähe des Weißen Hauses in Washington.
    US-Präsident Joe Biden während einer Zeremonie zur Beleuchtung des Nationalen Weihnachtsbaums auf der Ellipse in der Nähe des Weißen Hauses in Washington. Foto: Jacquelyn Martin, AP/dpa

    Alexander Vindman bereitete sich mit seiner Familie gerade auf das Thanksgiving-Fest vor, als ihn in der vergangenen Woche der Bannstrahl traf: „Vindman steht auf der Gehaltsliste ukrainischer Oligarchen und hat Verrat an den Vereinigten Staaten begangen“, behauptete der Milliardär und enge Vertrauter des designierten US-Präsidenten Donald Trump Elon Musk auf seiner Plattform X wahrheitswidrig und drohte, der frühere Osteuropa-Experte im Nationalen Sicherheitsrat werde „die angemessene Strafe zahlen“.

    Der 49-jährige Vindman, der 2019 mit einem internen Bericht über das brisante Erpressungs-Telefonat von Trump mit dessen ukrainischem Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj das erste Amtsenthebungsverfahren gegen Trump ins Rollen brachte, ist heftige Anfeindungen gewohnt. „Mobbing“ und „Vergeltungsmaßnahmen“ brachten den Oberstleutnant nach dessen Angaben dazu, seine Uniform an den Nagel zu hängen. Doch verbiegen lassen will er sich nicht. „Sie versuchen, ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen“, antwortete er Musk auf X: „Ich lasse mich nicht einschüchtern.“

    Sonderermittler angeblich ganz oben auf Trumps „Feindesliste“

    Zu einer solchen Replik gehört seit dem Wahlsieg von Donald Trump sehr viel Mut. Offen hat der neue Präsident den „Feinden im Inneren“ nämlich gedroht, sie nach seinem Amtsantritt zu verfolgen, einzusperren oder gar exekutieren zu lassen. Mehr als 100 solcher Drohungen hat der Sender NPR gezählt. In amerikanischen Medien ist von einer regelrechten „Feindesliste“ mit Personen die Rede, an denen sich Trump rächen will. Ganz oben sollen darauf neben Vindman der Sonderermittler Jack Smith, die ehemalige republikanische Abgeordnete Liz Cheney, Ex-Generalstabschef Mark Milley und der Immunologe Anthony Fauci stehen.

    „Vergeltung braucht Zeit“, hat Trump im Juli in einer Fernseh-Talkshow gesagt und hinzugefügt: „Manchmal kann Vergeltung gerechtfertigt sein.“ Auf seiner Plattform Truth forderte er, Präsident Joe Biden müsse wegen Verrats festgenommen, dessen Vize Kamala Harris wegen Beihilfe zum Mord angeklagt und Hillary Clinton ins Gefängnis geworfen werden. Ex-Generalstabschef Milley, der seinen chinesischen Amtskollegen 2020 heimlich informierte, dass trotz Trumps wilder Rundumschläge kein amerikanischer Angriff drohe, solle „exekutiert“ werden, hat Trump gefordert. Im Juli verlangte er ein vom Fernsehen übertragenes Militärtribunal gegen Cheney, die den Untersuchungsausschuss zum Kapitolsturm geleitet hatte: „Sie hat sich des Verrats schuldig gemacht.“

    Soll Biden „Trumpf-Feinde“ präventiv begnadigen?

    Zwar gilt eine maßlose Rhetorik als Markenzeichen Trumps. Doch angesichts der extremen Radikalisierung bei den Republikanern nimmt das Weiße Haus nach Berichten mehrerer US-Medien die Drohungen sehr ernst. Hochrangige Berater des Präsidenten, schreibt die Politikseite Politico, seien „ernsthaft besorgt“ und debattierten heftig, ob Biden vor seinem Ausscheiden aus dem Amt am 19. Januar eine Reihe aktiver und ehemaliger Politiker und Behördenmitarbeiter präventiv begnadigen soll. Biden hatte bereits seinen Sohn Hunter begnadigt, gegen den tatsächlich zwei Strafverfahren laufen. Ein Blanko-Schutzschild gegen rechtliche Verfolgung für eine größere Gruppe von Personen, die gegen kein Gesetz verstoßen hat, wäre ein Novum.

    Befeuert wird die Sorge vor Trumps Vergeltung durch die Nominierung des Verschwörungsideologen Kash Patel als Chef der Polizeibehörde FBI. Patel hat Trump-Kritiker in der Verwaltung und in den Medien gedroht: „Wir werden Euch verfolgen.“ In seinem Buch „Government Gangsters“ von 2023 ruft der künftige FBI-Boss, der Parolen der rechtsextremen und antisemitischen QAnon-Bewegung verbreitet, zum Kampf gegen den sogenannten „Tiefen Staat“ auf.

    Patel hat eine Liste mit 60 Namen erstellt, auf der unter anderem Biden, seine Stellvertreterin Harris, Justizminister Merrick Garland, Verteidigungsminister Lloyd Austin, Sicherheitsberater Jake Sullivan, FBI-Chef Chris Wray samt dessen Vorgängern James Comey und Robert Mueller sowie Trumps ehemaliger Justizminister Bill Barr, sein früherer Sicherheitsberater John Bolton und seine einstige Pressesprecherin Stephanie Grisham stehen. Alle diese Personen haben es irgendwann gewagt, Trump zu widersprechen.

    Weißes Haus äußert sich bislang nicht

    Offiziell äußert sich das Weiße Haus zu den Vorab-Begnadigungen nicht. Sie sind politisch durchaus heikel, da Trump sie als indirektes Schuldeingeständnis ausschlachten könnte. Einer der möglichen Begünstigten, der demokratische Ex-Abgeordnete Adam Schiff, der das erste Impeachment-Verfahren gegen Trump geleitet hatte, sprach sich deshalb gegen das Vorhaben aus: „Das wirkt defensiv und ist unnötig.“

    Doch nicht alle „Feinde“ von Trump sind so prominent wie Schiff, der bei der Wahl einen Sitz im US-Senat gewonnen hat. Selbst wenn sie am Ende eines langwierigen Verfahrens freigesprochen würden, könnten sie durch die astronomischen Anwaltskosten ruiniert werden. Prominente Demokraten wie Ed Markey, der Senator von Massachusetts, drängen Präsident Biden deshalb zum Handeln: „Wenn am 19. Januar klar ist, dass Trumps Intention die Vergeltung ist, dann würde ich Präsident Biden empfehlen, diese präventiven Begnadigungen auszusprechen.“

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