Als Eigentümer einer Baumaschinenfirma hat Neil Hise schon einiges von der Welt gesehen. In 30 Ländern von Europa bis Asien hat der 78-Jährige Geschäfte gemacht. Aber auf einem Parteitag war er noch nie. In diesem Jahr haben ihn die Republikaner im Bundesstaat New Mexico als Ersatzdelegierten nominiert. „Ich bin sehr aufgeregt wegen Präsident Trump“, gesteht der freundliche Mann mit Cowboyhut und einem Hemd, auf dem die amerikanische Flagge aufgedruckt ist.
Aufgeregt wegen Trump – so geht es vielen hier im Fiserv Forum in Milwaukee, wo 18.000 Zuschauer sonst große Sport- oder Musik-Events verfolgen. Nun halten hier die Republikaner ihre Convention ab, auf der Trump offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt werden soll. Und wo der 78-Jährige auftritt, herrscht an der Basis schon in normalen Zeiten große Euphorie. Nun aber wird er sich erstmals nach dem versuchten Attentat vom Samstag in der Öffentlichkeit zeigen, bei dem eine Kugel sein Ohr statt seinen Kopf traf. Wie geht es ihm? Und hat er eine neue Botschaft? Das wollen viele Amerikaner wissen.
Das sagen Republikaner zum Anschlag auf Donald Trump
Doch eine endgültige Antwort darauf bekommen sie an diesem Montag noch nicht. Der erste Tag der Convention ist zunächst einmal vollgepackt mit Formalien und Reden eher zweitrangiger Akteure. Irgendwann kommt das Gerücht auf, Trump werde überraschend am Nachmittag auftreten. Stattdessen verkündet er nach einer wochenlangen öffentlichen Polit-Casting-Show auf seinem Propagandakanal Truth den Namen seines Wunsch-Stellvertreters. Spannung muss sein, das weiß der frühere Reality-TV-Star. Bis kurz nach 21 Uhr hält er das Publikum hin. Dann plötzlich steht er tatsächlich auf der Bühne. Doch davon später.
Zunächst macht sich Neil Hise noch Gedanken über die vergangenen Tage. Ein „trauriger Tag für Amerika und die Welt“ sei der Tag des Anschlags gewesen, findet er. Der Unternehmer redet ruhig. Er wirkt nicht wie einer jener Hitzköpfe, die nun nach Vergeltung rufen. „Das Land ist gespalten und aufgehetzt“, bedauert er. Eine solche Atmosphäre habe er zuletzt als junger Mann 1968 erlebt: „Da gab es Straßenschlachten.“
Doch die Schuld daran gibt Hise nicht etwa Donald Trump. Der sei im Grunde immer moderat gewesen. Zwar will der Unternehmer nicht behaupten, dass die Demokraten die Fäden direkt für den Anschlag gezogen haben. Aber klar ist für ihn zweierlei: „Die Linken klammern sich mit allen Mitteln an die Macht.“ Und: Der 20-jährige Attentäter „ist offenbar von irgendjemand indoktriniert worden“.
Wer sich länger mit Republikanern unterhält, erlebt dieses Phänomen häufiger: Plötzlich wird Rot zu Schwarz und Schwarz zu Rot. Hise misstraut der Regierung, und er glaubt, dass die Medien die Wahrheit verdrehen. Er findet es gut, dass Trump neuerdings den Kampf für die „Einheit“ des Landes als wichtiges Ziel ausgegeben hat. Aber die Bringschuld sieht er eindeutig bei den anderen, den Linken und den Demokraten.
Das ist Donald Trumps Running Mate J.D. Vance
Das beurteilen Kritiker des Ex-Präsidenten anders, die diesem vorwerfen, mit seinen Pöbeleien, Verleumdungen und Lügen maßgeblich zur Vergiftung des politischen Klimas beigetragen zu haben. Und die Talkshowgäste im Fernsehen diskutieren: Meint dieser Mann es ernst, wenn er nun plötzlich von „unity“ spricht? Hat ihn die Nahtod-Erfahrung vielleicht verändert?
Der erste Tag der Convention liefert ein paar Hinweise – und die deuten in die andere Richtung. Da ist zunächst die Wahl seines „Running Mate“, also des Kandidaten für das Vizepräsidentenamt. Diesen Posten will Trump dem Senator J.D. Vance übertragen. Außerhalb der USA dürfte der 39-Jährige vielen vor allem wegen seines Bestsellers „Hillbilly-Elegie“ ein Begriff sein, in dem der Sohn einer prekären Familie in Ohio 2016 aus eigener Anschauung die Gründe für den Erfolg von Trump im Rostgürtel der USA erläuterte. Damals nannte Vance den Präsidentschaftskandidaten ein „zynisches Arschloch“, das „Amerikas Hitler“ werden könnte. Illusionslos verglich er Trump mit einem Drogenhändler: „Seine Versprechen wirken wie die Nadel in Amerikas kollektiven Venen.“
Doch das ist acht Jahre her. Der J.D. Vance, der am Montag die Parteitagsarena in Milwaukee betritt, wirkt wie ein komplett anderer Mensch. Dass er inzwischen einen Bart trägt, ist die allerkleinste Veränderung. In den vergangenen Jahren hat sich der einstige Absolvent der Elite-Universität Yale, der in San Francisco als Hedgefonds-Manager vom gnadenlosen Kritiker zum glühendsten Apostel Trumps gewandelt. Er wetterte gegen die Unterstützung der Ukraine und die Eliten im Land, freundete sich eng mit Trumps ältestem Sohn Don Jr. an, gewann 2022 einen Senatssitz und ist seither einer der wohl eloquentesten und gefährlichsten rechtspopulistischen Provokateure der USA.
Am Samstag, kurz nach den ersten Meldungen über die Schießerei und bevor irgendetwas über den Täter bekannt war, setzte Vance mehrere Posts bei X (ehemals Twitter) ab. In denen erklärte er, „die hetzerische Rhetorik“ der Biden-Kampagne habe „direkt zu dem versuchten Anschlag auf Präsident Trump geführt“. So unverfroren instrumentalisierten nur wenige Republikaner aus dem Washingtoner Establishment die Bluttat, bei der Trump leicht am rechten Ohr verletzt wurde.
„Make America Great Again“ wird zum Regierungsprogramm der US-Republikaner
Dass Trump – trotz seiner starken Abneigung gegen Bärte - zwei Tage nach dem Vorfall ausgerechnet Vance ins nationale Rampenlicht rückt, kann wohl kaum als Beleg für die These einer Wandlung des Ex-Präsidenten vom Spalter zum Versöhner gewertet werden. Dies gilt umso mehr, wenn man Vance mit dem letzten republikanischen Vizepräsidenten vergleicht. Der ansonsten stets loyale Mike Pence hatte sich im Januar 2021 dem Ansinnen Trumps widersetzt, die Wahl von Joe Biden nicht zu zertifizieren. Vance hingegen hat versichert, in der gleichen Situation würde er das Wahlergebnis verwerfen.
Loyalität ist die wichtigste Tugend für Trump. Die „Einheit“, die er nun in seiner eigenen Partei preist, gleicht eher eine Friedhofsruhe. Das Parteitagsprozedere sieht vor, dass die Vertreter der 50 Bundestaaten am ersten Tag nacheinander vortragen, für wen ihre Delegierten stimmen werden. Fünfzigmal lautet die Antwort „Donald J. Trump“. Und jedes Mal braust begeisterter Beifall und Jubel auf. Bei der offiziellen Wahl am Donnerstag wird Trump alle 2387 Delegiertenstimmen erhalten.
Die Republikaner mutieren auf dieser Convention endgültig zur Trump-Partei. Nicht zufällig trägt das schmale Regierungsprogram den Titel „Make America Great Again!“. Die Präambel ist mit „America First“ überschrieben. Beides sind politische Slogans des Ex-Präsidenten. Seine einzige ernsthafte Gegenspielerin bei den Vorwahlen, Nikki Haley, hat ohne irgendwelche inhaltlichen Zugeständnisse ihre Delegiertenstimmen an Trump weitergeleitet. Ex-Vize Pence, der Trump nicht unterstützen will, wurde kurzerhand nicht zum Parteitag eingeladen.
Am krassesten wird die Wandlung der einstigen „Grand Old Party“ deutlich, als Mitch McConnell am Montagnachmittag für seinen Bundesstaat Kentucky das Stimmergebnis melden will. Der 82-Jährige ist Minderheitsführer der Republikaner im Senat, dem er seit 1985 angehört. Die Beschreibung als „graue Eminenz“ für den ebenso machtbewussten wie eiskalten Parteistrategen ist eine Untertreibung. Er war es letztlich, der Trump ins Amt gebracht hat und die rechte Mehrheit am Supreme Court sicherstellte. Doch längst hat er sich mit Trump überworfen, der seine Ehefrau rassistisch beleidigte, und mit J.D. Vance ist McConnell wegen der Ukraine-Hilfen überkreuz.
Dann erscheint Donald Trump beim Parteitag in Milwaukee
McConnell ist das, was von den klassischen Republikanern noch übriggeblieben ist. Nicht nur körperlich wirkt er wie ein Schatten seiner selbst. Als er ans Mikrofon tritt, hallen laute Buhrufe durch den Saal. So massiv sind die johlenden Missfallenskundgebungen, dass man den hageren Mann kaum verstehen kann. Dabei will er nur 46 Stimmen für Trump ansagen. Es ist eine Demütigung, wie sie größer nicht sein könnte.
Als stummer Gast erscheint der wahre Herrscher der Republikaner schließlich um kurz nach 21 Uhr in der Arena. Bevor ihn die Delegierten erspähen können, zeigt die große Videoleinwand an der Decke das Gesicht des 78-Jährigen. Sofort braust lauter Jubel auf. Trump trägt einen weißen Verband um das rechte Ohr. Mehrmals reckt er die rechte Faust in die Höhe. Auf der Bühne begrüßt er seine engsten Verbündeten und Familienangehörigen. Nur Ehefrau Melania fehlt. Die Delegierten feiern ihn, als sei er von den Toten auferstanden.
Tatsächlich wirkt der Ex-Präsident irgendwie mitgenommen. Sein Gesicht ist blasser als sonst, den Kopf neigt er zur rechten Seite. Er lächelt viel, aber manchmal ein bisschen gequält. Das Wort ergreift er nicht.
Neil Hise, der Ersatzdelegierte aus New Mexico, ist trotzdem zufrieden: „Ich bin verdammt glücklich, dass der Schütze nicht getroffen hat.“ Der Geschäftsmann ist fest überzeugt: „Wir befinden uns in einem Kampf des Guten gegen das Böse.“ Er hat keine Zweifel, auf welcher Seite Trump steht: „Er ist ein Mann Gottes.“ Das sagt er so selbstverständlich, als müsste es jeder wissen
Wenn der "alte Mann" Joe Biden, nach diesem Attentat auf seinen Gegner Donald Trump, noch immer "nicht" verstanden hat, den Rückzug anzutreten, dann haben die Demokraten, bevor der Wahl-Termin überhaupt ansteht, bereits verloren, Ja! Joe Biden hat zumindest für "mich" NULL-Chancen, gegen Donald Trump ein zweitesmal zu gewinnen, Nein!
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