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US-Wahlkampf: Die USA vor dem Sturm: Drohen Unruhen nach der Wahl?

US-Wahlkampf

Die USA vor dem Sturm: Drohen Unruhen nach der Wahl?

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    Republikaner zahlreiche Klagen gegen vermeintliche Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahl ein. Zugleich drohen Stimmzettel bei der finanziell ausgehöhlten Post hängenzubleiben.
    Republikaner zahlreiche Klagen gegen vermeintliche Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahl ein. Zugleich drohen Stimmzettel bei der finanziell ausgehöhlten Post hängenzubleiben. Foto: Jacquelyn Martin, dpa

    "Wir haben geöffnet", verkündet der Inhaber eines Spirituosenladens im National Press Buildung trotzig auf dem Bretterverschlag vor seinem Schaufenster. Wer will, kann nebenan beim verrammelten Billigkaufhaus Marschalls durch eine hölzerne Schutztür treten und noch schnell ein paar Klamotten kaufen.

    Ein paar Schritte weiter verschwindet die Salatbar Chopt gerade hinter einer Holzverschalung. Es herrscht eine gespenstische Stimmung in der Innenstadt von Washington. Fast alle Läden, Hotels und Behörden sind verbarrikadiert. Auf den Straßen rund um das Weiße Haus herrscht Parkverbot, und Hinweisschilder erklären, dass das Mitführen von Schusswaffen ausdrücklich verboten ist.

    "Wir rechnen mit Unruhen, ganz gleich, wer gewinnt"

    Die amerikanische Hauptstadt richtet sich auf stürmische Zeiten ein. "Wir rechnen mit Unruhen, ganz gleich, wer gewinnt", hat Polizeipräsident Peter Newsham gesagt. Er sprach nicht etwa über ein großes Sportereignis, sondern über die Präsidentschaftswahlen. Schon vor Wochen hat Donald Trump angedeutet, dass er bei einer Niederlage das Amt nicht so einfach räumen würde. Seither hat sich die Stimmung weiter aufgeheizt, und vergangenen Tage nähren ernsthafte Zweifel an einem ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl.

    Das Wochenende warf ein Schlaglicht auf die Gefahren: Während Trump düster von "schlimmen Dingen" und "etwas Gefährlichem" redete, das nach der Wahl am Dienstag passieren konnte, wurde in Texas ein Bus der Biden-Kampagne auf der Autobahn von bewaffneten Trump-Unterstützern in Pick-Ups eingekreist und ein Begleitfahrzeug mit einer Kollision von der Spur gedrängt.

    Überall im Land reichen Republikaner Klagen gegen vermeintliche Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahl ein. Zugleich drohen zahlreiche Stimmzettel bei der finanziell ausgehöhlten Post hängenzubleiben.

    Mehr als sieben Millionen Briefstimmen in den wichtigsten Battleground-States haben ihr Ziel noch nicht erreicht

    Mehr als 91 Millionen Amerikaner haben bereits von der Möglichkeit des "Early Voting" Gebrauch gemacht und ihr Kreuzchen gemacht. Das sind zwei Drittel aller Stimmen, die einschließlich des Wahltages 2016 abgegeben wurden. Der Rekordwert speist Hoffnungen der Demokraten auf einen Sieg, birgt aber zugleich erhebliche Risiken. Nur der kleinere Teil der Stimmen wird nämlich persönlich abgegeben. Der weitaus größte Teil geht per Brief auf die Reise.

    Schon in normalen Zeiten ist die unterfinanzierte US-Post notorisch unzuverlässig. Angesichts der aktuellen Herausforderung haben sich nach einem Bericht des Wall Street Journalihre Laufzeiten weiter verschlechtert. Im Großraum Philadelphia und Detroit erreichen weniger als die Hälfte der Sendungen pünktlich ihr Ziel, innerhalb von Arizona sind Briefe im Schnitt 7,3 Tage unterwegs.

    Angesichts dieser Zeiträume klingt es alarmierend, dass nach Recherchen der Zeitung mehr als sieben Millionen Briefstimmen in den wichtigsten Battleground-States ihr Ziel noch nicht erreicht haben. Alleine in Michigan, das Trump 2016 mit einem Vorsprung von nur 10.700 Stimmen gewann, fehlen noch 700.000 Briefwahlscheine. In Florida sind es 1,6 Millionen.

    Damit erhält die Frage, wie lange nach Schließung der Wahllokale eintrudelnde Briefstimmen mit dem Poststempel des Wahltags noch gewertet werden, eine zentrale Bedeutung. In Pennsylvania hat der Supreme Court eine Frist von 3 Tagen gebilligt, in North Carolina gar neun Tage.

    US-Präsident Donald Trump wird nicht müde, vor einer angeblichen Gefahr der Briefwahl zu warnen. Eine Frau macht lieber noch einen Selfie-Beweis, bevor sie ihren Stimmzettel in Salt Lake City in eine Sammelbox wirft.
    US-Präsident Donald Trump wird nicht müde, vor einer angeblichen Gefahr der Briefwahl zu warnen. Eine Frau macht lieber noch einen Selfie-Beweis, bevor sie ihren Stimmzettel in Salt Lake City in eine Sammelbox wirft. Foto: Rick Bowmer, dpa

    Trump behauptet seit Monaten ohne Belege, dass es bei der Briefwahl massenhaften Betrug gibt

    In Michigan aber wurde eine Fristverlängerung abgelehnt. In Minneapolis und Pennsylvania werden die Briefwahlstimmen vorsichtshalber separat gelagert. In Nevada fordern die Reublikaner bei Gericht die Überprüfung aller Unterschriften. Auch anderswo haben sie Klagen eingereicht. Schon am Montag wird ein Bundesrichter in Texas entscheiden, ob fast 127.000 Stimmen, die an einem Wahlschalter für Autofahrer abgegeben wurden, annulliert werden.

    Trump behauptet seit Monaten ohne Belege, dass es bei der Briefwahl massenhaften Betrug gibt. Neuerdings erklärt er, er werde nur ein Ergebnis akzeptieren, das am Dienstagabend  eindeutig vorliege. Dann dürften aber wichtige Swingstates wie Pennsylvania und Michigan noch gar nicht ausgezählt sein. In diesem Fall, so der Präsident, werde es ein "chaotisches Durcheinander" geben.

    Das kann man als Hinweis auf die juristischen Auseinandersetzungen oder auch als Drohung verstehen. "Proud Boys – tretet ab und steht bereit!", hatte Trump  vor wenigen Wochen eine rechte Miliz aufgefordert. Die Supermarktkette Walmart erklärte am Wochenende, dass sie bis auf weiteres alle Schusswaffen und Munition aus den Regalen ihrer Filialen nimmt. Dies sei, versicherte die Firmenleitung, eine reine Vorsichtsmaßnahme.

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