Am 20. Januar 2017 ist "Doomsday". Um 12 Uhr mittags tritt Donald Trump vor die Mikrofone und setzt an zu dem Satz: "I, Donald Trump, do solemnly swear..." Wenig später marschieren auf Befehl des neuen US-Präsidenten Trump Truppen in fremde Länder ein, Bauarbeiter errichten eine Mauer zu Mexiko auf 1500 Meilen Länge und die USA befinden sich im Handelskrieg mit China.
So könnte es kommen. Sehr wahrscheinlich ist dieses Szenario aber nicht.
Einerseits hat der Präsident "beachtliche Handlungsspielräume", sagt der Nordamerika-Experte Rainer-Olaf Schultze aus Augsburg. Er kann zum Beispiel Truppen in fremde Länder schicken - erst 60 Tage später müsse der Kongress der Intervention zustimmen.
Kongress kann sich gegen Trump stellen
Andererseits ist Schultze sicher: Setzt Trump seinen harten politischen Kurs fort, sei er im Amt des Präsidenten "stark in seiner Handlungsfähigkeit eingeschränkt". Denn der Kongress kann sich bei wichtigen Entscheidungen gegen Trump stellen, selbst wenn seine eigene Partei dort die Mehrheit stellt. Anders als in Deutschland sei die Fraktionsdisziplin ("Parteienzwang") in den USA sehr viel weniger stark ausgeprägt. Die Abgeordneten entscheiden stärker danach, was die Wählerschaft in ihrem Einzelstaat bewegt.
Für einen Abgeordneten aus einem Nordstaat kann der Mauerbau an Mexikos Grenze beispielsweise vollkommen uninteressant sein. Die Mehrheiten für unpopuläre Entscheidungen wird Trump deswegen nur schwer finden, sagt Schultze.
Unmöglich ist das aber nicht. Unberechenbar sei nämlich, wie stark die momentane Grundstimmung in den USA das Wahlverhalten beeinflusse. Es kommt immer wieder zu Unruhen mit der Polizei (zuletzt in Charlotte ), außerdem erschüttern Terrorakte das Land. Wünschen sich die Amerikaner einen "starken Mann" wie Trump? Einen, der durchgreift?
Trump steht vor einem Dilemma
Was weiterhin gegen Trump spricht: Trumps politische Ziele stehen teils mit dem Gesetz in Konflikt. Trump will Millionen illegale Einwanderer des Landes verweisen. Laut Schultze juristisch undenkbar.
Auch Trump muss sich dessen bewusst sein. Schultze erwartet deshalb, dass sich der Republikaner in den sieben Wochen vor der Wahl auf einen Kurs festlegt. Trump stehe vor einem Dilemma: Entweder hält er seine Anhängerschaft oder er versuche, eine breitere Öffentlichkeit für sich zu gewinnen.
"Sein populistisches Auftreten muss sich mäßigen, weil er sonst nicht Präsident wird", ist Schultze überzeugt. Dazu müssten sich Rhetorik, Ton und Inhalte ändern. Vor allem bei vielen Latinos, Schwarzen und Frauen ist Trump unbeliebt.
Und auch in einigen wenigen Bundesstaaten ist noch unklar, ob die Bürger Hillary Clinton oder Trump bevorzugen. Während sich in mehr als 40 Bundesstaaten eine Tendenz für einen der beiden Kandidaten abzeichnet, ist in Ohio, Florida oder Illinois unklar, für wen sich die Wähler entscheiden werden. Auch dort müsse Trump noch punkten, wenn er Präsident werden will.
Etwas Zeit um Umschwenken bleibt ihm dafür noch, sagt Schultze. Ein geeigneter Zeitpunkt: das erste TV-Duell am Montag. axhe
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